Risiko nicht unterschätzen
Allergien selbst behandeln? Arzt warnt: Bei Asthma ist Vorsicht geboten!

Die Nase läuft, die Augen jucken - es ist wieder Pollen-Saison! Nichts scheint da leichter, als mit freiverkäuflichen Antihistaminika selbst schnelle Abhilfe zu schaffen. Doch birgt dieses Vorgehen nicht auch Risiken? "Häufig wird unzureichend therapiert", weiß HNO-Arzt und Allergologe Prof. Mark Jakob. Was Betroffene unbedingt beachten sollten, verrät der Experte im RTL-Interview.

"Ich erlebe immer wieder, dass die Allergiesymptome nicht im Griff sind"
Freiverkäufliche Allergie-Medikamente werden schon kein Risiko bergen, sonst wären sie nicht freiverkäuflich, oder? Eine auf den ersten Blick wohl berechtigte Annahme. Doch stimmt das wirklich?
„Wenn die Patientin oder der Patient gut mit diesen Medikamenten die Allergie im Griff hat, spricht nichts gegen eine Selbstmedikation“, sagt Allergologe Prof. Mark Jakob. Doch meist sei dies nicht der Fall. Während freiverkäufliche Mittel zu Beginn der Pollensaison möglicherweise noch ausreichen, könne sich dies hin zur Pollenhochzeit ändern: „Dann braucht es ein potenteres verschreibungspflichtiges Medikament oder auch ein Allergie-Asthma Spray.“
Pollenflugkalender: Wann fliegt was?

„Am Beginn der Allergiesaison reicht eine freiverkäufliche Allergietablette vielleicht aus“, erklärt der Experte. Später können jedoch verschreibungspflichtige Mittel nötig werden.
"Gerade die Lungebeteiligung mit Asthma sollte man im Blick halten"
Gerade das Risiko einer möglichen Asthma-Erkrankung sollten Allergiker nicht unterschätzen, weiß Prof. Jakob. „Die Lungenbeteiligung mit Asthma sollte der Patient und der behandelnde HNO-Arzt oder Allergologe im Blick behalten“, rät er. Während das Risiko einer Überdosierung im klassischen Sinn eher nicht bestehe – sofern man sich an den Beipackzettel und die Empfehlung des Apothekers hält – sei eine Unterversorgung wahrscheinlicher: „Häufig wird unzureichend therapiert.“
Lese-Tipp: Wie erkenne ich die Krankheit? Asthma-Symptome auf einen Blick
Vor dem Risiko einer möglichen Asthma-Erkrankung durch Unterversorgung warnt auch Internist und Allergologe Prof. Gerhard Schultze-Werninghaus in einer Veröffentlichung der Fachzeitschrift für Allgemeinmedizin und Innere Medizin „Praxis Depesche“: „Die Unterbehandlung einer allergischen Rhinitis kann zum Beispiel den Übergang zum Asthma bronchiale fördern.“
Im Video sehen Sie: Heuschnupfen-Gadgets im Härtetest
"Häufig reicht eine Tablette alleine nicht aus"
Wetterlage, Regen, Trockenperioden – all das beeinflusst jedes Jahr aufs Neue die Allergiesaison. Daher weiß Prof. Jakob: „Jede Allergiesaison ist anders.“ Es könne also sein, dass ein freiverkäufliches Mittel in dem einen Jahr ausreichend war, im nächsten jedoch nicht mehr.
Liegen die Beschwerden beispielsweise im Bereich der Nase oder der Augen, reiche eine einzelne Tablette Antihistaminikum alleine häufig nicht aus. „Ich rate, in der Allergiesaison dauerhaft täglich ein Allergienasenspray – meist mit Kortison – zu verwenden.“ Wichtig sei: Das Nasenspray muss dauerhaft genutzt werden, nicht nur ein- oder zweimal die Woche. „Sonst wirkt es leider nicht“, so der Allergologe.
Gut zu wissen: Vor diesem Kortison müssen Betroffene keine Angst haben. „Es bleibt auf der Nasenschleimhaut und richtet im Körper keine Schäden an.“
Lese-Tipp: Experte über freiverkäufliche Mittel: Wie gefährlich ist Cortisoncreme wirklich?
Für Allergiker: Hilfreiche Alltags-Tipps vom Experten
„Grundsätzlich kann ich als Allergologe schon zu freiverkäuflichen Medikamenten wie Antihistaminika als Tablette, Allergie-Nasensprays oder Allergie-Augentropfen raten“, sagt Prof. Mark Jakob im Interview. Dennoch: Einmal im Jahr würde er Allergikern raten, die Sprechstunde beim Facharzt zu besuchen.
Lese-Tipp: Machen Sie den Test: Wie hoch ist Ihr Allergie-Risiko?
Allergikern können außerdem die folgenden Tipps vom Allergologen helfen:
Ist der Pollenflug hoch, kann vor dem Schlafengehen eine Dusche die Pollen vom Körper spülen.
Die Anwendung einer Nasendusche spült die Pollen aus der Nase und den Nasennebenhöhlen heraus.
Das Schlafzimmerfenster sollte während der Nacht geschlossen bleiben: Nur Stoßlüften ist bei Allergikern in der Allergiezeit erlaubt.