Mögliche Gefahr für schwerkranke Kinder„Vollkommen irre!“ Pizzabote liefert Essen ohne Schutzkleidung auf Kinderstation der Charité

Keime auf einer Station mit schwerkranken Kindern? Das kann im schlimmsten Fall tödlich enden.
Um die immungeschwächten Patienten bestmöglich zu schützen, müssen sich Klinikpersonal und Besucher an entsprechende Hygienemaßnahmen halten. Das wird auch Undercover-Reporterin Anna bei ihrem Einsatz auf der Mukoviszidose-Station in der Charité Berlin erklärt. Wer ein Zimmer betritt, auf dem ein schwerkrankes Kind liegt, muss einen Schutzkittel und eine Maske tragen. Eigentlich. Denn wie Anna beobachtet, scheint diese Regelung nicht für einen Pizzaboten zu gelten. Dieser trägt das Essen in seiner Straßenkleidung durch die Station – offenbar direkt in ein Patientenzimmer.

Auf Mukoviszidose-Station liegen Kinder mit schweren Erkrankungen

Während ihres Pflegepraktikums auf der Mukoviszidose-Station in der Charité Berlin beobachtet Undercover-Reporterin Anna, wie ein Pizzalieferant Essen auf ein Patientenzimmer liefert. Auf der Station, auf der Kinder mit schweren Atemwegserkrankungen sowie teilweise auch Krebspatienten liegen, marschiert der Bote bepackt mit Pizzakartons und ohne Schutzkleidung offenbar direkt in eines der Patientenzimmer.

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Kurz vorher erklärt eine Pflegerin Anna noch, dass sie unbedingt einen Kittel tragen müsse, wenn sie beispielsweise ein Zimmer betrete, auf dem ein Kind mit extrem ansteckendem Keuchhusten liege. Gilt diese Vorgabe hier etwa nicht für Pizzalieferanten? Denn zum einen kann er so Keime zu den Patienten tragen und zum anderen Keime mit nach draußen nehmen – zum nächsten, der Essen bestellt.

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„Eigentlich muss er sich, wenn er reingeht, einen Kittel anziehen und Maske”

Anna fragt beim Pflegepersonal nach: „Können die da so einfach rein?“ „Ja, manchmal bestellt man ja auch als Stationsteam Essen”, erklärt eine Pflegerin. „Ich dachte wegen Isolation?“, fragt unsere Reporterin noch einmal genauer nach. „Ach so, das weiß ich auch nicht, wie der das unter sich ausmacht. Eigentlich muss er sich, wenn er reingeht, einen Kittel anziehen und Maske. Aber ich glaube nicht, dass er das macht”, so die Pflegerin weiter.

Reporterin Anna hat den Eindruck, dass das Bewusstsein hier dafür fehle, dass dieses Verhalten in irgendeiner Form ein Infektionsrisiko mit sich bringen könne: „Dass da einfach jemand in Kontakt mit Krankheiten kommt oder bei Patienten ins Zimmer geht, die halt echt geschützt werden müssen.”

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„Untragbar, dass ein Lieferketten-Mitarbeiter dann in ein infektiöses Zimmer reingeht”

Für Dr. Ruth Hecker, Vorsitzende des Aktionsbündnisses Patientensicherheit e.V. (APS), ist es „untragbar, dass ein Lieferketten-Mitarbeiter dann in ein infektiöses Zimmer reingeht. (...) dass er Türklinken anfasst, dass er Keime für sich mit rausträgt, aber auch Keime verbreitet, indem er dann wieder durchs Haus läuft und auch in seinem Auto und so weiter weitergibt.”

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Auch Dr. Bernd Hontschik, jahrelang Oberarzt an der Chirurgischen Klinik am Städtischen Krankenhaus Frankfurt am Main, zeigt sich schockiert, als er die Aufnahmen sieht: „Das bakterielle Spektrum, was sozusagen überall hier ist, das hat auf dieser Station nichts zu suchen. Und wenn man das zulässt, dass es eingeschleppt wird, erhöht man noch weiter die Gefahr für die betroffenen Kinder, in eine Situation zu kommen, wo ihre Abwehr nicht mehr ausreicht, um das zu beherrschen. Vollkommen irre.

Die Charité sagt dazu, dass die Behauptung, dass Essenslieferanten ohne Anweisung hinsichtlich der erforderlichen Schutzmaßnahmen die Patientenzimmer betreten dürfen, unzutreffend sei.

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stern Investigativ: Ein krankes Haus – Inside Charité auf RTL+

Die ganze Reportage „stern Investigativ: Ein krankes Haus – Inside Charité“ könnt ihr nach TV-Ausstrahlung auch jederzeit auf RTL+ streamen. (akr)