Urteil in Duisburg: Ex-Vereinschef muss NICHT ins Gefängnis

Sein Verein half Flüchtlingen - er haute 700.000 Euro für Luxus auf den Kopf!

20.07.2023, Nordrhein-Westfalen, Duisburg: Der Angeklagte sitzt im Duisburger Landgericht bei seinem Prozess vor seinen Gerichtsakten. In Duisburg hat ein Strafprozess gegen den früheren Vorstandsvorsitzenden eines Vereins begonnen, der fast 700.000 Euro für private Reisen und Luxusgüter veruntreut haben soll. Foto: David Young/dpa - ACHTUNG: die Person wurde aus rechtlichen Gründen gepixelt +++ dpa-Bildfunk +++
Deniz A. wurde wegen veruntreuter Vereinsgelder vom Landgericht Duisburg verurteilt
dpa, David Young

Sein Verein kümmerte sich um soziale Projekte, doch der Chef ließ es krachen!
Fast 700.000 Euro hat Deniz K. für Reisen, Klamotten und andere schöne Dinge veruntreut. Das Duisburger Landgericht schickt den 41-Jährigen aber nicht wegen gewerbsmäßiger Untreue ins Gefängnis. Er wurde zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt.

A. überwies Vereinsgelder auf sein Privatkonto

20.07.2023, Nordrhein-Westfalen, Duisburg: Der Angeklagte(r) sitzt im Duisburger Landgericht bei seinem Prozess neben seinem Rechtsanwalt Zimmermann. In Duisburg hat ein Strafprozess gegen den früheren Vorstandsvorsitzenden eines Vereins begonnen, der fast 700.000 Euro für private Reisen und Luxusgüter veruntreut haben soll. Foto: David Young/dpa - ACHTUNG: die Person wurde aus rechtlichen Gründen gepixelt +++ dpa-Bildfunk +++
Deniz A. im Duisburger Landgericht neben seinem Rechtsanwalt (l.)
dpa, David Young

Das Duisburger Landgericht verpflichtete ihn zudem, binnen vier Jahren 200.000 Euro Wiedergutmachung zu leisten. Der Angeklagte hatte die Taten gestanden und Reue gezeigt, was die Kammer berücksichtigt habe, sagte ein Gerichtssprecher. Zudem habe er bereits 625.000 Euro an Wiedergutmachung geleistet - zum Teil seien darin auch Steuerschulden enthalten gewesen.

492 Taten hat er über Jahre hinweg begangen, indem er sich aus der Vereinskasse bediente. Er nutzte die Kreditkarte seiner Einrichtung, um Club- und Barbesuche, Flüge oder auch Hotelaufenthalte und Luxusbekleidung zu bezahlen. Er überwies außerdem Vereinsgelder in Höhe von fast 34.000 Euro auf sein privates Konto in Luxemburg. Insgesamt hob A. knapp 45.000 Euro von Geldautomaten ab.

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Stapelweise Akten der Ermittler zeigten, dass der ehemalige Vorstandschef des Duisburger Vereins „Zukunftsorientierte Förderung“ (ZOF) seinen aufwendigen Lebensstil unberechtigt auf Kosten des Vereins finanzierte.

Das meiste ging für Reisen drauf

Zu Beginn des Verfahrens hatte die Staatsanwaltschaft jeden einzelnen Fall aufgelistet. Fast zwei Stunden habe es gedauert, bis sämtliche Punkte verlesen waren, so die „Rheinische Post“. Darunter waren demnach ein Flug nach Los Angeles, Einkaufsbummel in Saint-Tropez, Party in München. 519 Euro bei Dior, 1.968 Euro in Kitzbühel, 560 Euro bei Louis Vuitton, 884 Euro im Hyatt in Düsseldorf. Auffällig auch die Rechnung im angesagten Düsseldorfer Lokal „Reef & Beef“, wo es der Angeklagte einen Tag nach seinem 35. Geburtstag laut „Spiegel“ für 8.479 Euro krachen ließ.

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A picture of the Bellagio Fountain Water Show at night, with the Eiffel Tower of the Paris Las Vegas behind it.
Auch eine Tour nach Las Vegas leistete sich Denis A. vom Geld seines Vereins
picture alliance / Zoonar, Bruno Coelho

Die größten Posten:

  • Reisen: 152.500 Euro

  • Luxusklamotten: 126.500 Euro

  • Wohnungseinrichtung: 50.000 Euro

  • Mietwagen: 29.000 Euro

  • Kunstgegenstände: 26.000 Euro

Die Gaunereien summierten sich auf einen Gesamtbetrag von 688.650 Euro.

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Fahnder prangern "nicht greifbare Verbindung zwischen Politik, Verwaltung und Verein" an

Das Geld nahm A. aus der Kasse eines Vereins, der Sozialprojekte betreute und Hilfen für Zugewanderte und Familien leistete. Die Organisation habe eng mit dem Land Nordrhein-Westfalen zusammengearbeitet, berichtet der „Spiegel“.

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Das Magazin berichtet auch von Vorwürfen der Staatsanwaltschaft an die Oberfinanzdirektion (OFD) Duisburg. Die OFD habe die Ermittlungen von Steuerfahndern blockiert, offenbar um Denis A. zu schützen, heißt es in dem „Spiegel“-Bericht.

Die Steuerfahndung habe der Staatsanwaltschaft mitgeteilt, die habe „den Eindruck, dass eine bislang nicht greifbare Verbindung zwischen Politik, Verwaltung und der praktizierten Flüchtlingshilfe durch den ZOF e.V. existiert.“

„Duisburger Junge mit türkischen Wurzeln“ heiratete GNTM-Kandidatin

Das Magazin beschreibt den Werdegang des Betrügers als eine jener „Geschichten, die zu schön sind, um wahr zu sein.“ Deniz A. sei ein „Duisburger Junge mit türkischen Wurzeln“, der die Realschule ohne Abschluss verließ. Der Glanz und Glamour liebte, eine „Germanys next Topmodel“-Kandidatin heiratete.

Dessen Ehrgeiz ihn das Fachabi nachholen ließ, der als Anti-Gewalttrainer arbeitet und sich sozial engagierte. Und einen Verein zu einem Sozialdienstleister mit 1.400 Mitarbeitern ausbaute. Heute ist der Verein pleite und sein einstiger Gründer ist ein verurteilter Verbrecher.

Nach dem Richterspruch muss er jetzt jeweils bis zum Jahresende am 31. Dezember 50.000 Euro zahlen, vier Jahre lang. Das Geld bekommt der Insolvenzverwalter des Vereins. Gegen das Urteil ist Revision beim Bundesgerichtshof möglich. (uvo; mit dpa)