Dramatischer Fall von Animal Hoarding im Nürnberger Land: 116 Katzen in kleiner Wohnung gehalten

Tierheim spielt Entspannungsmusik für traumatisierte Katzen

Bayern: 117 Katzen aus kleiner Wohnung gerettet Tierheim spielt ihnen Musik zur Beruhigung vor
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Tierheim spielt ihnen Musik zur Beruhigung vor
Bayern: 117 Katzen aus kleiner Wohnung gerettet

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Was für unfassbares Leid mussten die armen Katzen ertragen, die sich nun in zwei bayrischen Tierheimen erholen! Aus einer gerade mal 60 Quadratmeter großen Wohnung in Diepersdorf haben Retter Anfang der Woche 116 (!) Katzen geborgen. Die völlig verwahrlosten Miezen werden nun liebevoll aufgepäppelt – und bekommen sogar Entspannungsmusik vorgespielt.

Katzen
Diese Bilder von geretteten Katzen veröffentlichte das Tierheim Hersbruck auf seiner Facebook-Seite.

Dramatische Rettungsaktion für Katzen in Diepersdorf

Vom „schlimmsten Animal Hoarding-Fall der Vereinsgeschichte“ berichtete das Tierheim Hersbruck auf Facebook. Überall in der verwahrlosten Wohnung habe sich Kot und Urin befunden. Ein unfassbarer Ammoniakgestank hätte in der Luft gehangen. Es sei "die Hölle" gewesen, so die Retter. Mittendrin: Haufenweise Katzen. 115 zählen die Mitarbeiter des Tierheims und die Freiwillige Feuerwehr zunächst, einen Tag später findet sich in der Küche zwischen Arbeitsplatte und Herd noch eine weitere Katze in der 60 Quadratmeter-Wohnung.

Martina Höng leitet das Tierheim Hersbruck und hat vor Ort mit angepackt. „In dem Moment, wenn die Rettung läuft, handeln Sie nur. Sie funktionieren. Da wird nicht groß geredet, nur gehandelt“, erinnert sie sich. Es ist unklar, wie lange die Tiere unter diesen dramatischen Umständen gehalten wurden. Zwei Katzen mussten in einer Tierarztpraxis stationär aufgenommen werden. Bei einer der beiden, einem Katzenwelpen, wurde ein Augenleiden diagnostiziert. Im schlimmsten Fall muss das Auge des Babys entfernt werden.

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Gerettete Katzen erholen sich bei Entspannungsmusik

Ein Tierheim allein könne sich gar nicht um so viele Katzen kümmern, sagt die Leiterin des Tierheims Hersbruck. Als ihr die Umstände vor Ort, die hohe Anzahl an Tieren klar wurden, hat sie sofort in einer Whats App-Gruppe mit anderen Tierheimen in der Region um Verstärkung gebeten. In Hersbruck werden nun 18 Katzen aufgepäppelt, 98 weitere sind auf Tierheime in Feucht, Kulmbach, Regensburg, München und Roth aufgeteilt worden. Die Katzen seien schwer traumatisiert. Am Anfang hätten die Tiere laut gefaucht, seien sehr „durch den Wind gewesen“. „Wenn man sie berührt hat, dann sind sie richtig erstarrt“, erinnert sich Martina Höng.

Nur ein Pfleger kümmere sich im Tierheim Hersbruck zur Zeit um die scheuen Tiere, damit sie sich an die neue Bezugsperson gewöhnen. Außerdem arbeiten sie dort sehr leise und ruhig und spielen spezielle Entspannungsmusik für Katzen, damit die traumatisierten Kätzchen etwas runterkommen können. Diese Musik seien „gewisse Melodien in gewisser Frequenz“, die eine beruhigende Wirkung hätten. Nach Bedarf werde diese für etwa 60 Minuten eingeschaltet. Mit Erfolg, denn schon nach wenigen Tagen verhalten sich die Tiere in Hersbruck ruhiger und das Fauchen hat nachgelassen.

Für die Mitarbeiter des Tierheims ist solch ein Einsatz nicht alltäglich. Sie sind auch Tage später betroffen von dem Anblick, der sich ihnen in der Wohnung bot: „Diese Bilder verfolgen und werden einen ein Leben lang verfolgen“, meint Tierschützerin Höng. Zum Glück habe sie eine tolle Familie und einen stabilen Freundeskreis, die sie nach so einem Einsatz auffangen würden.

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Polizei ging zunächst davon aus, dass Mieterin der Wohnung etwas passiert war

Die Polizei Mittelfranken hat nun weitere Details zu der Frau, die die Katzen in der kleinen Wohnung gehalten hat, veröffentlicht. Ein Streifenwagen sei zu einem „vermuteten Unglücksfall“ gerufen worden, heißt es auf Facebook. Man ging davon aus, der 60-jährigen Wohnungsmieterin sei etwas zugestoßen. Als sie nach mehrmaligem Klopfen nicht öffnete, brachen die Polizisten die Wohnungstür auf. Doch nicht die Mieterin befand sich in Not, sie war gar nicht Zuhause. Die Polizisten erkannten die schlimme Lage der Katzen sofort und alarmierten Tierheime und die Freiwillige Feuerwehr. Irgendwann tauchte dann auch die 60-jährige Katzenbesitzerin auf. Aus gesundheitlichen Gründen wurde sie in ein Krankenhaus gebracht, so die Polizei Mittelfranken.

Heftiger Gestank im Treppenhaus

Dramatischer Fall von Animal Hoarding im Nürnberger Land: 116 Katzen in kleiner Wohnung gehalten
Hand in Hand retten Mitarbeiter des Tierheims und Einsatzkräfte der Feuerwehr die 116 Katzen aus der Wohnung.
Christian Falk

Dass in der Nachbarschaft niemand auf den heftigen Gestank aufmerksam geworden ist, schockiert indes den Kommandanten der Feuerwehr Diepersdorf, Christian Falk. "Wir waren überrascht, dass es solche Fälle auch auf dem Land gibt, ohne dass es Jemandem aufgefallen ist. Den Gestank hat man ja im Treppenhaus schon wahrgenommen. Das war ja die Ursache für den ‘Wasserschaden’, wegen dem die Polizei gerufen wurde.“ Eigentlich steht das Haus in einer guten Wohngegend, sagt der Feuerwehrmann. Es sei gerade erst saniert worden.

Lob für Tierheimmitarbeiter

In den sozialen Netzwerken zollen viele User den Rettern, insbesondere den Mitarbeitern des Tierheims Hersbruck, großen Respekt. „Ihr macht die Welt zu einem besseren Ort“, heißt es dort. Mit all ihrer Kraft kümmern sich die Helfer nun um ihre Schützlinge, damit sie irgendwann soweit sind, in ein neues, liebevolles Zuhause einzuziehen. (lha)