Erste Frau pfiff DFB-Spiel
Schiedsrichterin legt tadellose Premiere hin
Geglückte Premiere! 113 Jahre nach dem ersten Länderspiel pfiff erstmals eine Frau die Partie einer deutschen Männer-Nationalmannschaft. Ivana Martincic zeigte eine souveräne und abgeklärte Leistung. Die 36-Jährige verschaffte sich schnell Respekt und musste früh eingreifen.
"Sie kann das" Und wie!

Was auch immer Scherzbold Thomas Müller ihr nach dem Abpfiff gesagt haben mag, Ivana Martincic reagierte erfreut und schenkte dem feixenden Münchner ein Lächeln. Auch im Spiel hatte sich die Kroatin, die als erste Schiedsrichterin überhaupt eine Partie der deutschen Männer-Nationalmannschaft leitete, nicht aus der Ruhe bringen lassen. Martincic trat freundlich, aber bestimmt und vor allem nahezu fehlerfrei auf - obwohl sie vor der Premiere etwas nervös gewesen war.
Es sei für sie "eine große Ehre", das WM-Qualifikationsspiel der DFB-Auswahl in Wolfsburg gegen Liechtenstein (9:0) pfeifen zu dürfen, hatte die 36-Jährige vor dem Anpfiff gesagt. Kroatiens Schiri-Chef Bruno Maric hatte gar von einem "historischen Tag" gesprochen und überhaupt keine Zweifel an einem gelungenen Auftritt gehegt: "Sie kann das!"
Und das bewies Martincic später auf dem Rasen - auch wenn das Spiel hektischer begann als ihr vermutlich lieb war. Nach einem brutalen Tritt des Liechtensteiners Jens Hofer gegen den Hals von Leon Goretzka hatte die Schiedsrichterin überhaupt keine andere Wahl, als bereits nach zehn Minuten die Rote Karte zu zücken und auf den Elfmeterpunkt zu zeigen.
Video: Goretzka mit Kung-Fu-Tritt umgenietet
Verwarnung für Rüdiger
Völlig richtig lag Martincic auch bei der Gelben Karte für Antonio Rüdiger nach einem Ellenbogeneinsatz im Kopfballduell, auch wenn der deutsche Innenverteidiger deswegen beim Jahresabschluss am Sonntag (18.00 Uhr/ LIVE bei RTL) in Armenien gesperrt fehlen wird. Rüdiger hatte Glück, dass es die Kroatin kurz vor der Halbzeit bei einer letzten Ermahnung beließ, nachdem der Chelsea-Profi seinen Gegenspieler im Gerangel den Kopf weggedrückt hatte. Und als Linksverteidiger Christian Günter in zweiten Halbzeit einen Elfmeter schinden wollte, fiel Martincic nicht darauf rein.
Die im Schnitt 6,5 Millionen TV-Zuschauer und 25.984 Besucher in der ausverkauften VfL-Arena merkten deutlich, dass da keine Anfängerin am Werk war. Seit 2008 greift die Tochter eines ehemaligen Zweitliga-Schiedsrichters zur Pfeife, in ihrer Heimat ist sie eine ähnliche Pionierin wie es einst Bibiana Steinhaus-Webb in Deutschland gewesen war.
Historisches Debüt auch in Kroatien
Am 10. September leitete sie als erste Frau ein Spiel der ersten kroatischen Männer-Liga HNL. Einen Monat später pfiff sie das EM-Qualifikationsspiel der U21-Junioren von Lettland gegen San Marino.
Martincic stammt aus der kroatischen Kleinstadt Koprivnica und spielte früher selbst Fußball. Ihr Vater motivierte sie, die Karriere als Referee zu forcieren. "Am Anfang war es nicht einfach", sagte sie der Zeitung "Sportske Novosti". Die Erfahrungen hätten sie gestärkt, auch wenn Fußball in Kroatien oft noch reine Männersache sei.
Ihr größter Wunsch? Die Nominierung für die Frauen-EM 2022 in England und das hitzige Derby Dinamo Zagreb gegen Hajduk Split in ihrer Heimat zu leiten.
Das bisher größte Spiel ihrer Karriere war aber der Auftritt in Wolfsburg. "Die Vereine und Spieler brauchen Zeit, um mich zu akzeptieren", sagte Martincic. Ihre Leistung von Donnerstagabend hat auf jeden Fall dabei geholfen. (msc/sid)