„Das ist so gefährlich!”SO erlebte der Vater (52) von „White Tiger” seinen Sohn

Der 20-Jährige Hamburger soll unter dem Namen „White Tiger” Jugendliche über das Internet gequält haben. (Symbolbild)
Der 20-Jährige Hamburger soll unter dem Namen „White Tiger” Jugendliche über das Internet gequält haben. (Symbolbild)
Nicolas Armer/dpa

Schlau, ambitioniert, das Leben noch vor sich!
So hätten die Eltern aus Hamburg ihren Sohn wohl beschrieben, bevor sie erfuhren, dass er ein mutmaßlicher Internet-Verbrecher ist. Der 20-Jährige soll aus seinem Kinderzimmer heraus unvorstellbare Taten im Netz verbreitet und gefördert haben. In einem Interview gibt sein Vater Einblicke in das Familienleben.

Familie von „White Tiger” psychisch am Ende

Die letzten Tage müssen für die Familie des selbst ernannten „White Tiger” die Hölle gewesen sein. Gab es wirklich keine Anzeichen, dass der eigene Sohn und Bruder zu solchen grausamen Verbrechen fähig sein könnte? Aus dem schicken Elternhaus in Hamburg-Marienthal heraus soll der 20-jährige Deutsch-Iraner etwa 120 Straftaten begangen haben. Darunter Anstiftung zum Suizid, Selbstverletzung und Kinderpornografie.

Im Interview mit der Hamburger Morgenpost soll sein Vater einen sehr emotional aufgewühlten Eindruck gemacht haben. Immer wieder soll er in Tränen ausgebrochen sein. Der eigene Sohn: In seinen Augen schlau, ehrgeizig, ambitioniert. Aber in seiner Freizeit soll eben dieser junge Mann Verbindungen zu der Gruppe 764 gehabt haben, die in den USA als terroristisches Netzwerk eingestuft ist. Der Student soll sogar einer der Köpfe der pädokriminellen Gruppe im Internet sein, seine Opfer in Foren gezielt ausgesucht haben. Was denkt der 52-Jährige? Wie konnte es mit seinem Sohn so weit kommen?

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Die Corona-Pandemie soll ihren Sohn verändert haben

In dem Morgenpost-Interview berichtet der Vater, durch die Shutdowns während der Pandemie sei sein Sohn nicht mehr so aktiv gewesen, er habe immer mehr am Computer gesessen. Zwar sei den Eltern bewusst gewesen, dass ihr Sohn gerne Spiele wie „Call of Duty” zockte. Dass er aber nachts im Internet Kinder auf der ganzen Welt quälen könnte, darauf wäre sein Vater nie im Leben gekommen. Die Eltern können ihren Sohn also nicht wirklich gekannt haben, so scheint es zumindest. Sie sahen das Gute in ihm: Der junge Mann machte 2024 sein Abitur, spielte Tennis und Schach und hatte Freunde, erzählt der Vater der Zeitung. „Er ist so ein intelligenter junger Mann, ist an allem interessiert, ist unglaublich gebildet. Er war immer schon wissbegierig. Er weiß beispielsweise alles über Afrika. Sie können ihm jede Frage stellen. Zu Israel und dem Judentum weiß er auch alles”, so der 2013 nach Deutschland gezogene Iraner über seinen Sohn.

Auf die Frage, ob er denn glaubt, dass sein Sohn diese Taten begangen hat, sei laut Hamburger Morgenpost keine Antwort gekommen. Stattdessen sei der Mann wieder in Tränen ausgebrochen. Die Schuld sehe er auch im deutschen System: „Im Iran ist das anders. Da sind böse Seiten abgeschaltet, weil es eine islamische Republik ist. Hier ist alles frei zugänglich. Und das ist so gefährlich. So gefährlich.“ Was sein Sohn im Internet alles getan habe, das wüsste er nicht. Er habe Vertrauen gehabt und sei nie darauf gekommen, die Aktivitäten seines Sohnes zu kontrollieren. Als die Polizei 2022 zum ersten Mal zu seinem Sohn nach Hause kam, war dieser schon volljährig. Deshalb sprach er alleine mit der Polizei. Seinen Eltern soll er nur gesagt haben, dass es um etwas im Internet ging.

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„Er blühte im Studium auf”

Unfassbar stolz seien der 52-Jährige und seine Frau gewesen, als ihr Sohn ein privates Medizinstudium in Hamburg begonnen habe. „Er blühte im Studium regelrecht auf, lernte so viele Menschen aus aller Welt kennen, die Professoren lobten ihn“, sagt er zur Hamburger Morgenpost. Doch dieser Traum zerplatzte im Mai: Schon vor dem Zugriff auf den 20-jährigen Sohn soll die Staatsanwaltschaft die Hochschule des Studenten über die Vorwürfe informiert haben. Er sei daraufhin exmatrikuliert worden. In seinem Freundeskreis soll er gelogen und erzählt haben, dass er abbrechen wollte, danach hatte er sich wohl um einen Platz für ein Jurastudium beworben. Dazu wird es jetzt höchstwahrscheinlich nie mehr kommen. Es ist kaum vorstellbar, wie die Familie in Marienthal je wieder zurück zur Normalität finden soll. (cau)

Hier findet ihr Hilfe in schwierigen Situationen

Solltet ihr selbst von Suizidgedanken betroffen sein, sucht euch bitte umgehend Hilfe. Versucht, mit anderen Menschen darüber zu sprechen! Das können Freunde oder Verwandte sein. Es gibt aber auch die Möglichkeit, anonym mit anderen Menschen über eure Gedanken zu sprechen. Das geht telefonisch, im Chat, per Mail oder persönlich.

Wenn ihr schnell Hilfe braucht, dann findet ihr unter der kostenlosen Telefon-Hotline 0800-1110111 oder 0800-1110222 Menschen, die euch Auswege aus schwierigen Situationen aufzeigen können.