"Freundschaftlicher" Empfang - aber auch Konfliktthemen
Baerbock sagt Bonjour: Ihre erste Reise führt sie nach Paris

Baerbock sagt Bonjour: Deutschlands neue Außenministerin Annalena Baerbock hat in Paris mit einer Serie von Antrittsbesuchen in Europa begonnen. Sie stellte eins gleich zu Beginn klar: "Ich werde vom ersten Tag an der internationalen Klimapolitik den Platz geben, den sie auf der diplomatischen Agenda verdient: Ganz oben", so Baerbock.
Frankreich will Atomkraft als "grüne" Energie

"Die wichtigste Aufgabe von Diplomatie ist es, Krisen vorzubeugen, einzudämmen und bestmöglichst zu lösen", fügte sie hinzu. Keine Krise sei bedrohlicher für die Zukunft der Menschheit als die Klimakrise. Sie wolle mit den EU-Partnern darüber sprechen, wie man Klimapartnerschaften mit anderen Regionen der Welt stärken könne. Die Grünen-Politikerin ist künftig in der Regierung auch für die internationalen Klimakonferenzen zuständig.
Und Frankreich ist in Sachen Klima nicht wirklich auf der Linie der Grünen. Hier wird debattiert, ob Atomkraft als „grüne“ Energie eingestuft wird. „Dass wir zu der Frage Nuklear unterschiedliche Positionen haben, das ist ja bekannt“, sagte die Grünen-Politikerin nach dem Treffen mit ihrem französischen Amtskollegen Jean-Yves Le Drian in Paris. Zugleich betonte Baerbock die herausragende Bedeutung der deutsch-französischen Beziehungen für die Zukunft der Europäischen Union (EU). Seit Monaten streiten die EU-Länder darüber, wie Atomkraft zu bewerten ist. Frankreich zusammen mit Ländern wie Polen und Tschechien will Atomkraft um jeden Preis als „grün“ kennzeichnen. Unter anderem Deutschland, Luxemburg und Österreich sind strikt dagegen.
Baerbock dankt für "wirklich warmen und freundschaftlichen Empfang“

Baerbock bemühte sich trotz weiter bestehender Differenzen in Einzelfragen darum, den Eindruck einer engen und intensiven Partnerschaft mit Paris zu hinterlassen. Sie duzte ihren Amtskollegen und bedankte sich „für diesen wirklich warmen und freundschaftlichen Empfang“. Sie sagte: „Was gibt es schöneres als für eine Außenministerin am ersten Morgen im neuen Amt in Paris zu sein.“ Europa sei „Dreh- und Angelpunkt der deutschen Außenpolitik“.
Baerbock ergänzte: „Dafür braucht ein starkes Europa starke deutsch-französische Impulse.“ Europa wäre schwächer, wenn Deutschland nicht in die Beziehungen zwischen Paris und Berlin investiere. Mit Blick auf die Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft durch Frankreich Anfang 2022 sagte Baerbock, die von Paris initiierte Konferenz zur Zukunft Europas werde ein wichtiger Meilenstein für die EU sein.
Außerdem versicherte sie den EU-Partnern, dass Deutschland seine Vorstellungen und Interessen nicht über die Köpfe der Nachbarn hinweg verfolgen werde - "und schon gar nicht auf deren Kosten".
Die positive Stimmung sollte auch in den Bildern sichtbar sein, auf denen Baerbock mit ihrem Amtskollegen lachte und scherzte, und auch der Stopp vorm Eiffelturm (Foto oben) gehört ganz sicher zur neuen medialen Inszenierung dazu, auch wenn das nicht jeden Journalisten im Konvoi erfreute….
Mit den Zug weiter nach Brüssel

Nach dem Paris-Besuch reist Baerbock mit dem Zug nach Brüssel weiter. Dort sind Gespräche mit dem EU-Außenbeauftragten Josep Borrell, dem US-Klimaschutzbeauftragten John Kerry und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg geplant. Am Freitag fliegt Baerbock nach Warschau zu einem Treffen mit ihrem polnischen Kollegen Zbigniew Rau.
Baerbock beginnt ihre Gespräche auf internationalem Parkett vor dem Hintergrund einer sich zuspitzenden Ukraine-Krise. US-Präsident Joe Biden und sein russischer Kollege Wladimir Putin hatten bei ihrem etwa zweistündigen Videogipfel am Dienstag keine Entspannung erzielt. Die USA werfen Russland seit Wochen einen Truppenaufmarsch unweit der Grenze zur Ukraine vor. Befürchtet wird im Westen eine russische Invasion der Ex-Sowjetrepublik. Russland weist das zurück und wirft der Ukraine vor, mehr als 120.000 Soldaten an die Grenze zu den von prorussischen Separatisten kontrollierten Gebieten verlegt zu haben.
Freitag reist Baerbock nach Polen - hier wird es sicher schwieriger
Voraussetzung für ein starkes und geeintes Europa sei, „dass wir als EU unsere Grundwerte ernst nehmen und die Regeln, die wir uns gemeinsam gegeben haben, auch durchsetzen“, mahnte Baerbock. „Gerade bei Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten können wir nicht zulassen, dass Europas Fundamente wegbröckeln“, sagte sie, ohne Länder wie Ungarn oder Polen zu nennen.
In der EU gibt es seit Jahren Streit mit den Regierungen von Ungarn und Polen, weil sie sich ausweislich etlicher Gerichtsurteile nicht an EU-Recht halten. Kritiker werfen Warschau und Budapest vor, die Justiz entgegen der EU-Standards zu beeinflussen. So baut Polens nationalkonservative PiS-Regierung das Justizsystem um. Die EU-Kommission hat wegen der Reformen Vertragsverletzungsverfahren gegen die Regierung in Warschau eröffnet.
Angesichts von Baerbocks klaren Worten zur Rechtsstaatlichkeit könnte vor allem der Besuch in Polen heikel werden. Vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise gerät zudem auch die neue Bundesregierung wegen der umstrittenen Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 unter Druck aus den USA. Auch aus Warschau dürften die Forderungen lauter werden, die Gasröhre zwischen Russland und Deutschland nicht in Betrieb zu nehmen. (dpa/reuters/eku)
Noch mehr Videos rund um die Politik - in unserer Playlist
Spannende Dokus auf RTL+
Sie lieben Dokumentationen? Dann sind Sie hier goldrichtig. Auf RTL+ haben Sie die große Auswahl: Ob zu Angela Merkel, rund um Corona oder zu Auslandsthemen wie Afghanistan – hier finden Sie ausführliche, spannende und informative Dokus.