Unfallfahrer Michael L. (43) muss zwei Jahre ins GefängnisVor der Abfahrt trinken sie noch Shots, danach rasen drei junge Menschen in den Tod

Der Unfall ereignete sich kurz nach zwei Uhr in der Nacht auf der Landstraße zwischen Naumburg und Schönburg. (Archivbild)
Der Unfall ereignete sich kurz nach zwei Uhr in der Nacht auf der Landstraße zwischen Naumburg und Schönburg.
David Breidert/dpa
von Frieder Schlögl und Gizem Schumann

„Ich habe gemerkt, wie Blut auf meinen Kopf tropft.“
Ein einziger Moment hat das Leben von vielen Menschen für immer verändert. Die Nacht auf Montag (1. Juli) kostete drei junge Seelen das Leben – auf einer Landstraße im Süden von Sachsen-Anhalt. Der betrunkene Fahrer, der für den Unfall verantwortlich ist, muss jetzt für seine Taten zwei Jahre hinter Gittern.

Auto stürzt Abhang hinunter und prallt mit Dach gegen Baum

In dem gut besuchten Gerichtssaal von Naumburg herrscht am Donnerstag (13. März) eine gedämpfte, angespannte Stimmung. Der Angeklagte, Michael L., wird der fahrlässigen Tötung in drei Fällen beschuldigt.

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In der Sommernacht im Juli sitzen insgesamt fünf Menschen in dem Unfallauto. In einer Kurve kommt der Wagen des Angeklagten von der Fahrbahn ab und stürzt einen Abhang hinunter und prallt mit dem Dach gegen einen Baum. Für zwei 19-jährige Frauen und einen 21-Jährigen kommt jede Hilfe zu spät. Der betrunkene Unfallfahrer und eine Beifahrerin (18) überleben den Horror-Crash leicht verletzt.

Michael L. möchte sich „in aller Form entschuldigen“ und sein „Bedauern ausdrücken“, heißt es vor Gericht. In einem Entschuldigungsschreiben an die Familien heißt es, er sei „zutiefst beschämt“ über seine Tat und übernehme „die volle Verantwortung“.

Vor Gericht erinnert sich der 43-Jährige an die Nacht des Unfalls. „Die Stimmung im Auto war gut, aber nicht ausgelassen, wir haben Musik gehört“, sagt er. Doch dann nimmt das Unheil seinen Lauf. Der Angeklagte habe die Kurve „relativ spät wahrgenommen“.

„Ich habe mich überschätzt und die Situation unterschätzt“

Nach dem Unfall sieht Michael L. die drei Insassen auf der Rückbank nicht mehr. „Ich habe mich nach hinten gelehnt und gemerkt, wie Blut auf meinen Kopf tropft“, erzählt er. Der 43-Jährige und seine Beifahrerin sind angeschnallt, die drei Insassen auf der Rückbank nicht. Ein Alkoholgutachten ergibt einen Mindestwert zwischen 0,98 und 1,16 Promille. „Ich habe mich überschätzt und die Situation unterschätzt“, lauten die letzten Worte des Angeklagten am Donnerstag.

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Arabella P., die 19-jährige Beifahrerin, sagt ebenfalls am Donnerstag vor Gericht aus. Sie hätten auf dem Kirschfest „bisschen was getrunken“. Laut ihrer Wahrnehmung war keines der drei Opfer angeschnallt. „Circa eine halbe Stunde vor Abfahrt gegen 1 Uhr haben alle Insassen zusammen einen Shot Pfeffi getrunken“, erinnert sie sich.

Angeklagter Michael L. (l.) am Donnerstag vor Gericht mit seinem Anwalt.
Angeklagter Michael L. (l.) am Donnerstag vor Gericht mit seinem Anwalt.
RTL

Michael L. ist betrunken Auto gefahren und hat das Leben der Mitfahrer riskiert. „Der Angeklagte steht hier vor Gericht wegen Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit fahrlässiger Tötung in drei Fällen“, erklärt Hans-Jürgen Neufang, Oberstaatsanwalt in Naumburg. Die Staatsanwaltschaft forderte zwei Jahre und drei Monate Haftstrafe, um damit das richtige Signal zu setzen. Die Verteidigung hatte für eine angemessene Strafe in Bewährungshöhe plädiert. Das Fehlverhalten von Michael L. sei eindeutig, aber strafrechtlich sei er bisher nicht in Erscheinung getreten, zudem habe er seit dem Unfall keinen Alkohol mehr getrunken.

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Hinterbliebene hofften auf bisschen Gerechtigkeit

Michael L. muss jetzt zwei Jahre ins Gefängnis. Außerdem wird ihm die Fahrerlaubnis entzogen. Das Urteil bedeute für die Hinterbliebenen sehr viel, betont Nebenklagevertreter Timo Weber noch vor dem Prozess im Gespräch mit RTL. Der Anwalt vertritt den Vater von Leonie S. (19). Sie, Greta H. (19) und Laurenz T. (21) starben noch am Unfallort. Leonies Vater hoffte auf eine gerechte Strafe nach dem Tod seines Kindes.

„Ihm ist vor allem wichtig, dass heute ein Urteil gefällt wird, im Namen des Volkes, weil tatsächlich auch ein wenig Vertrauen verloren gegangen ist“, sagt der Anwalt der Familie. „Eine vollkommene Gerechtigkeit wird es nicht geben, aber dass zumindest ein wenig Gerechtigkeit im Urteil sich niederschlägt.“