Trainerin von Olympia ausgeschlossen

Nach schäbigem Olympia-Drama im Fünfkampf: Regeln am Pranger - Raisner nicht mehr dabei

Moderner Fünfkampf? Morbider Fünfkampf trifft es wohl besser! Das Pferde-Drama um Annika Schleu (siehe Video oben) hat eine Tierwohl-Debatte ausgelöst. Die einen fordern eine Regeländerung - andere geben den Sportlerinnen die Schuld. Und die unter Beschuss stehende Trainerin Kim Raisner wird in Tokio erst mal nicht mehr aufkreuzen. Für ihr Verhalten hat sie der Weltverband von den Olympischen Spielen in Tokio ausgeschlossen. Raisner habe das Pferd von Annika Schleu anscheinend mit der Faust geschlagen, begründete der Weltverband seine Entscheidung.

Pferde früher zulosen?

Nach dem Olympia-Drama um die Moderne Fünfkämpferin Annika Schleu sehen Verbände und Sportler Handlungsbedarf und fordern die Anpassung des Reitreglements. „Entsprechende Änderungen wurden bereits erarbeitet und dem Weltverband (UIPM) vorgeschlagen“, teilte der Deutsche Verband für Modernen Fünfkampf (DVMF) mit. Peking-Olympiasiegerin Lena Schöneborn sieht mögliche Stellschrauben im Regelwerk.

„Eine Möglichkeit wäre es, den Fünfkämpfern bereits einen Tag vorher die Pferde zuzulosen“, sagte Schöneborn in der ARD. Dieser Schritt würde viel verändern. „In dieser Situation waren wir bisher noch nicht, so drastisch ist uns noch nicht vor Augen geführt worden, dass es tatsächlich ein Fehler im Reglement ist.“ Die aktuellen Wettkampfbestimmungen erlauben den Sportlerinnen vor dem Ritt nur 20 Minuten, um sich mit dem zugelosten Pferd vertraut zu machen.

VIDEO: Hier hätte ein Kampfrichter sagen müssen: Halt Stopp!

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Fünfkampf-Trainerin Raisner nicht mehr beim Reiten in Tokio dabei

Der Gewinn der Goldmedaille war für die Fünfkämpferin Annika Schleu aus Berlin am Freitag greifbar nah gewesen, doch das ihr zugeloste Leih-Pferd Saint Boy verweigerte mehrfach. Die 31-Jährige blieb ohne Punkte und kam am Ende auf Rang 31. Kritik gab es anschließend vor allem am Verhalten der Bundestrainerin Kim Raisner. Mit den Worten "Hau drauf, hau mal richtig drauf" hatte Schleu lautstark aufgefordert, das Pferd mit der Gerte zu schlagen und so unter Kontrolle zu bringen. Die Tierschutzorganisation Peta sprach von Tierquälerei und forderte die Suspendierung Raisners. „Ich kann die Sätze nicht nachvollziehen“, sagte Lena Schöneborn der „Bild“. Die emotionale Anspannung sei massiv, aber das sei keine Entschuldigung, so die Fünfkämpferin, die 2008 bei den Sommerspielen in Peking Gold geholt hatte.

Raisner war später im TV in Tränen ausgebrochen. Beim Reiten des Männer-Wettbewerbs am Samstag wird sie erst mal keine offizielle Aufgabe wahrnehmen. Dies teilte DOSB-Präsident Alfons Hörmann bei einer Pressekonferenz in Tokio mit. Raisner werde „weder am Parcours noch am Abreiteplatz eine Funktion“ haben, sagte der Chef des Deutschen Olympischen Sportbunds nach einer Besprechung des Vorfalls mit Schleu, Raisner und Susanne Wiedemann, der Sportdirektorin des Deutschen Verbands für Modernen Fünfkampf. Dies sei die „beste Lösung“, um keine „weiteren Fragezeichen“ rund um die Trainerin aufkommen zu lassen. Es sei eine gemeinsame und einvernehmliche Entscheidung gewesen.

Wenige Stunden später ist auch der Weltverband gegen die Bundestrainerin vorgegangen. Raisner habe das Schleu zugeloste Pferd, das im Parcours verweigerte, anscheinend mit der Faust geschlagen, begründete der Verband den Beschluss.

VIDEO: Schleu hatte keine Chance, meint RTL-.Expertin Birgit von Bentzel

Schormann sieht nur "exzellente Pferde"

Der deutsche Weltverbandspräsident der Modernen Fünfkämpfer, Klaus Schormann, wehrte sich gegen Kritik, dass die Pferde nicht optimal präpariert gewesen seien. „Die Pferde sind absolut exzellent“, meinte der 75-Jährige. Man habe die Pferde getestet. „Es gibt keine Grundlage für die Sportler, sich zu beschweren.“ Es habe nur an ihnen selbst gelegen, wenn sie in einigen Teilen des Wettbewerbs nicht erfolgreich gewesen seien, sagte Schormann.

Der DVMF will sich nun Zeit nehmen, um die Geschehnisse aufzuarbeiten. Allerdings wehrt sich der Spitzenverband entschieden dagegen, dass eine Sportlerin persönlich beschimpft und beleidigt wird. Der Verband wünscht sich „eine konstruktiv-sachliche Debatte rund um den Modernen Fünfkampf“, hieß es in der Mitteilung. (dpa/mli)