Kann ich vom Binge-Watching krank werden?

Arzt-Serie gesuchtet und plötzlich krank! Psychologe erklärt den Nocebo-Effekt

Junge Frau sitzt krank auf der Couch.
Folge für Folge der Lieblingsserie suchten - das kann uns tatäschlich krank machen!
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Kann mich meine Lieblingsserie krank machen?
Scrubs, Grey’s Anatomy, Club der roten Bänder: Unzählige Serien beschäftigen sich intensiv mit Krankheiten und Arztbesuchen. Doch wenn wir uns Folge für Folge mit Krebs, Grippe und Co. beschäftigen, können wir dann selbst Krankheitssymptome entwickeln – echte wie eingebildete?

Die Lieblingsserie kann körperliche Schmerzen auslösen!

Stellt euch vor, ihr suchtet gerade eine neue Serie, in der sich viel um Nesselsucht dreht. Am nächsten Morgen wacht ihr auf und habt einen roten Ausschlag an Armen und Beinen! Genau das hat eine RTL-Kollegin kürzlich erlebt. Und tatsächlich können wir von unserer Lieblingsserie krank werden, wenn wir uns stark mit einem Thema identifizieren, das darin behandelt wird, erklärt Psychologe Michael Thiel gegenüber RTL.

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„Menschen können Symptome empfinden, die real fühlbar, aber nicht körperlich messbar sind“, sagt er. Diese sogenannten funktionellen Symptome können körperliche Reaktionen hervorrufen wie Juckreiz, Übelkeit, Herzrasen oder auch Schmerzen.

„Man spricht hier oft vom Nocebo-Effekt“, so der Psychologe, „dem negativen Gegenstück zum Placebo. Wenn man Informationen über eine Krankheit aufnimmt, zum Beispiel durch eine Serie, kann allein die Erwartung oder Vorstellung dazu führen, dass Symptome auftauchen.“

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Was passiert bei Nocebo-Effekt im Gehirn?

Das hänge mit vier verschiedenen Verarbeitungsprozessen im Gehirn zusammen:

  1. Spiegelneuronen: Sie lassen uns körperlich mitfühlen, was wir bei anderen beobachten, zum Beispiel, wenn jemand niest.

  2. Konditionierung: Wenn man bestimmte Symptome oder Situationen oft genug sieht oder erlebt, kann das Gehirn diese mit realem körperlichen Erleben verknüpfen.

  3. Aufmerksamkeitslenkung: Der Fokus auf körperliche Empfindungen kann Symptome verstärken oder überhaupt erst bewusst machen.

  4. Emotionale Aktivierung: Serien lösen oft starke Emotionen aus – Angst, Ekel, Empathie –, die körperliche Prozesse triggern, darunter Hautreaktionen oder Stresshormone.

Vor allem, wenn man eine Serie binge-watche und sehr in die Geschichte „eintauchen“, können so die Grenzen zwischen Realität und Fiktion verschwimmen, erklärt Thiel. Dafür muss man übrigens nicht hypochondrisch veranlagt sein.

„Manche Menschen sind suggestibler als andere, zum Beispiel Personen mit hoher Empathie, Angststörungen oder starker Selbstbeobachtung“, so Thiel. „Auch Stress oder Schlafmangel senken die Reizschwelle.“ Aber gerade in emotional aufgeladenen Situationen könne es jeden betreffen.

Unsere Gedanken können uns auch wieder gesund machen!

Die gute Nachricht: Unsere Lieblingsserie kann uns nicht nur krank machen, sie kann uns auch gesund machen – oder zumindest bewirken, dass wir uns besser fühlen. „Das ist die Placebo-Seite“, so Thiel. „Der Glaube, dass etwas hilft oder wirkt, kann tatsächlich körperliche Prozesse auslösen.“ Dann lassen Schmerzen nach, weil man glaubt Hilfe zu bekommen. Oder das Immunsystem wird aktiviert.

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Das bestätigt auch Mediziner Dr. Christoph in einem Gespräch mit RTL 2024. Man spreche in diesem Fall von der Psychoneuroimmunologie. Heißt, wer sich regelmäßig gute Gedanken mache und dem Immunsystem signalisiere, dass es jetzt eine Stärkung bekomme, helfe sich wirklich. Das sei sogar messbar.

Bei besagter RTL-Kollegin handelte sich am Ende vermutlich um eine allergische Reaktion auf ein Medikament und nicht um eine durch eine Serie induzierte Nesselsucht. Doch egal ob eingebildete oder echte Symptome, die Psyche kann durch Serien, Bücher und Gespräche stark beeinflusst werden. „Sie kann Symptome erzeugen, lindern oder sogar das Verhalten verändern, ohne dass wir es immer bewusst merken“, sagt Thiel. Das könne sowohl problematisch als auch hilfreich sein – je nachdem, was wir uns eben vorstellen.

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