Ärzte schlagen AlarmTödliche Weltkriegskrankheit breitet sich an ukrainischer Front aus

Die Krankheit galt lange als ausgerottet!
Doch Rettungskräfte in der Ukraine berichten, dass sich der sogenannte Gasbrand immer weiter ausbreitet. Der traurige Grund: Häufig können verletzte Soldaten nicht rechtzeitig medizinisch versorgt werden.
Drohnenangriffe erschweren Evakuierungen im Ukraine-Krieg
„Wir sehen Verletzungen mit Komplikationen, die noch kein Mensch in Kriegszeiten erlebt hat“, erzählt Alex, ein ausländischer, freiwilliger Sanitäter in der ukrainischen Region Saporischschja, dem britischen Telegraph. Russische Drohnenangriffe würden die Evakuierung der zum Teil schwer verletzten Soldaten an der Front fast unmöglich machen − und damit die Ausbreitung der gefährlichen Krankheit befeuern.
„Solche Verzögerungen bei der Evakuierung gab es in den letzten 50 Jahren noch nie – wahrscheinlich seit dem Zweiten Weltkrieg, vielleicht sogar noch länger. Und wir sehen Krankheitsbilder, die wir noch nie zuvor gesehen haben.“
Gasbrand als Erste-Weltkriegs-Krankheit
Gasbrand ist eine bakterielle Infektion, die das Gewebe der Muskeln in tödlicher Geschwindigkeit zerstört. Dabei bilden sich Gasblasen unter der Haut. Erkrankte leiden unter starken Schmerzen, Schwellungen, Verfärbungen des Gewebes und spüren ein Kribbeln, wenn sich das gebildete Gas bewegt. Häufig tritt die Krankheit nach tiefen Verletzungen wie Schuss- oder Explosionswunden auf − insbesondere, wenn sich die medizinische Versorgung danach verzögert. Wie oft auch in der Ukraine.
Historisch wird Gasbrand häufig mit dem Ersten Weltkrieg in Verbindung gebracht: Auch damals starben zahlreiche Soldaten an der Infektion. Denn in den Schützengräben der 1910er Jahre herrschten ebenfalls ideale Bedingungen für die Ausbreitung: nasse, schlammige Umgebungen, schwere Verletzungen und quasi kein Zugang zu ärztlicher Versorgung oder Antibiotika.
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Sterblichkeitsrate von fast 100 Prozent
In der Ukraine kämpfen heute Rettungskräfte wie Alex um das Leben der verwundeten Soldaten − so gut es unter den gegebenen Bedingungen eben gehe: „Wir haben Menschen, die seit Wochen verletzt sind und einfach in unterirdischen Stabilisierungsstationen sitzen, wo wir sie so gut wie möglich am Leben halten.”
Doch häufig seien diese Einrichtungen nicht steril, es fehle an Ausrüstungen und Medikamenten. Sollten Lieferungen doch einmal unterwegs sein, sei nicht sicher, dass diese überhaupt ankämen, da Konvois und Fahrzeuge häufig angegriffen würden.
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„Sie führen sogenannte Schadensbegrenzungsoperationen durch“, sagt Alex über die unterirdisch arbeitenden Ärzte. „Das bedeutet im Grunde genommen, dass sie in den ersten 24 bis 48 Stunden nur die unmittelbarsten, lebensbedrohlichen Verletzungen behandeln.” Dabei bräuchten an Gasbrand erkannte Patienten sofort umfassende medizinische Hilfe: „Es handelt sich um eine extrem lebensbedrohliche Infektion: Unbehandelt liegt die Sterblichkeitsrate bei fast 100 Prozent“, erklärt Dr. Lindsey Edwards, Dozentin für Mikrobiologie am King’s College London, dem Telegraph.
Rettungshelfer: Viele Tode wären vermeidbar
Doch damit nicht genug − noch etwas Weiteres fordert die Helfer heraus: „Eines der größten Probleme, mit denen wir zu kämpfen haben, ist der enorme Anstieg der Antibiotikaresistenz“, berichtet Alex dem Telegraph. Die Ursachen: Zahlreiche kriegsbedingte Verletzungen, erschwerter Zugang zu medizinischen Behandlungen, die häufige Gabe von Breitbandantibiotika − aber auch unvollständige oder verzögerte Behandlungen mit Antibiotika. Auch, weil verletzte Soldaten zu spät gerettet werden können.
„Wir sehen immer mehr Menschen mit Verletzungen, die eigentlich überlebensfähig sein sollten – zum Beispiel Amputationen oder Fälle, in denen jemand nur eine Bluttransfusion benötigt –, die auf dem Schlachtfeld sterben“, sagte Alex. „So viele von ihnen können nicht rechtzeitig evakuiert werden und schaffen es einfach nicht.“ (xas)
Verwendete Quellen: Telegraph



