Er entschuldigte sich inzwischen für die Wortwahl

Cem Özdemir verliert die Geduld: "Halten Sie bitte die Fresse! "

Es sind klare Worte, die Cem Özdemir wählt: Als der Bundestagsabgordnete der Grünen ein Interview zur Stuttgarter Krawallnacht gibt, wird er plötzlich von einem Passanten unterbrochen. "Halten Sie bitte die Fresse! Danke, ich red' grade", sagte der frühere Grünen-Chef dem Mann. Der hatte das "Welt"-Gespräch mit den Worten unterbrochen: "Polizeidiktatur ist schuld." Das Video der Interview-Szene können Sie sich oben ansehen.

Özdemir hat sich inzwischen entschuldigt

Özdemir steht bei dem Interview vor der Geschäftsstelle der baden-württembergischen Grünen in der Stuttgarter Fußgängerzone. Nach der Unterbrechung durch den Mann kommt es zu einem kurzen Wortgefecht.

"Wir sind hier in Deutschland. Ich rede gerade. Bitte Maul halten", sagt Özdemir zu dem Mann, der sichtlich aufgeregt ist. "Die Polizeidiktatur bestraft einfache Menschen - Straßenmusiker, 200 Euro!", schimpft er. "Ich rede gerade, gehen Sie mal zur Seite", erklärt Özdemir, ehe er sich wieder zur Kamera dreht und sagt: "So, machen wir weiter."

Auf Twitter bat Özdemir später um Entschuldigung für seine Wortwahl. "Immerhin habe ich 'bitte' gesagt... Aber im Ernst, 'Fresse' hätte mir nicht rausrutschen dürfen. Auch wenn ich der Überzeugung bin, dass wir nicht in einer Polizeidiktatur leben, hätte ich andere Worte wählen müssen."

Özdemir hatte sich am selben Tag auch im RTL-Interview über die Situation in Stuttgart geäußert und in den Ausschreitungen eine Verrohung der Gesellschaft gesehen.

Viel Verständnis im Netz für Özdemir - Kritik von der AfD

Im Netz zeigten viele Nutzer Verständnis für den Ausbruch. Einer erklärte beispielsweise, dass ihm "ehrliche Politiker lieber sind als politische Ehrlichkeit". Ein anderer sprach von einer "authentischen Reaktion auf diesen Störenfried" und lobte sogar das höfliche "Bitte".

Die AfD dagegen kritisierte den Grünen-Politiker: "'Halten sie bitte die Fresse ... wir sind hier in Deutschland ... bitte Maul halten' - So spricht Parteibonze Özdemir mit einem Mitbürger. Was bei jedem Politiker von AfD, CDU oder FDP zu Recht ein Skandal wäre, ist bei ihm 'authentisch' und bedarf keiner Entschuldigung."

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Rückblick: Politiker im Ausraster-Modus

Dabei ist Özdemir mit seiner derben Retourkutsche in bester Gesellschaft mit vielen anderen deutschen Politikern. Beleidigungen im Parlament sind dabei eine Klasse für sich:

  • „Sie geistiges Eintopfgericht!“, nannte Herbert Wehner 1956 einen Abgeordneten der CDU/CSU.

  • „Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch, mit Verlaub!“, giftete Joschka Fischer 1984 gegen den damaligen Bundestagsvizepräsidenten.

  • SPD-Frau Heidemarie Wieczorek-Zeul schleuderte 1993 ein "Scheiß-Regierung!" in Richtung Regierungsbank. Wieczorek-Zeul selbst musste sich von Johannes Gerster, CDU, 1989 sagen lassen, sie sei verlogen und: „Sie sind eine scheinheilige Schlange!“

Lauter Entgleisungen festgehalten in den Bundestagsprotokollen. Der größte Krawall spielte und spielt sich immer noch hinter verschlossenen Türen ab. Aber manchmal drang er dann doch an die Öffentlichkeit. Wie der Ausraster von Kanzleramtsminister Roland Pofalla 2011, der dem CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach die Bemerkung „Ich kann deine Fresse nicht mehr sehen. Du redest ja doch nur Scheiße“ an den Kopf warf.

Der echte Özdemir-Vorgänger war allerdings der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck, der 2012 einen Störer bei einem TV-Interview sanft ermahnte mit den Worten: „Können Sie mal das Maul halten, einen Moment einfach das Maul halten, wenn ich ein Interview mache?“

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