Im Extremfall 1.000 Euro!
Gas-Kunden müssen für neue Umlage blechen - was jetzt auf Sie zukommen könnte
Wer mit Gas heizt, sollte sich für den Winter wohl im wahrsten Sinne warm anziehen: Gas-Kunden müssen trotz laufender Verträge vor dem Winter mit zusätzlichen Kosten rechnen. Vierstellig könnte es im Extremfall sogar werden. Der Grund: Ab Oktober tritt eine Umlage zur Entlastung der Gas-Importeure in Kraft.
Deutsche Gas-Importeure sollen so vor der Insolvenz geschützt werden: Über eine Umlage, die alle Kunden zahlen, egal bei welchem Anbieter sie sind. Die Unternehmen sollen ab dem 1. Oktober 90 Prozent ihrer höheren Kosten weitergeben. Was müssen Sie jetzt wissen? Wir klären die wichtigsten Fragen.
VIDEO-TIPP: Wir rechnen mit Familie Gründler durch: Wie teuer wird die Gas-Umlage für sie?
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Gas-Kunden werden deutlich mehr zahlen müssen

Was kommt auf die Verbraucher zu?
Die Umlage trifft Haushalts- oder Industrie-Kunden mit eigentlich langlaufenden Verträgen und könnte einen 4-köpfigen Haushalt - im Extremfall - mit fast 1.000 Euro im Jahr zusätzlich belasten. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte in der letzten Woche als Schätzung eine Summe von 300 Euro genannt. Wirtschaftsminister Robert Habeck spricht nun von voraussichtlich mehreren hundert Euro. "Wir rechnen damit, dass es zwischen 1,5 und fünf Cent pro Kilowattstunde sein wird", sagt der Grünen-Politiker. Wenn der durchschnittliche Verbrauch bei 20.000 Kilowattstunden Gas pro Jahr liege, sei man demnach in einem mittleren dreistelligen Euro-Bereich. Man wisse nicht genau, wie hoch die Gas-Beschaffungskosten im November und Dezember seien. "Aber die bittere Nachricht ist: Es sind sicherlich einige hundert Euro pro Haushalt."
Bezahlt werden mit der Umlage die Extra-Kosten der Importeure, die sie für die kurzfristige, teure Ersatz-Beschaffung von russischem Gas aufbringen müssen, das trotz Verträgen nicht geliefert wird. Von diesen Kosten können 90 Prozent weitergegeben werden.
Unabhängig von der Umlage muss ohnehin mit kräftigen Preiserhöhungen gerechnet werden, wenn Verträge auslaufen oder regulär angepasst werden.
„Es wird deutlich teurer, vor allem für die Verbraucher und Verbraucherinnen. Es könnte sich fast verdreifachen für die Menschen, die mit Gas heizen.“, schätzt der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher im RTL-Interview. Aber es werde auch dazu führen, dass Menschen natürlich weniger verbrauchen und vor allem Unternehmen weniger verbrauchen. „Wir müssen einsparen. Gleichzeitig kann so etwas natürlich auch nur Teil eines Pakets sein. Die Politik muss Menschen mit geringem Einkommen entlasten,“ fordert er.
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Ab wann gilt das und wie lange?
Per Ministerverordnung soll dafür der §26 des Energie-Sicherungsgesetz in Kraft treten: Ab Oktober kann dann die Differenz zwischen den laufenden Tarifen und den Extra-Kosten der Importeure festgelegt und auf alle Kunden gleichmäßig verteilt werden, sagten Regierungsvertreter. Stadtwerke etwa können sie dann auch an Haushaltskunden weitergeben. Zunächst wird die Umlage auf Basis einer Annahme der Kosten berechnet und dann jeweils im Nachhinein mit den tatsächlichen Kosten verrechnet.
Erste Zahlen sollen ab August auf der Webseite des Marktgebietsverantwortlichen Trading Hub Europe (THE) bekannt gegeben werden. Zahlungen werden wohl nicht direkt ab Oktober sondern etwas später fällig. Nach aktuellem Stand gilt die Umlage bis Ende März 2024.
Grafik: Der deutsche Gasverbrauch - wer verbraucht wie viel?
Ist es egal, bei welchem Energieanbieter ich bin?
„Die Umlage ist für alle Gas-Lieferanten (gerechnet in Cent pro Kilowattstunde) gleich hoch. Die § 26 EnSiG-Umlage erlaubt damit eine faire Verteilung der Lasten auf viele Schultern“, heißt es in dem Papier, das auch RTL vorliegt. Es ist also demnach egal, ob mein Gas-Anbieter bisher viel Gas aus Russland importiert hat und jetzt teuer woanders kaufen muss oder schon immer andere Gas-Quellen hatte und somit noch günstiger einkaufen konnte.
Kann ich mit Entlastungen durch die Politik rechnen?
Die Politik diskutiert noch, wie Bürger und Bürgerinnen entlastet werden könnten.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sagte am Donnerstag bei einem Besuch der Stadtwerke Bayreuth, es gebe eine „Zone“, die politisch noch nicht „ausgeleuchtet“ sei. Habeck sprach von „Normalverdienenden“, die aber nicht eklatant viel Geld pro Monat verdienten. „Weil ich zu wissen glaube, welche Belastungen da kommen können, bin ich klar auf der Seite, da großzügiger zu sein.“
Finanzminister Christian Lindner hatte einem weiteren Entlastungspaket noch in diesem Jahr eine Absage erteilt. Mehr dazu auch im RTL-Interview im Video. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte im Zuge des Rettungspakets für den Gasversorger Uniper eine große Wohngeldreform für den Beginn des kommenden Jahres angekündigt. Scholz sicherte auch eine Ablösung von Hartz IV durch das neue Bürgergeld im kommenden Jahr zu.
Grafik: So entwickelt sich der Gas-Preis
Besser Geld zurück legen und Gas einsparen
Allen Gas-Kunden empfiehlt sich aber in jedem Fall, einen finanziellen Puffer anzulegen und wo möglich, den Gas-Verbrauch zu senken. Noch weiß niemand im Detail, wie hoch die Belastungen am Ende genau sein werden. (reuters/dpa/eku)
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