Bilder, die an ein Flüchtlingscamp erinnern. „Aber das ist auch Ibiza. Das ist die andere Seite.“
Tagsüber arbeiten Sie im Luxus, nachts schlafen sie in Slums. Die Altstadt von Ibiza ist für die Saisonarbeiter zum Greifen nah, und doch unerreichbar. Sie kommen aus Lateinamerika und Nordafrika, um das wenige Geld, das sie verdienen, in die Heimat zu ihrer Familie zu schicken. Die Hitze in den Zelten und Holzverschlägen ist kaum auszuhalten. Strom gibt es nicht, Duschen und Toiletten auch nicht. Mohammed, der nicht wirklich so heißt, möchte unerkannt bleiben. Wo er arbeitet, frage ich. „Im Hotel Bonito.“
Schöne Menschen, exklusiver Lifestyle, alles im Vintagelook. Das Hotel, in dem
Mohammad in der Wäscherei arbeitet, suggeriert im offiziellen Werbevideo einen Urlaub aus guten, alten, unbeschwerten Zeiten. Das hat seinen Preis: Ein Doppelzimmer im
Bonito Hotel kann in der High Season gerne mal mehrere hundert Euro kosten pro Nacht.
„Wieviel zahlt man dir pro Stunde?" - „Das weiß ich nicht genau, es sind aber glaube ich neun oder zehn Euro.“
„Und warum lebst du nicht in einer Wohnung.“ - „Es gibt keine. Oder sie sind viel zu teuer.“
Mohammad ist nicht der Einzige, den sie tagsüber in der schicken Welt brauchen, und der abends zurückkehrt in den Staub am Stadtrand.
Wir zeigen den Gästen, wo einige von denen leben, die sich im Hotel um ihr Wohlbefinden kümmern. Wie reagieren sie?
Schlangestehen auf Ibiza – nicht, um in den Club zu kommen, sondern vom Flughafen mit dem Taxi ins Hotel. Es ist absolute Hochsaison, das habe ich schon an den Hotelpreisen gemerkt. Nur mit Ach und Krach konnte ich kurzfristig noch ein Zimmer bekommen. 230 Euro pro Nacht zahle ich, und kriege dafür nicht mal ein Doppelbett. Ibiza war schon immer teuer, aber muss es unbedingt 40 Euro für die Pizza mit Büffellmozarella sein? Mein erster Eindruck: Es fehlt die Verhältnismäßigkeit. Nicht jeder schippert mit Privatschiff und Blankochecks ein.
Aber selbst was manch ein Partytourist an EINEM Tag auf den Kopf haut, reicht anderen für einen ganzen Urlaub. „Cash burn rate ist immer so 800 Euro pro Tag.“
Ibiza war mal eine Insel. Heute ist es eine Marke, geschmückt mit Stars wie Naomi Campbell.
Dass Eintritte ein Vermögen kosten, gehört auf Ibiza dazu. Dass Einheimische sich aber
den Restaurantbesuch nicht mehr leisten können, ist neu.
Auf der Insel weht ein neuer Wind, berichten mir Deutsche, die Ibiza seit 20 Jahren kennen. Der
Niederbayer Defex produziert hier House-Musik, im Sommer legt er regelmäßig in
Ibizas Top-Adressen auf. Immobilienmaklerin Nina Negru verkauft Anwesen wie diese Zehn-
Millionen-Euro-Villa, lebt selbst aber zur Miete in einem Reihenhaus.
Die Wohnungsnot nimmt zum Teil absurde Ausmaße an. Dieses Schlafzimmer ist eigentlich ein
Restaurant. Wer sich hier einmietet, pennt neben dem Herd. Ein anderes Instagramvideo
erinnert daran, dass Schimmel nicht nur Lebensmittel befällt. Heruntergekommen, und doch unbezahlbar für die Menschen aus den Vorstadtbaracken. Dabei müssten sie gutes Geld verdienen, immerhin können Übernachtungen in Hotels wie diesem, in dem einer Männer aus dem Slum arbeitet, so viel kosten wie eine Monatsmiete.
„Diese Zimmerkategorie ist preislich am günstigsten. Sie hat keinen Blick auf die Party." - "Das sind fast 1.000 Euro pro Nacht oder?“ - „Ja, genau!“
Ob die Gäste des Luxushotels wissen, wie das Zuhause mancher Angestellter aussieht?
„Das ist schockierend! Wir geben hier soviel Geld aus, und dann sowas!“
Zwar zahlen die Hotels Gehälter, trotzdem sieht Immobilienmaklerin Nina die Hotels ganz klar in der Verantwortung.
Wir haken bei den Hotels nach. Das Bonito-Hotel, in dem Mohammad arbeitet, teilt mit:
"Die Gehälter, die wir zahlen, liegen über den gesetzlichen Tarifverträgen. In einigen Fällen bieten wir Angestellten Unterkünfte an und Leistungen, die über ihr Gehalt hinausgehen."
Das erklärt auch das Hotel Ushuaia. Obwohl die Wohnsituation der Mitarbeiter Privatsache sei,
wäre man besorgt. Das Hotel hätte nicht gewusst, dass einige Angestellte hier leben würden.
Immerhin tut sich etwas: Nach Jahren, in denen auf Ibiza nur Luxus-Immobilien gebaut wurden, hat man gemerkt, dass die, die für die Reichen arbeiten, auch irgendwo leben müssen. Der soziale Wohnungsbau nimmt langsam Fahrt auf, dazu soll die Kurzzeitvermietung von privaten Wohnungen an Touristen stärker reguliert werden. Bis die Menschen aus den Slums endlich wie Menschen leben können, wird es aber dauern.