„Ich war entsetzt”Lehrerin 700 Gramm zu schwer, um verbeamtet zu werden

Hessen will künftig auch Lehrerinnen und Lehrer mit nur einem Unterrichtsfach einstellen. (Archivbild)
Mit 77 Kilogramm wiegt Anke offenbar zu viel für den Staatsdienst.
Julian Stratenschulte/dpa

Statt für eine Diät entscheidet sich die Lehrerin für eine Klage.
Als Anke (42) das Gutachten des Amtsarztes liest, kann sie es kaum fassen: Ihr Body-Mass-Index ist zu hoch! Gerade einmal 700 Gramm sollen sie davon abhalten, verbeamtet zu werden. Dabei ist die Deutsch- und Englischlehrerin alles andere als dick.

Lehrerin gilt als adipös

Anke ist 42 Jahre alt und unterrichtet Deutsch und Englisch an einer Brandenburger Gesamtschule, berichtet der Spiegel. Sie sei dort Vertrauenslehrerin. Ihr Staatsexamen schließt sie mit 1,2 ab. Beste Voraussetzungen für eine Verbeamtung dachte Anke zumindest. Aber laut eines Gutachtens des Amtsarztes wiegt sie zu viel für den Staatsdienst.

Die Lehrerin ist alles andere als dick, doch ihr BMI ist zu hoch. Wegen ihrer Größe von 1,60 Metern liegt er über 30. Sie gilt also als übergewichtig. Die Frau sei „vom Glauben abgefallen”, als sie das Gutachten gelesen habe, erzählt sie vor Gericht. „Es fühlte sich an, als ob der Wert einer Lehrkraft nicht wichtig sei.”

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Sie will gegen Schönheitsideale kämpfen

Abspecken ist für Anke keine Option. „Seit ich pädagogisch arbeite, versuche ich Jugendliche darin zu bestärken, einen gesunden Umgang mit ihrem Körper zu finden, Schönheitsideale und Körpermaße sind ein hochsensibles Thema für sie”, sagt sie. Denn für sie sei es nicht wichtig, wie jemand aussieht. Deshalb entscheidet die 42-Jährige, vor das Verwaltungsgericht in Potsdam zu ziehen und ihre Verbeamtung einzufordern.

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Den Gesundheitsaspekt könne sie gut nachvollziehen, berichtet der Spiegel weiter. Damit die Kosten für den Staat im Falle einer Dienstunfähigkeit nicht ins Unermessliche steigen, werde vor der Verbeamtung ein Gesundheitscheck durchgeführt. Doch der BMI sei hierbei völlig irrelevant, findet die Lehrerin. Schließlich berücksichtige er weder die Statur noch den Muskelanteil der Person. Zudem kann die Frau dem Gericht Untersuchungen ihrer Hausärztin vorlegen, die beweisen, dass sie an keinerlei Herz-Kreislauf-Erkrankungen leide und gute Blutwerte vorweise.

Anke hat das Recht auf ihrer Seite

2013 hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden: Gesundheitlich ungeeignet ist nur, wer mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor der Pension dienstunfähig wird. Das Gericht Potsdam findet: Ein erhöhter BMI allein reicht dafür nicht aus. Außerdem sei das Gutachten des Amtsarztes zu allgemein und ungenau in Bezug auf Ankes Gesundheitszustand. Also wird entschieden, dass das Land Brandenburg Anke so schnell wie möglich auf Lebenszeit verbeamten soll. Ein paar Wochen später hält sie bereits die Urkunde in der Hand. Am Ende hat sie ihr Ziel also erreicht – auch wenn der Gang vor das Gericht sicherlich kein leichter war. (jjä)