„Er hat auf meinem Körper Zigaretten ausgedrückt"
Ana (19) wurde auf Pferdehof in Italien gefangen gehalten und missbraucht
Ana fragt sich manchmal immer noch, warum sie damals mit nach Italien gegangen ist. Zwei Jahre lang wurde die 19-Jährige von ihrem Ex-Freund und einem anderen Mann auf einem Pferdehof in der Nähe von Rom festgehalten. Immer wieder wurde sie misshandelt und vergewaltigt – bis ihr im Sommer 2021 die Flucht gelang. RTL-Reporterin Sarina Sprengelmeyer hat Ana getroffen und ist mit ihr an den Tatort nach Italien gefahren, wo Ana versuchen will, sich ihrer Vergangenheit zu stellen. Dort spricht die 19-Jährige zum ersten Mal über das, was sie durchgemacht hat. Wie sie reagiert, als sie bei dem Pferdehof ankommt – in unserem Video.

Ana ging freiwillig mit nach Italien - doch dort fing der Horror an
Ana erzählt, dass sie ihren damaligen Freund auf einer Zugfahrt kennenlernte. Sie verliebte sich in ihn, denn er gab der Jugendlichen damals Halt. Im RTL-Interview erklärt sie, dass sie damals ein schlechtes Verhältnis zu ihrer Mutter hatte und von zu hause ausgerissen war. Auch die Schule habe sie häufig geschwänzt. Darum klang es für sie wie ein Traum, als ihr Freund ihr vorschlug, von Deutschland nach Italien auszuwandern. Er wollte auf einem Pferdehof in der Nähe von Rom ein neues Leben anfangen und Ana ging mit ihm mit – freiwillig.
Doch das Leben auf dem Pferdehof wurde für die damals 17-Jährige schnell zum Albtraum. Ihr Freund fing an, sie zu schlagen. „Es wurde halt dann immer, immer, immer mehr. Und immer öfter auch“, erzählt sie im RTL-Interview. „Er hat mir das Gefühl gegeben, dass ich einfach selbst dran schuld bin“, erinnert sich Ana. Ihr damaliger Freund habe sie nicht nur verprügelt, sondern auch regelmäßig vergewaltigt, erzählt die junge Frau.

Ihr Ex und ein Mittäter drückten Zigaretten auf Anas Körper aus
Ein Verwandter ihres Freundes, der ebenfalls auf dem Hof arbeitete, habe sich an den Misshandlungen beteiligt. „Er hat auf meinem Körper Zigaretten ausgedrückt. Und der andere auch. Der hat mich festgehalten. Und dann die Zigaretten auf meinem Körper ausgedrückt“, erzählt sie unter Tränen. Die Narben erinnern sie auch heute noch immer wieder an die schrecklichen Erlebnisse.
Gehen konnte sie damals nicht, denn die beiden Männer ließen sie kaum aus den Augen. Nach zwei Jahren Martyrium bot sich dann aber doch eine Gelegenheit zur Flucht. Ihre Peiniger hatten vergessen, die Tür ihrer Unterkunft wie sonst abzuschließen. „Dann bin ich von meinem Zimmer einfach gerannt. Ich bin so gerannt, so schnell“, sagt Ana. Doch die Männer bemerkten ihren Fluchtversuch und holten sie ein. Sie packten die junge Frau, um sie zurück auf den Hof zu schleppen. Doch dann rettete der Zufall die 19-Jährige.
Ana gelingt die Flucht vom Pferdehof in Italien nur durch einen Zufall
Ein Passant kam vorbei und erkannte sofort, dass Ana in Not war. „Mein erster Eindruck war: Das sind zwei üble Kerle, die da bei dem Mädchen sind“, erinnert sich Alessandro, der Retter von damals. „Aus dem Blick von Ana habe ich begriffen, dass da etwas ganz Schlimmes passiert ist, die Angst, die Panik“, erzählt der junge Italiener. Er griff mutig ein und brachte die 19-Jährige zur Polizei.
Das war Anas Rettung. Zwei Jahre Gefangenschaft waren damit endlich zu Ende. Die 19-Jährige kam für ein paar Wochen in einem Frauenhaus in Italien unter. „Dieser Fall ist mir besonders in Erinnerung geblieben. Gerade wegen der besonderen Umstände. Aber woran ich mich eben auch ganz besonders erinnere, ist die innere Stärke von Ana, sich aus eigener Kraft zu befreien und wegzulaufen“, sagt Lucia, eine Mitarbeiterin in dem Frauenhaus.

Nach Misshandlungen auf Pferdehof: Anas Ex sitzt in Italien im Gefängnis
Inzwischen lebt die Ana wieder in Deutschland, in der Nähe von München. Sie hat einen neuen Freund und erwartet sogar ein Baby von ihm. Die 19-Jährige fühlt sich dort sicher und kann endlich ein Leben ohne Gewalt und Missbrauch führen. Ihren Ex möchte sie nie wieder sehen. Er wurde von einem italienischen Gericht in erster Instanz zu sechs Jahren Haft verurteilt. Sein Komplize wartet noch auf seinen Prozess, der im Herbst starten soll.
Hilfe für Opfer von Gewalt
Auch in Deutschland werden Menschen im scheinbaren Schutz des eigenen Heims geschlagen und missbraucht. Wo Opfer von häuslicher Gewalt – oder Vertraute, die einen entsprechenden Verdacht haben – Hilfe finden, lesen Sie hier.