Wie häufig werden Sexualstraftäter rückfällig?
Sex-Missbrauch in Edenkoben: Vorbestrafter (61) schlägt erneut zu - keine Seltenheit?
von Nina Büchs
Der Fall sorgt über Rheinland-Pfalz hinaus für Entsetzen!
Schon einmal trat er wegen eines Sexualdelikts polizeilich in Erscheinung – nun soll der Mann (61) erneut zugeschlagen haben! Am Montag soll er in Edenkoben bei Neustadt an der Weinstraße eine Schülerin (10) in sein Auto gezerrt und missbraucht haben. Die Gymnasiastin konnte von der Polizei befreit werden. Wie oft kommt es vor, dass Sexualstraftäter rückfällig werden? Wie kann man gefährliche Täter wie ihn vor der Öffentlichkeit schützen? RTL hat mit dem Kriminologen und Psychologen Prof. Dr. Martin Rettenberger, gesprochen.
Edenkoben: Mutmaßlicher Täter soll bereits Sexualstraftaten begangen haben
Bekannt ist über den mutmaßlichen Täter, der die Schülerin in Edenkoben sein Auto gezerrt und missbraucht haben soll, noch nicht sehr viel. Auf Anfrage von RTL teilt die zuständige Staatsanwältin Angelika Möhlig mit, dass er wegen Körperverletzung, Eigentums- und Sexualdelikten bereits polizeilich in Erscheinung getreten ist. Ob oder wie lange er im Gefängnis saß – auch das ist aktuell unklar. Den jüngsten Vorwürfen zufolge ist der 61-Jährige Sexualstraftäter nun aber scheinbar wieder straffällig geworden. Bewiesen ist das noch nicht, jedoch haben Polizeibeamte das zehnjährige Mädchen in seinem Auto gefunden.
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Dass verurteilte Sexualstraftäter wieder ein Sexualdelikt begehen, kommt jedoch eher selten vor. „Sexualstraftäter haben mit die niedrigsten Rückfallraten. Unseren Forschungsergebnissen zufolge werden lediglich etwa drei bis acht Prozent der verurteilte Sexualstraftäter innerhalb von fünf Jahren nach ihrer Haftentlassung wegen eines Sexualdelikts erneut rückfällig“, sagt Martin Rettenberger, Direktor der Kriminologischen Zentralstelle (KrimZ). Zum Vergleich: Bei Straftätern, die wegen Gewaltdelikten also Tötungsdelikten oder etwa schwerer Körperverletzung verurteilt wurden, liegt die Rückfallquote im gleichen Deliktbereich schätzungsweise bei 25 bis 30 Prozent, so Rettenberger.
Mädchen (10) auf Schulweg entführt und missbraucht: Wie oft werden Täter rückfällig?
Wie aber kann man vermeiden, dass Sexualstraftäter überhaupt rückfällig werden? Wie Rettenberger im RTL-Interview sagt, gibt es je nach Schwere der Tat oder Rückfallwahrscheinlichkeit strenge Weisungen und Auflagen der Behörden. Zum Beispiel dürfen sich im Einzelfall manche Sexualstraftäter generell Kindern oder Freibädern und Spielplätzen nicht nähern, um das Rückfallrisiko zu verhindern. Auch werden in vielen Fällen Therapiestunden angeordnet.
Doch auch schon während der Haft wird versucht, das Rückfallrisiko einzudämmen und möglichst konkret einzuschätzen. Es geht dabei vor allem darum, auch dem Auslöser für die Tat auf den Grund zu gehen. „In einigen Fällen waren pädophile Neigungen handlungsweisend. In anderen Fällen werden starke Bedürfnisse nicht erfüllt, die sich der Verurteilte dann auf anderem Wege holt. Beispielsweise missbraucht er ein junges Mädchen, weil sich der Täter einsam fühlt, keine Zuwendung und Nähe in seinem Leben erfahren hat aber einen starken Wunsch danach hat. Dieses Bedürfnis kann er sich leichter durch ihm unterlegene Opfer, zum Beispiel Mädchen oder Kinder, holen“, sagt Rettenberger im Gespräch mit RTL.
Im Video: Ermittler nehmen Kampf gegen Sexualstraftäter auf!
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Sexualstraftäter schlug offenbar erneut zu: Lebenskrise kann Rückfall auslösen
All diese Maßnahmen sollen dazu beitragen, die Gesellschaft vor verurteilten Sexualstraftätern zu schützen. Und das zeigt offenbar Wirkung: Laut Rettenberger ist die Rückfallquote aufgrund dieser Auflagen in den letzten Jahren immer weiter gesunken. Dennoch gibt es Menschen, bei denen all das wenig bringt. Gibt es also manchmal Auslöser, die eine Rückfallgefährdung der Täter möglicherweise erhöhen? „In einigen Fällen haben verurteilte Sexualstraftäter nach ihrer Haftentlassung eine Lebenskrise erlebt. Beispielsweise haben sie plötzlich ihren Job verloren, ihre Freundin hat sich getrennt, ein Sterbefall in der Familie, erhöhte Einsamkeit – all das kann begünstigen, dass die verurteilten Straftäter wieder ein ähnliches Verhalten zeigen oder sogar erneut straffällig werden“, sagt Rettenberger.
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Im Fall des mutmaßlichen sexuellen Missbrauchs in Edenkoben ist zum aktuellen Stand der Ermittlungen noch einiges unklar. Ein Gericht wird klären, ob sich der 61-Jährige tatsächlich erneut wegen eines Sexualdelikts strafbar gemacht hat – und was möglicherweise der Auslöser für die mutmaßliche Entführung und Missbrauch der zehnjährigen Schülerin war.