Experte erklärt, welche Medikamente sinnvoll sind - und welche nicht!

#Der Apotheker klärt auf: Warum die meisten Herpesmedikamente nichts bringen

Wie lange halten sich Medikamente über das Mindesthaltbarkeitsdatum hinaus?
Nicht nur Apotheken, sondern auch Drogerien verkaufen nicht rezeptpflichtige Arzneimittel. Nicht alle Mittel sind harmlos.
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Während manche freiverkäuflichen Pillen, Tropfen und viel diskutierten Substanzen harmloser sind, als viele denken, ist die Einnahme anderer Mittel tatsächlich riskant. #Der Apotheker – ein Apotheker, der unter diesem Pseudonym schreibt - erklärt in seinem Buch „#Der Apotheker für alle Fälle“*, wie gefährlich Aluminium in Deos wirklich ist, was bei Lippenherpes tatsächlich hilft und warum Sie die Finger von Melatoninpräparaten aus der Drogerie lassen sollten.

Der Gebrauch von Antitranspirantien ist weit weniger bedenklich als lange angenommen

Seit Jahren stehen Deos mit Aluminium in der Kritik. Der Grund: Im Jahr 2014 gab das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) eine Stellungnahme heraus, in der stand, dass allein durch die tägliche Anwendung von aluminiumhaltigen Antitranspirantien die tolerierbare wöchentliche Aufnahmemenge an Aluminium, die von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) festgelegt wurde, überschritten werden könnte. Wissenschaftlich erwiesen sei dabei, dass hohe Aluminiumdosen beim Menschen neurotoxische, also das Nervensystem schädigende, Wirkungen haben können. Nicht belegt hingegen sei, dass eine erhöhte Aluminiumaufnahme beispielsweise Brustkrebs oder die Alzheimer-Krankheit auslöse, so das BfR.

Daher greifen viele Menschen bewusst zu Deodorants ohne Aluminium oder bevorzugen Deos mit natürlichen Inhaltsstoffen. #Der Apotheker erklärt jedoch, dass es ein Trugschluss sei, zu Naturkosmetik zu greifen, um auf Chemikalien zu verzichten: „Alles ist Chemie, und gerade Pflanzen enthalten sehr viele chemische Verbindungen. Die Logik, etwas ohne Chemie zu wollen, dafür aber unbedingt etwas Pflanzliches, geht einfach nicht auf.“ Ein Problem der Naturkosmetik sei, dass sie allergieauslösende Stoffe wie verschiedene ätherische Öle, Arnika, römische Kamille oder das bei Anhängern der Pseudomedizin so beliebte Propolis, enthalten könne.

Gleichzeitig habe in aussagekräftigeren Studien mittlerweile nachgewiesen werden können, dass nur 0,00192 Prozent von der unter den Achseln aufgetragenen Aluminiummenge überhaupt in den Körper aufgenommen werde. In einer Mitteilung aus dem Jahr 2020 schreibt das BfR, dass gesundheitliche Beeinträchtigungen durch den regelmäßigen Gebrauch von Antitranspirantien nach dem gegenwärtigen wissenschaftlichen Kenntnisstand unwahrscheinlich seien. Demnach sollten wir uns laut #Der Apotheker klar machen: „Zu viel Aluminium ist zwar schlecht für uns, aber durch Antitranspirantien wird sehr viel weniger Aluminium aufgenommen, als wir vor ein paar Jahren noch dachten.“

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Die meisten Medikamente gegen Lippenherpes sind überflüssig

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Wenn sich bereits ein Bläschen gebildet hat, sind die meisten Präparate gegen Lippenherpes wirkungslos.
Getty Images/iStockphoto, simarik

Wer schon einmal Lippenherpes hatte, weiß, dass dies in der Regel nicht die letzte Herpeserkrankung sein wird. Denn Herpes labialis ist eine Viruserkrankung, die nicht heilbar ist. Sie wird durch das Herpes-simplex-Virus 1 (HSV-1), einem DNA-Virus, ausgelöst. Übertragen wird es durch Speichel oder eine Schmierinfektion. Das erklärt, warum das Virus in der Bevölkerung stark verbreitet ist.

Und wer die Viren einmal in sich trägt, dem bleiben sie ein Leben lang erhalten. „Bei etwa 20 bis 40 Prozent der Infizierten können die Viren in der Regel ein- bis zweimal pro Jahr durch verschiedene Auslöser, wie einem geschwächten Immunsystem, Sonnenstrahlen, Stress oder andere Infektionen, reaktiviert werden“, erklärt #Der Apotheker. Folglich bilden sich kleine, mit Flüssigkeit gefüllte Bläschen aus, in denen die Viren in hoher Konzentration enthalten sind. Dadurch ist das Bläschensekret hochinfektiös, weshalb der Experte davor warnt, die Bläschen zu berühren oder gar auszudrücken, denn „das Herpesvirus kann natürlich auch vom Mund auf den Genitalbereich übertragen werden“.

Offensichtlich genug Gründe also, einem akuten Lippenherpes mit Medikamenten zuleibe zu rücken. Doch laut #Der Apotheker bringt genau das wenig und ist auch in den meisten Fällen überflüssig. Denn die Aciclovir-Salbe, die oft zur Behandlung eingesetzt wird, ist ein Virostatikum. Sie stoppt also die Vermehrung der Viren. Um zu wirken, muss sie bei den ersten Anzeichen, dass sich ein Bläschen entwickeln wird, aufgetragen werden. Doch die meisten bemerken eine Herpeserkrankung erst dann, wenn sich bereits ein Bläschen gebildet hat. Und dann ist es für den Einsatz der Salbe bereits zu spät: „Ist das Bläschen bereits mit Viren gefüllt, bringt es nicht mehr allzu viel. Wenn das Bläschen bereits verkrustet, kann man sich Aciclovir vollkommen sparen“, so der Experte. Und selbst dann, wenn die Behandlung rechtzeitig gestartet wird, ließen sich die Beschwerden damit nur um einen halben bis maximal einen Tag verkürzen. Mit anderen Worten: Leichter lässt sich kaum Geld sparen. Sinnvoll hingegen seien Herpespflaster. Und zwar nicht nur aus ästhetischen Gründen, sondern auf diese Weise lasse sich auch vermeiden, dass man das Bläschen ständig berührt und sich das Virus auf andere Organe verteile.

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Risiken und Nebenwirkungen einer Langzeitanwendung von Melatonin bislang noch nicht bekannt

Um zu freiverkäuflichen Pillen, Tropfen oder Sprays zu greifen, bedarf es nicht zwangsläufig einer Erkrankung. Auch Müdigkeit, Konzentrationsstörungen oder schlechter Schlaf lassen viele auf Präparate zurückgreifen, die vergleichsweise günstig in der Drogerie oder dem Discounter erhältlich sind. Ein beliebtes Behandlungsfeld sind Schlafstörungen, unter denen laut einer Befragung aus dem Jahr 2021 ein Viertel der deutschen Bevölkerung leidet. Viele greifen daher zu Melatonin. Das sogenannte Schlafhormon wird im Körper lichtabhängig aus Serotonin gebildet und sorgt dafür, dass unser Körper herunterfährt: Je weniger Licht auf unsere Netzhaut fällt, umso mehr Melatonin wird gebildet. Das erklärt, warum wir im Herbst und Winter oft träger sind und stärker unter Müdigkeit leiden als im Sommer.

Das dennoch viele Menschen auch im Winter unter Schlafmangel leiden, könnte etwas mit dem Alter zu tun haben. „Mit zunehmendem Alter nimmt die körpereigene Melatoninproduktion jedoch ab, was ein Grund dafür sein könnte, dass häufig ältere Menschen an Schlafstörungen leiden und auch die Dauer des Schlafs im Durchschnitt abnimmt“, erklärt #Der Apotheker. Mit freiverkäuflichen Melatoninprodukten aus der Drogerie oder dem Supermarkt nachzuhelfen, sei jedoch keine Option. Zwar sei Melatonin als verschreibungspflichtiges Arzneimittel für Menschen ab 55 Jahren zugelassen. “Allerdings nur zur kurzfristigen Behandlung von maximal 13 Wochen, wobei die volle Wirkung erst nach etwa 3 Wochen eintritt.“ Eine längere Anwendung werde nicht empfohlen, „da die Risiken und Nebenwirkungen einer Langzeitanwendung bisher noch nicht bekannt sind“.

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Warum Sie von Melatoninpräparaten aus Supermarkt oder Drogerie die Finger lassen sollten

Zudem werde Melatonin abhängig vom Alter, aber auch in Abhängigkeit von Lebensstilfaktoren unterschiedlich aufgenommen. „Nehmen Menschen, die etwa 70 Jahre und älter sind, Melatonin als Arzneimittel ein, wird vom Körper weniger Melatonin aufgenommen als bei jüngeren Menschen. Somit wirken 2 Milligramm Melatonin bei ihnen nicht so stark wie bei jüngeren.“ Auch bei Rauchern wirke es schwächer, während ein gleichzeitiger Alkoholkonsum die Wirkung verstärke. Das vielfältige Wirkungsspektrum sowie die Nebenwirkungen, die von Kopfschmerzen, Aggressivität, Reizbarkeit bis hin zu plötzlichen Schlafattacken reichen, erklären, warum Melatonin ausnahmslos verschreibungspflichtig ist. Dass wir das Hormon dennoch in Drogerien oder Supermärkten kaufen können, liegt daran, dass es dort als Nahrungsergänzungsmittel verkauft wird. Und diese wiederum zählen zu den Lebensmitteln. „Und diese dürfen tatsächlich Melatonin enthalten, und das teilweise sogar mehr als die verschreibungspflichtigen Arzneimittel“, fasst der Experte zusammen.

Mit weitreichenden Folgen: Wenn ein Hersteller Melatonin als Arzneimittel vertreiben wolle, müsse er dessen Sicherheit und Wirksamkeit nachweisen. Für ein Lebensmittel gelten solche strengen Regeln dagegen nicht. „Der Hersteller muss in diesem Fall weder einen Wirksamkeitsnachweis erbringen noch potenzielle Wechsel- und Nebenwirkungen angeben.“

Das alles erklärt, warum „ein eigentlich verschreibungspflichtiges Hormon in Deutschland, das sogar wie ein Arzneimittel in Form von Kapseln, Tabletten oder Mundspray angeboten wird, einfach als Lebensmittel verkauft werden darf“. Noch dazu werde der Eindruck erweckt, Melatonin sei eigentlich ganz harmlos. Daher sollten Sie von freiverkäuflichen Melatoninpräparaten die Finger lassen.

Stattdessen sollten Sie folgende Tipps beherzigen, um leichter in einen entspannten Schlaf zu finden:

  • Verzichten Sie auf Alkohol und Zigaretten.

  • Nehmen sie die letzte Mahlzeit des Tages etwa zwei Stunden, bevor Sie schlafen gehen, zu sich.

  • schalten Sie das Handy, Laptop und Co. etwa ein bis zwei Stunden, bevor Sie ins Bett gehen, aus.

  • Treiben Sie besser morgens oder vormittags Sport als abends. Gehen Sie abends stattdessen noch eine Runde spazieren, um den Kopf freizubekommen.

  • Achten Sie auf eine angenehme Temperatur im Schlafzimmer.

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#DerApotheker will über die häufigsten Fehler bei der Einnahme gängiger Medikamente aufklären

Bereits seit 2018 klärt #DerApotheker auf seinem Blog „Das hat mir noch nie jemand gesagt!“ bei Twitter über die häufigsten Fehler bei der Einnahme gängiger Medikamente wie beispielsweise Ibuprofen oder L-Thyroxin auf. Während er in seinem ersten Buch „Die Wahrheit über unsere Medikamente“ über Fehler bei der Einnahme der gängigsten Medikamente aufgeklärt hat, stehen in seinem aktuellen Buch „#Der Apotheker für alle Fälle“ vor allem frei verkäufliche Präparate und deren Wirkung im Fokus. Gewohnt faktenreich informiert er darin über alle wichtigen Pillen, Tropfen und Sprays.

#DerApotheker schreibt unter einem Pseudonym. Er hat Pharmazie studiert und arbeitet seit etwa zehn Jahren als approbierter Apotheker.

Ziel seiner Bücher ist es, „möglichst viele Infos zu Arzneimitteln und anderen wichtigen Fakten aus der Apotheke zu liefern, sodass jeder bei der Lektüre das ein oder andere Aha-Erlebnis hat und in Zukunft besser über sich und seine Arzneimittel Bescheid weiß.“

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