Für viele das neue Normal?

Sexuelle Gewalt durch Würgen nimmt dramatisch zu – Experten schlagen Alarm!

ARCHIV - 22.01.2018, Berlin: ILLUSTRATION - Ein Mann und eine Frau liegen im Bett. Die Deutschen haben immer weniger Sex. Das geht zumindest aus der repräsentativen Studie «Freizeit-Monitor 2019» hervor, die am 10.09.2019 vorgestellt wird. (zu dpa "Studie: Deutsche haben immer weniger Sex - Mehr Freizeit-Stress") Foto: Christophe Gateau/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Immer mehr Menschen drücken ihrem Partner beim Sex die Luft ab.
cgt sab, dpa, Christophe Gateau

„Er hat mich gewürgt, ohne zu fragen.”
Das berichtet eine 26-jährige Britin. Sie schläft zum ersten Mal mit dem Mann − einvernehmlich − als er plötzlich seinen Unterarm auf ihren Hals legt und zudrückt − nicht einvernehmlich. Ihr Erlebnis ist kein Einzelfall. Eine Studie zeigt: Für viele gehört Würgen mittlerweile zum Sex dazu.

„Ganz normaler Teil des Sex”?

„Ich habe nicht das Bewusstsein verloren, aber ich war wie betäubt und habe nur darauf gewartet, dass es aufhört”, berichtet die 26-jährige Britin der BBC. Wenig später macht sie mit einem anderen Mann eine ähnliche Erfahrung. „Es hat sich angefühlt, als würden sie denken, dass es ein ganz normaler Teil des Sex ist.” Die junge Frau, die lieber anonym bleiben möchte, hat eine Theorie, wieso immer mehr Männer würgen: Sie eifern dem nach, was sie in Pornos gesehen haben. Damit liegt sie nicht falsch.

Vorbild Pornografie

Eine Untersuchung der britischen Regierung hat gezeigt, dass Pornos, in denen gewürgt wird, weitverbreitet sind. Dadurch bahnt sich das sexuelle Abdrücken der Luft immer mehr einen Weg in das Liebesleben vieler Menschen. Der Einfluss der Pornografie hat dazu geführt, dass Würgen beim Sex zum „Standardverhalten“ geworden ist, erklärt Prof. Hannah Bows vom Centre for Research into Violence and Abuse der Durham University der BBC.

„Was wir in den letzten zehn bis 15 Jahren gesehen haben, ist, dass es zu einer verherrlichten, fantasierten und gefeierten Form der ‚normalen‘ sexuellen Begegnung geworden ist“, sagt sie. Das gilt insbesondere für junge Menschen.

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35 Prozent wurden beim Sex schon gewürgt

Am häufigsten wird dem Sexpartner in der Altersgruppe der 16- bis 34-Jährigen die Luft zum Atmen geraubt, belegt eine aktuelle Umfrage der Organisation Institute For Addressing Strangulation. 35 Prozent aller Befragten wurden demnach schon einmal beim Sex von ihrem Partner gewürgt, 17 Prozent davon gegen ihren Willen. Mehr Frauen als Männer haben diese Erfahrung gemacht.

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Auch wenn die Praktik die sexuelle Lust intensivieren soll, bringt sie ernstzunehmende gesundheitliche Risiken mit sich: Durch das Würgen sinkt der Sauerstoffgehalt im Körper, Kohlenstoffdioxid nimmt dafür zu. Menschen können dadurch das Bewusstsein verlieren, im schlimmsten Fall aber auch Hirnschäden davontragen oder sogar sterben.

In Deutschland ist Würgen beim Sex ohne ausdrückliche Einwilligung beider Sexpartner strafbar. Selbst mit Einwilligung gibt es rechtliche Grenzen. (xas)