„Hat mich letztlich vor vielen Dummheiten bewahrt”Sein geliebter Sport holte MMA-Star Kerim Engizek von der schiefen Bahn

RTL goes MMA!
Der Düsseldorfer Kerim Engizek will am 12. Oktober Geschichte schreiben. Beim größten MMA-Event auf deutschem Boden kann er seine Karriere mit dem Titel krönen. Im Exklusiv-Interview blickt er auf seine bewegte Kindheit zurück.
Kerim Engizek schielt auf den Titel im Mittelgewicht
Für Kerim Engizek ist Mixed Martial Arts mehr als nur ein Sport. Für den 33-Jährigen aus Düsseldorf war es ein Ausweg. Nach einer schwierigen Kindheit fand er erst übers Boxen und später über MMA eine Perspektive und Struktur im Leben. Nun will er selbst ein Vorbild für jüngere Generationen sein und steht vor dem größten Kampf in seiner Karriere.
Engizek wird bei Oktagon 62 gegen Patrik Kincl um den Titel im Mittelgewicht kämpfen. Das historische Event mit rund 60.000 Zuschauern im Frankfurter Stadion wird exklusiv auf RTL+ zu sehen sein (im Premium Monats-Abo ab 8,99 Euro).
Engizek hält unheimliche Siegesserie
Die Kulisse ist für ihn allerdings kein großes Problem. „Ich mache mich da selbst nicht verrückt. Letztes Mal waren es 20.000 in Köln, jetzt sind es 60.000 Zuschauer“, sagt Engizek im Interview mit RTL. Er blende das teilweise aus. Genießen würde er dagegen den Einlauf in eine Arena und die Euphorie des Publikums. „Du musst das lieben. Ganz einfach. Und ich komme darauf gut klar. Auf diesen ganzen Druck. Aber sobald der Kampf beginnt, beginnt der Tunnelblick. Die letzte war auch die bitterste Niederlage“
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Für den türkischen Kämpfer wird Kincl der „stärkste Gegner seiner Karriere“. Als Allrounder beschreibt er den Tschechen, der bei Oktagon gewichtsklassenübergreifend als bester Kämpfer der Organisation gelistet ist. „Er ist sehr erfahren und hat bereits Kämpfe über fünf Runden absolviert. Ich noch nie. Da hat er vielleicht Vorteile, aber das wird ihm am Ende nichts bringen.“ An Selbstvertrauen sollte es dem Düsseldorfer auch nicht fehlen. Er ist seit 14 Profikämpfen ungeschlagen, die Serie dauert nun schon mehr als zehn Jahre an. Dazu hat er 17 seiner 20 Siege vorzeitig geholt. Eine unheimliche Serie.
Ob er sich an seine letzte Niederlage gegen Rafal Lewon erinnern kann? „Natürlich“, sagt Engizek. „Die letzte war gleichzeitig auch die bitterste Niederlage. Das war auch gut so, dass es damals passiert ist”, erklärt er. Sonst hätten sich viele Sachen nicht geändert. Er habe daraus gelernt. Sein Gegner habe damals drei Runden mit ihm gerungen und die damalige Schwäche Engizeks ausgenutzt.
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„Ich dachte einfach, ich haue jeden K.o. Das war naiv von mir, schließlich heißt es Mixed Martial Arts. Der Ringer hat natürlich seine Stärken ausgenutzt und mich drei Runden am Boden gehalten. Von da an habe ich mir gesagt: Jetzt gehe ich regelmäßig zum Ringen und arbeite an meinen Schwächen.“
Kampfsport rettete ihn von der Straße
Dass der Sport ein enormes Potenzial hat, den Charakter junger Menschen positiv zu beeinflussen, hat der 33-Jährige selbst erlebt. Nachdem er mit seinem Bruder im Kinderheim groß geworden und Teil einer Jugendbande war, fand er über Kampfsport den Weg in ein geordnetes Leben.
„MMA hat mich letztlich vor vielen Dummheiten bewahrt“, sagt Engizek rückblickend. „Daher ist es mein Ziel, gerade dem Nachwuchs und den Jugendlichen ein gutes Vorbild zu sein. Ich hatte keine einfache Vergangenheit. Und hätte ich jemanden als Mentor gehabt, wäre ich dankbar gewesen. Jetzt will ich ein gutes Vorbild sein. Den jungen Leuten zeigen, dass es einen Weg runter von der Straße gibt und man ein diszipliniertes, anständiges Leben führen kann.“
Ein Vorbild in Deutschland und der Türkei
Engizek hat sich in den vergangenen Jahren eine große Fanbase in Deutschland und der Türkei aufgebaut. „Das positive Feedback und diese Anerkennung sind riesig geworden“, sagt er. Auch wenn der Sport in der Türkei noch nicht so groß und gut strukturiert sei wie in Deutschland, würde man auch in der Türkei mitbekommen, wenn ein Engizek-Kampf ansteht. „Es gibt dort kleinere Veranstaltungen, aber Deutschland ist da etwas voraus. Jetzt entwickeln sich in der Türkei erst die guten Kämpfer, aber ich bin sicher, dass wir bald viele aus der Türkei sehen, die es auch was auf dem Kasten haben.“
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Aber auch in Deutschland sieht er noch Potenzial, dass der Sport ein neues Level erreicht. Der Streaming-Deal von Oktagon und RTL sei da der nächste Schritt. „MMA ist in Deutschland zwar schon angekommen, aber es sollte wie das klassische Boxen auch um 20 Uhr im Fernsehen übertragen werden dürfen. Es ist eine harte Sportart, aber auch die komplexeste der Welt. Viele vergessen oft, dass es nicht einfach nur Brutalität und Köpfe einschlagen ist. Da gehört viel, viel mehr dazu. Du musst alle Kampfsportarten beherrschen, du musst Ringen, Kickboxen, Boxen. Aber wir sind schon auf einem sehr, sehr guten Weg.“
Nur die Darstellung der Protagonisten stört ihn. Das sei oft zu oberflächlich. „Von außen wird das immer so dargestellt: Das sind nur Asoziale und Schlägertypen. Das ist aber nicht der Fall”, sagt Engizek. „Das sind ganz vernünftige, anständige Jungs. Ich trainiere im UFD mit Chemikanten und Jura-Studenten - da ist alles dabei.” Natürlich gebe es auch Leute, die eine Vergangenheit haben, aber daraus etwas Positives gemacht haben. Das ist das Wichtigste, dass man zeigen kann, okay, es geht auch anders. Es gibt nicht nur einen Weg.”
Und Engizeks Weg an die Spitze von Oktagon dürfte da ein schillerndes Beispiel sein - dafür muss er nur eins tun: seine unheimliche Serie im Käfig fortsetzen.