Booster-Impfung ab 60 - statt ab 70 Jahren?

Arzt übt klare Kritik an Impfzentren-Plan: „Politik soll nicht immer dazwischenfunken“

Felix Kästle
Impfzentren wieder öffnen für mehr Booster-Impfungen?
deutsche presse agentur

Inmitten der zusehends kritischeren Corona-Lage gibt es wieder Streit über Wege zu mehr Auffrischungsimpfungen als Schutz für den Winter. Erneut geht es um mehr Tempo, jetzt bei verstärkenden Spritzen - vor allem für ältere Menschen. Doch wie kann das schnell gelingen? Mehrere Länder reagierten schon reserviert auf die Vorstöße des geschäftsführenden Bundesgesundheitsministers Jens Spahn (CDU), dafür die regionalen Impfzentren rasch wieder hochzufahren. Auch Arzt und Medizinjournalist Dr. Christoph Specht hält diese Vorgehensweise für falsch.
+++ Alle aktuellen Informationen zum Coronavirus finden Sie in unserem Live-Ticker auf RTL.de +++

Besser Impfungen in den Arztpraxen voranbringen

Man mag es kaum glauben, aber vergleicht man die Corona-Lage am 1. November des vergangenen Jahres mit der vom 1. November 2021, ergibt sich ein erschreckendes Bild: Sowohl die Inzidenz als auch die Zahl der Krankenhauseinweisungen und Todesfälle ist höher!

Lese-Tipp: Vierte Welle ist schneller als erwartet da

Dass alle Zahlen inklusive Krankenhausaufnahmen und Sterbefälle steigen würden, sei von allen Experten so prognostiziert worden, sagt Medizinexperte Dr. Christoph Specht. „Was uns vielleicht alle ein bisschen überrascht ist, dass bei diesen Inzidenzzahlen eben auch eine ganze Menge Geimpfter sind“, so der Mediziner. „Das hatten wir so nicht auf dem Schirm.“ Sollten denn jetzt alle Impfzentren reaktiviert werden, um möglichst viele Auffrisch-Impfungen verabreichen zu können?

„Davon halte ich ganz ehrlich gesagt nichts“, sagt Specht. „Diese Zentren kosten sehr viel Geld und sind nicht so eben schnell mal wieder aufzubauen.“ Es sei ja kaum vier Wochen her, dass sie geschlossen wurden. Viel besser fände der Medizinexperte, das Geld dafür zu nehmen, um die Impfungen in den Arztpraxen voranbringen. „Wenn ich jetzt so um die 70 herum bin, dann sollte ich mich boostern lassen“, so Specht. Für diese Altersgruppe sei es wirklich „sehr, sehr wichtig“, gerade in diesem Winter.

Lese-Tipp: Müssen wir uns jetzt alle boostern lassen?

Arzt und Medizinexperte Dr. Christoph Specht
Arzt und Medizinexperte Dr. Christoph Specht
RTL

Boostern schon ab 60 Jahren?

Die Konferenz der Gesundheitsministerinnen und -minister der Länder hat entgegen der Empfehlung der Stiko beschlossen, die Booster-Impfung bereits ab 60 Jahren zu empfehlen. Der noch amtierende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sagt, dass aber auch alle anderen eine Auffrischungsimpfung erhalten könnten, wenn sie das wollten. Denn: „Wir haben Impfstoff mehr als genug“, so der 41-Jährige. Er selbst hat sich am vergangenen Donnerstag erneut gegen Covid-19 impfen lassen. Was hält der Medizinexperte von dieser Vorgehensweise?

Kommentar: Ungeimpfte lassen das Land im Stich!

„Die Politik ist jetzt zum dritten Mal vorgeprescht vor der von ihr selbst eingesetzten Ständigen Impfkommission“, schüttelt er den Kopf. „Also das Gremium, dass sich wirklich wissenschaftlich mit diesen Dingen auseinandersetzt.“ Wie bei der Empfehlung für die Kinder-Impfungen setze sie sich über die der Stiko hinweg – die nämlich empfiehlt eine Booster-Impfung ab 70 Jahren. „Damit verspielt man Vertrauen und die Bevölkerung weiß dann wirklich nicht mehr, woran sie sich halten soll“, kritisiert Specht. „Ich halte gar nichts davon, wenn die Politik immer in dieser Art dazwischenfunkt.“ (dpa/ija)

Anzeige:
Empfehlungen unserer Partner

Video-Playlist: Alles, was Sie zum Coronavirus wissen sollten

Playlist 50 Videos