Germanwings-Absturz von Flug 9525 und Fall Émile (†2)Das Dorf der Tragödien – ist Le Vernet verflucht?

Das kleine Dorf Le Vernet liegt im Département Alpes-de-Haute-Provence im Südosten Frankreichs
Das kleine Dorf Le Vernet liegt im Département Alpes-de-Haute-Provence im Südosten Frankreichs
IMAGO/Bestimage

Schauplatz großer Katastrophen.
Nur etwa 120 Einwohner hat Le Vernet, das kleine Dorf im Südosten Frankreichs. Eigentlich ein beschauliches Fleckchen Erde: Es gibt nur wenige, kleine Straßen. Zwei Kirchen: Saint-Martin und Sainte-Marthe, beide erbaut im 19. Jahrhundert. Das gewaltige Bergmassiv der Alpen ist allgegenwärtig. Am Montag (24. März) rückt die Gemeinde wieder in den Fokus des öffentlichen Interesses. Denn dann jährt sich zum zehnten Mal der Absturz der Germanwings-Maschine 4U 9525, die genau hier zerschellte. Nicht der einzige Schicksalsschlag, den die Bewohner in den letzten Jahren verkraften mussten.

Germanwings-Katastrophe jährt sich zum zehnten Mal

epa04684977 Members of the recovery team collect debris and find the second black box as they resume at the crash site of the Germanwings Airbus A320 in the French Alps, above the town of Seyne-les-Alpes, southeastern France, 29 March 2015. Search crews resumed helicopter flights to the remote mountainside where Germanwings Flight 4U 9525 from Barcelona to Duesseldorf crashed after a rapid descent, killing all 150 people aboard on 24 March. EPA/YOAN VALAT +++(c) dpa - Bildfunk+++
Das Flugzeug wird bei dem Aufprall völlig zerstört
dpa, Yoan Valat

Den 24. März 2015 werden die Vernetiers, wie sich die Einwohner nennen, nie vergessen. Mehrere Menschen sehen ein Flugzeug, bevor es in den Bergen zerschellt. „Es gab keinen Rauch, sonst nichts, aber angesichts der Höhe, in der sich das Flugzeug befand, konnte es die Berge nicht überflogen haben, das war unmöglich“, erzählt Sébastien Giroux damals BFMTV. Es sei so schnell gegangen, dass er gar nicht habe realisieren können, was da gerade passiert. Das empfindet auch Eric, ein anderer Augenzeuge so: „Ich habe ihn nur ein paar Sekunden gesehen, nicht länger.” Beide Männer berichten übereinstimmend, wie still sich die Katastrophe abgespielt habe.

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Um 10.41 Uhr rast vor zehn Jahren das Germanwings-Flugzeug mit 150 Menschen an Bord mit 700 Kilometern pro Stunde in ein Bergmassiv in den französischen Alpen. Niemand überlebt. Zu den Opfern gehören 72 Deutsche. Die Ermittler haben keine Zweifel: Der 27 Jahre alte Co-Pilot Andreas Lubitz steuert die Airbus-Maschine an diesem Dienstag absichtlich in die Berge, um sich das Leben zu nehmen. Zu diesem Schluss kommen französische und deutsche Staatsanwälte sowie die französische Behörde für Flugunfälle.

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Co-Pilot Andreas Lubitz steuert Passagiere in den Tod

Die Auswertung der Flugschreiber ergibt, dass Lubitz sich im Cockpit einschließt, nachdem der Pilot auf die Toilette gegangen ist. Anschließend stellt der Co-Pilot die Flughöhe auf nur 30 Meter ein - ein Manöver, das er bereits auf dem Hinflug so kurz getestet hat, dass es nicht aufgefallen war. Als das Flugzeug sich im Sinkflug befindet, erhöhte er mehrfach die Geschwindigkeit. Auf den Tonaufzeichnungen ist zu hören, wie der ausgesperrte Pilot vergeblich versucht, die Tür zu öffnen - und wie Passagiere schreien.

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Die sterblichen Überreste der Passagiere, die niemanden zugeordnet werden können, sind in einem Gemeinschaftsgrab auf dem Friedhof von Le Vernet bestattet worden. Hier treffen sich am zehnten Jahrestag der Katastrophe erneut Angehörige der Opfer, um ihren Liebsten zu gedenken. Auch die Vernetiers werden dann in ihrem Alltag innehalten und sich an die Tragödie erinnern, die ihr Dorf damals wochenlang zum Schauplatz internationaler Berichterstattung werden ließ. Es ist nicht das einzige Mal, dass Le Vernet so in den Fokus der Öffentlichkeit gerät.

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Émile (2) verschwindet im Urlaub bei den Großeltern in Le Vernet

Der kleine Émile aus der französischen Gemeinde Le Vernet ist tot.
Der kleine Émile aus der französischen Gemeinde Le Vernet ist tot.
Privat

Im Juli 2023 kehren Journalisten zurück in das Dorf, als der zweijährige Émile im Urlaub bei seinen Großeltern verschwindet. Einwohner von Le Vernet erzählen BFM DICI, sie hätten das Gefühl, „in einem verfluchten Dorf zu leben“. Die Suche nach dem kleinen Jungen bewegt monatelang Frankreich und die Welt. Das Schicksal des Jungen bleibt ungeklärt, bis am Ostersamstag 2024 eine Wanderin den Schädel des Kindes rund zwei Kilometer entfernt vom Ferienhaus an einem Weiher findet. „Ich wusste, dass er es war”, erzählt Sadia bei BFMTV. Sie sei in Tränen ausgebrochen und traurig gewesen, dass der kleine Junge tot ist.

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Wie der Zweijährige starb, ist bis heute ungeklärt. Kostete ihn ein tragischer Unfall das Leben? Oder hat jemand den kleinen Jungen absichtlich oder unabsichtlich getötet und die Leiche verschwinden lassen? Rund ein Jahr nach dem Auffinden der sterblichen Überreste scheint es eine neue Spur zu geben: Ermittler entdecken nun Blut an dem Blumenkübel, den sie zuletzt vor der Kirche Saint-Martin in Le Vernet in den französischen Alpen beschlagnahmt hatten. Löst diese Spur endlich das Todesrätsel um Émile?

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„Das sind Zufälle des Lebens”

Bereits 2008 erschütterte ein Verbrechen das beschauliche Dorf: Cafébesitzerin Jeannette Grosos wird von einem Kunden brutal getötet. „Eine echte Tragödie für das ganze Dorf, das sich nur schwer davon erholen wird“, sagt Bürgermeister François Balique seinerzeit La Provence. Von einem Fluch will er aber nichts wissen: „Das sind Zufälle des Lebens.” (lha mit dpa)