"Die leise Epidemie"

"Fleck-xikon" A wie Autoimmunerkrankungen: Doc Fleck weiß, was bei Hashimoto und Rosazea zu tun ist!

Dr. Anne Fleck beantwortet Zuschauerfragen bei RTL Punkt 12.
Dr. Anne Fleck zum Thema Autoimmunerkrankungen
Krzyzanowska, BECKER JOEST VOLKK, Becker Joest Volkk

von Vera Dünnwald

„Sie sind eine leise Epidemie und zählen nach Herzinfarkt, Schlaganfall und Krebs zu den häufigsten Krankheiten der Neuzeit, mit Hunderten von Krankheitsbildern.“ So beschreibt Dr. Anne Fleck, Fachärztin für Innere Medizin und Rheumatologie sowie Bestseller-Autorin, Autoimmunerkrankungen in ihrem Buch „Energy!“. Egal ob Rheuma, Multiple Sklerose, Rosazea, Hashimoto oder andere chronisch-entzündliche Krankheiten – sie alle haben eines gemeinsam: Es ist das eigene Immunsystem, das Betroffene angreift und krank macht. Aber woran liegt das? Und was kann man dagegen tun? Doc Fleck klärt auf.

Dr. Anne Fleck bei RTL.de – alle Doc-Fleck-Themen finden Sie hier auf einen Blick

Was ist eine Autoimmunerkrankung?

Endokrinologe, der die Schilddrüse einer erwachsenen Patientin durch Palpation überprüft.
Zu den Autoimmunerkrankungen gehört beispielsweise Hashimoto-Thyreoiditis, eine autoimmune Schilddrüsenentzündung.
a, Artemenko_Daria

Eine Autoimmunerkrankung zu haben bedeutet: „Sie haben eine Erkrankung, die aus Ihrem eigenen Immunsystem heraus entsteht. Quasi eine Fehlsteuerung des Immunsystems“, erklärt Doc Fleck im RTL-Interview. Und das ist schlecht! Denn unser Immunsystem ist ja eigentlich dafür da, uns vor Erkrankungen zu schützen, indem es körperfremde Partikel – wie zum Beispiel Bakterien, Viren oder Pilze oder Zusatzstoffe aus der Nahrung – erkennt und bekämpft. Bei einer autoimmunen Krankheit ist der gesunde Ablauf der Arbeit der Immunzellen gestört. Diese Störung im Immunsystem führt dazu, dass die Immunzellen nicht mehr korrekt zwischen körpereigenen und körperfremden Strukturen unterscheiden können und somit auch gesunde und körpereigene Strukturen angreifen.

„Unser Immunsystem reagiert quasi über“, so die Medizinerin. Es komme zu einer überschießenden Entzündungsreaktion des Immunsystems, die gesundes körpereigenes Gewebe attackiert. Dabei bildet das körpereigene Immunsystem Antikörper, die sich körpereigenes Gewebe attackieren. „Wenn die körpereigenen Strukturen durch den Prozess der Entzündungsreaktion angegriffen werden, kann das zu Krankheiten wie Hashimoto, Zöliakie, Diabetes-Typ-1, Rosazea und allen entzündlich rheumatischen Erkrankungen sowie zu Multiple Sklerose oder Psoriasis (Schuppenflechte) führen“, so die Medizinerin. Die Fachärztin für Rheumatologie sagt: „Nicht selten treten Autoimmunerkrankungen schubweise auf. Die Symptome liegen also nicht durchgängig vor, sondern schwellen nach einem akuten Schub wieder ab. Wann der nächste Schub folgt, ist unklar. Sicher ist nur, dass die Beschwerden immer wieder auftreten können, wenn man nicht nach Auslösern der Erkrankung forscht und sich in fachärztlich kompetente Betreuung begibt.“

Bleibt die Autoimmunerkrankung unentdeckt oder unbehandelt, kann die Überreaktion dazu führen, dass oft auch befallene Organe (Lunge, Leber, Gefäße) zerstört werden oder etwa eine Erblindung drohen kann. Deswegen ist eine frühe Diagnose und beherztes Handeln immens wichtig.

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Wieso bekommt man eine Autoimmunerkrankung?

Die Ursachen für autoimmune Krankheiten sind bislang Gegenstand der Spekulation. Eine Hypothese lautet: Es sind die Gene. Doc Fleck sagt: „Die Lehre der Epigenetik lehrt uns, wir sind unseren Genen nicht hoffnungslos ausgeliefert. Die Veranlagungen werden weitergegeben, aber es braucht auch eine Zündschnur, damit eine Krankheit, so auch Autoimmunerkrankung ausgelöst wird.“ Äußere Faktoren fördern erfahrungsgemäß den Ausbruch, so zum Beispiel bestimmte chronische Infektionen. Besonders spannend: das Epstein-Barr-Virus, das zu dem Humanen Herpesvirus gehört. „Das ist ein weit verbreitetes Virus, was sich in den letzten 100 Jahren extrem verändert hat. Erste Daten valider Studien belegen, dass das Virus für Multiple Sklerose und Hashimoto wie auch für andere rheumatische Erkrankungen verantwortlich sein kann. Aus der klinischen Erfahrung haben Autoimmunerkrankte oft eine hohe Erregerlast im Bluttest.“

Aber auch Stress, die falsche Ernährung und eine schlechte Darmgesundheit begünstigen das Entstehen von chronisch-entzündlichen Erkrankungen, wie Doc Fleck erzählt. „Der Darm ist das Immunsystem unseres Körpers. Er reagiert stark auf äußere Einflüsse. Nicht erkannte toxische Lasten oder nicht erkannte Störfelder in der Mundhöhle (wie alte Wurzelkanalfüllungen, nicht erkannte Zysten oder Entzündungen unter den Wurzeln) – alles, was das Immunsystem fragwürdig von außen irritiert – kann als Ursache gesehen werden. Die Ursachensuche ist elementar, so hat man aus Sicht der modernen Medizin deutlich bessere Therapiestrategien.“

Behandlung: Ein wichtiges Puzzlestück ist die Ernährung

Eine gesunde Ernährung zur Stärkung der Darmgesundheit ist also das A und O. Denn 70% der Immunzellen wohnen im Darm. Mit innovativen individuell passenden „modernen Lebensstil-Veränderungen“ könne man, so Dr. Anne Fleck die chronischen Krankheiten positiv beeinflussen, Medikamente einsparen und die Krankheit sogar potenziell ausbremsen.

Empfehlungen für Ihren Alltag:

  • Essen Sie viel wasser-, ballaststoffreiche,- nährstoffdichte und anti-entzündlich wirkende Lebensmittel wie Gemüse, Salate, zuckerarmes Obst wie Beeren jeder Art, Äpfel, Birnen, Aprikosen etc.

  • Genießen Sie Kohlenhydrate (Brot, Nudeln, Kartoffeln, Reis) am besten flexibel nach Bewegung, d.h. wenn Sie sich viel bewegen kann mehr auf dem Teller landen. Gute Faustregel: 1-2 Hände pro Mahlzeit.

  • Streichen Sie raffinierte, leere Kohlenhydrate (Weißmehlprodukte, Fertigprodukte) von Ihrem Speiseplan und reduzieren Sie Zucker und Süßigkeiten. Meiden Sie zudem Süßstoffe.

  • In Maßen: fette Meeresfische,- und Meeresfrüchte, Geflügel, Eier, Milch,- und Milchprodukte aus nachhaltiger Produktion nach individueller Verträglichkeit und Vorliebe.

  • Setzen Sie auf hochwertige Fette, vor allem Omega-3-Fettsäuren (z.B. Walnüsse, Pekannüsse, Leinsamen, Hanfsamen, Chiasamen, Algenöle).
  • Genießen Sie Lebensmittel, die Eiweiß und gute Fette liefern wie: Nüsse, Samen, Kerne, Mandeln, Oliven, Avocados und ballastoffreiche Hülsenfrüchte (nach individueller Verträglichkeit) und Pilze.

Omega-3-Fette wirken anti-entzündlich. Doch die Qualität ist entscheidend. Denn Omega-3-Fette sind Mimosen, die unter Einfluss von Licht, Hitze und Sauerstoff Schaden nehmen, erklärt die Medizinerin. Empfehlenswert sind frisch gepresste Omega-3-Öle mit „Omega Safe“-Patent. So weiß man, dass das Öl unter schonenden Bedingungen gepresst wurde und gesundheitlichen Nutzen entfalten kann. Optimal ist deshalb die Versorgung mit Algenölen, das heißt Ölen, denen die DHA und EPA aus Algen zugesetzt werden.

Zudem haben sich diese Dinge bewährt, wie die Ärztin sagt: „Versuchen Sie Ihre Nahrungsfrequenz zu reduzieren. Zu viele Mahlzeiten inklusive zu vieler Snacks sind nicht gut. Über einen bestimmten Zeitraum auf Milch und Gluten zu verzichten, kann Menschen mit Autoimmunerkrankungen – vor allem bei Rosazea – ebenfalls helfen.“

Lese-Tipp: Mit den richtigen Lebensmitteln Entzündungen lindern

Rosazea: So bekommen Sie die Autoimmunerkrankung in den Griff

Eine ältere Frau mit der Hautkrankheit Rosazea.
Auch die Hautkrankheit Rosazea ist eine Autoimmunerkrankung.
Milan Lipowski - www.lipowski.pro, Lipowski

Rosazea macht sich auf der Haut bemerkbar. Die chronische Erkrankung, von der zwei bis fünf Prozent der Menschen in Deutschland betroffen sind, beginnt mit Rötungen unklaren Ursprungs, meist in der Mitte des Gesichts, im Bereich der Stirn, Nase oder unter den Augen, an den Wangen oder am Kinn. Betroffene sind meist irritiert und halten sie für ein Stress- oder Kälte-Symptom – bis erste Pusteln oder Knötchen auftreten. Der Krankheitsverlauf lässt sich in drei Stadien aufteilen, die den Schweregrad der Erkrankung beschreiben und nahtlos ineinander übergehen, sofern keinerlei wirkungsvolle Therapiemaßnahmen eingeleitet werden. Meist sind Frauen ab dem 30. Lebensjahr betroffen.

Hautärzte erkennen eine Rosazea zumeist an den äußerlichen Symptomen. Zusätzlich kann eine Hautprobe genommen und mikroskopisch untersucht werden, um ähnliche Erkrankungen auszuschließen. Sie gilt bisher als nicht vollständig heilbar, lässt sich jedoch mit Medikamenten, der richtigen Pflege und einer gesunden Ernährung meist gut in den Griff bekommen. Vor allem die Erfahrungen der modernen Medizin ermutigen:

„Die ganzheitliche Medizin vermutet, dass die Autoimmunkrankheit Rosazea und eine Schwäche der Darmgesundheit und der Leber miteinander verbunden sind“, so Doc Fleck. Daher sei hier ebenfalls eine anti-entzündliche und darmgesunde Ernährung empfehlenswert: „Essen Sie viele Ballaststoffe, viel Gemüse und Salat! Gerne mittags und nichts abends, da es den Schlaf verschlechtern kann, Kräuter (Petersilie, Basilikum), Gewürze, ausreichend Eiweiße nach individueller Verträglichkeit und gesunde Fette. Nutzen Sie zum Braten nur hitzestabilere Fette wie Ghee, Kokosfett, Olivenöl mit dem Zusatz extra vergine. Rapsöl enthält zwar wenige, aber immerhin 9% der mimosenhaften Omega-3-Fette und sollte aus Sicht der Präventivmedizin für die kalte Küche reserviert sein.“

Auch die Aufnahme von Vitamin B und Bitterstoffen sei essenziell: „Bitterstoffe können in Form eines alkoholfreien Sprays zwischen den Mahlzeiten eingenommen werden oder aber in Form von Gemüse wie Lauch, Rauke oder Löwenzahn – auch als Tee. Die Spray-Bitterstoffe gibt es mittlerweile sogar mit Vitamin-B12-Zusatz, was spielerisch die Aufnahme des wichtigen Vitamins erleichtert. Um einen heilenden Effekt zu erzielen, sollten Bitterstoffe mindestens zwei Mal am Tag zugeführt werden.“ Löwenzahn eigne sich zur stärkeren Entgiftung besonders gut, werde nicht umsonst als „das Ginseng des Westens“ bezeichnet.

Eher vermieden werden sollten folgende Lebensmittel:

  • Alkohol
  • scharfe und/oder stark gewürzte Lebensmittel
  • heiße Getränke

Ebenso schaden können bestimmte Kosmetika, zu viel Stress, Kälte und aber auch zu viel Hitze oder Sonnenlicht.

Lese-Tipp: "Fleck-xikon"- H wie Heilpflanzen: Welches "Unkraut" unseren Körper entgiftet

Beispiel Hashimoto-Thyreoiditis: Wenn die eigene Schilddrüse entzündet ist

Ein klassisches Beispiel einer Autoimmunerkrankung, also einer Krankheit, bei der das eigene Immunsystem sich gegen den eigenen Körper wendet, ist Hashimoto-Thyreoiditis. Sie sind müder, antriebsloser als sonst und haben ein paar Kilos zu viel auf den Hüften, obwohl Sie sich bewegen und auf eine ausgewogene Ernährung achten? Das muss nicht an zu wenig Schlaf oder der falschen Ernährung liegen! Eine Fehlfunktion Ihrer Schilddrüse und eine autoimmune Störung kann der Übeltäter sein. Denn diese ist bei Hashimoto-Patienten autoimmun entzündet.

Weil die eigene Schilddrüse durch die vom Immunsystem gebildeten „Waffen“ in Form von Antikörpern angegriffen wird, kommt es zu schweren Entzündungsreaktionen und langfristigen Schädigungen. Als Resultat werden nicht mehr genügend Schilddrüsenhormone produziert, was Auswirkungen auf den ganzen Körper hat. Denn: die Schilddrüse ist durch die Arbeit ihrer Hormone der Dirigent des gesamten Stoffwechsels.

Warum das Immunsystem so reagiert, ist noch nicht genau geklärt. Auch hier werden als Ursache chronische Infektionen (EBV-Viren) oder Belastungen des Körpers mit Schwermetallen und eine gestörte Darmgesundheit als Trigger diskutiert. Doch schon jetzt zeigt sich: Um die Schilddrüse der Menschen in westlichen Industrienationen und hierzulande scheint es schlecht gestellt zu sein, denn immer mehr Menschen leiden an der Erkrankung. Hashimoto-Thyreoiditis ist die häufigste Autoimmunerkrankung.

Auf diese Symptome sollten Sie daher achten:

  • Nervosität, Reizbarkeit, Niedergeschlagenheit
  • Verstopfung
  • Kälteempfindlichkeit
  • Müdigkeit, Schwächegefühl
  • unklare Gewichtszunahme
  • trockene Haut
  • stumpfes Haar, Haarausfall
  • Zyklusstörungen bei Frauen

Die individuell passende, anti-entzündlich-darmgesunde Ernährung spiele auch hier eine wichtige Rolle, erklärt Doc Fleck. Ergänzend kann es sinnvoll sein, die ärztlich kontrollierte Einnahme von Mikronährstoffen wie Eisen, Selen, Zink, Magnesium und Vitamin D zu sich zu nehmen. Auch hochwertige Omega-3-Fette sollten täglich auf dem Speiseplan stehen. Die meisten Betroffenen profitieren von einem Verzicht auf Gluten, da so die Darmgesundheit regeneriert werden kann.