Kommunalwahl in NRWBesuch in Duisburg-Hochfeld: Nur 5 Prozent sind hier wählen gegangen - warum?

Duisburg Hochfeld
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Das Auszählen der Stimmen bei der Kommunalwahl kann in Duisburg-Hochfeld nicht lange gedauert haben. Gerade mal 75 Menschen haben hier ihre Stimme abgegeben. Das sind 5,6 Prozent Wahlbeteiligung in dem berüchtigten Viertel der Ruhrgebiets-Metropole. Fast 20.000 Einwohner aus 136 Nationen leben in dem einstigen Stahlarbeiter-Viertel. Zum Beispiel aus Rumänien, Bulgarien oder Türkei. Multikulti also. Hochfeld ist als Problemviertel verschrien. Dönerbuden, Handyläden und arabische Schnellrestaurants – eine große Auswahl! Nur mit der Wahl haben es die Hochfelder anscheinend nicht so.

Jeder Zweite bekommt staatliche Hilfe

Spikofski Tafel Duisburg
Tafel-Chef Günter Spikofski. „Es geht einfach ums nackte Überleben, wenn Leute einfach gucken müssen, dass sie morgen was zu Essen im Kühlschrank haben.“
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Aber warum geht hier niemand wählen? Jeder hat da so seine ganz eigene Meinung zu:

  • „Ich hatte meinen freien Tag, da gehe ich ganz bestimmt nicht wählen.“ (Gemüseverkäuferin)

  • „Ich musste arbeiten, hatte keine Zeit zu wählen!“ (Anwohnerin)

  • „Den Politikern ist doch eh egal, was hier bei uns passiert. Die haben uns hier alleine gelassen.“ (Anwohnerin)

  • Ein Mann, der in der Schlange der Tafel steht, bringt es irgendwie auf den Punkt: “Keine Ahnung, warum ich nicht gewählt habe, wann war das denn?“

Jede Zweite hier bekommt staatliche Hilfe. Die Mehrheit im Viertel hat keinen deutschen Pass. Es sind Zustände wie in der dritten Welt, sagt mir ein Stadtpolitiker. Prostitution, Kriminalität, Schrottimmobilien, verwahrloste Kinder und ganz viel Müll auf den Straßen und Innenhöfen. 2.000 Menschen versorgt die Tafel hier. Und die hätten hier einfach andere Probleme als Politik, sagt mir Tafel-Chef Günter Spikofski. „Es geht einfach ums nackte Überleben, wenn Leute einfach gucken müssen, dass sie morgen was zu Essen im Kühlschrank haben.“

Viele Menschen in Hochfeld haben mit der Politik abgeschlossen

Duisburg-Hochfeld
Duisburg-Hochfeld: Hier sind fast 70 Prozent der Menschen ohne Job. Die Trinkhalle im Viertel heißt ganz offiziell "Hartz IV Ecke".
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Duisburg-Hochfeld ist anders und vielleicht auch irgendwie vergessen. Ungefähr 70 Prozent der Menschen hier sind arbeitslos und verbringen meist den ganzen Tag auf der Straße. Oder eben vor der Trinkhalle, die hier ganz offiziell „Hartz 4 Ecke“ heißt.

Viele hier haben mit der Politik abgeschlossen und gehen deshalb nicht wählen. Sie glauben oft, ihre Stimme hätte kein Gewicht. Sie sind enttäuscht und Politiker können ihrer Meinung nach eh nichts an den Problemen ändern.

Mein Eindruck als Reporter ist aber auch, dass die meisten Menschen von der Kommunalwahl überhaupt nichts mitbekommen haben. Mehr als jeder Zweite hier hat einen Migrationshintergrund. Deutsch sprechen und lesen können hier sehr viele nicht, wie ich gemerkt habe. Da ist eine Kommunalwahl mit Wahlwerbung und Wahlbenachrichtigungen doch ziemlich schwierig.

Die paar, die gewählt haben, entscheiden sich für radikale Parteien. Gewonnen hat übrigens die Linkspartei mit 31 Prozent. Das sind 23 Stimmen aus dem Problemviertel. Da kennt man seine Wähler noch persönlich. „Die meisten Stimmen habe ich von meiner Familie bekommen, die wohnen ja alle hier, sagt Mirze Edis (Die Linke).

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