Vereinten Nationen sprechen von „möglicher Folter”

Opferangehörige bitten um Gnade – trotzdem wird Mann mit umstrittener Stickstoffmethode hingerichtet

Jessie Hoffman Jr.
Jessie Hoffman Jr. (46) wurde am Dienstagabend hingerichtet.
Louisiana Attorney General’s Office

Kann eine Exekution wirklich „human” sein?
Zum ersten Mal seit 15 Jahren hat der US-Bundesstaat Louisiana einen Häftling hingerichtet – und erstmals mit Stickstoffgas. Jessie Hoffman Jr. (46) wurde am Dienstagabend im Louisiana State Penitentiary in Angola für den Mord an Mary „Molly” Elliott im Jahr 1996 exekutiert – trotz massiver rechtlicher und ethischer Debatten.

Stickstoff wurde 19 Minuten lang zugeführt – Zeuge beobachtet Zuckungen

Die Methode ist hochumstritten: Befürworter bezeichnen die Methode „humaner” als die Giftspritze, Kritiker halten sie für eine neue Form der Folter. 19 Minuten lang strömt reiner Stickstoff durch eine Atemmaske, die fest auf Hoffmans Gesicht gedrückt wurde. Um 18.50 Uhr Ortszeit (0.50 Uhr deutscher Zeit) wird er schließlich für tot erklärt.

Wie die Associated Press berichtet, beobachtete ein Zeuge, dass Hoffman während des Todeskampfs krampfte und unkontrolliert zuckte – ähnliche Reaktionen gab es auch bei vorherigen Hinrichtungen mit dieser Methode. Die Behörden bestehen jedoch darauf, dass Stickstoffinhalation eine „painless execution“ (zu Deutsch: schmerzlose Exekution) sei. Das UN-Menschenrechtsbüro warnt vor einer weiteren Verbreitung dieser Exekutionsmethode. Stickstoffgas könne womöglich „Folter oder einer grausamen, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung gleichkommen.”

Opferangehörige bat um Gnade – ohne Erfolg

Noch wenige Stunden vor der Exekution hatte sich Kate Murphy, die Schwägerin des Mordopfers, in einem bewegenden Brief an die Behörden gewandt. Sie bat darum, dass Hoffman begnadigt wird. „Ich möchte meine Stimme als Angehörige eines Opfers im Gnadenverfahren gehört wissen. Die Hinrichtung von Jessie Hoffman ist keine Gerechtigkeit in meinem Namen – sie ist das Gegenteil”, wird Murphy bei Nola.com zitiert.

Murhy erklärte, dass die Exekution ihr nur weiteres Trauma bringen würde. Sie wolle mit Hoffman sprechen, ihm gegenübertreten, ihn mit ihren Fragen konfrontieren. Doch dieser Wunsch wurde ihr verwehrt.

Mollys Ehemann, Andy Elliott, zeigte sich zwiespältig. Fast 30 Jahre lang hatte er auf diesen Moment gewartet, doch nun fühlte er sich gleichgültig. Er sagte, dass er mittlerweile keinen Unterschied mehr zwischen Todesstrafe und lebenslanger Haft sehe.

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Rückblick: Der Mord, der Louisiana erschütterte

Generalstaatsanwältin Liz Murrill zeigt bei einer Pressekonfrenz ein Foto der vor 29 Jahren ermordeten Molly Elliotts (28).
Generalstaatsanwältin Liz Murrill zeigt bei einer Pressekonferenz ein Foto der vor 29 Jahren ermordeten Molly Elliott (28).
APTN

Es war der Abend vor Thanksgiving 1996. Die 28-jährige Werbekauffrau Molly Elliott macht sich auf den Weg, um sich mit ihrem Mann Andy zu treffen. Doch sie soll nie ankommen. In einem Parkhaus im French Quarter von New Orleans lauert ihr der damals 18-jährige Parkplatzwächter, Jessie Hoffman Jr. auf. Mit einer Waffe zwingt er sie, 200 Dollar an einem Geldautomaten abzuheben. Die Überwachungskamera filmt Molly noch dabei. Doch das war nur der Anfang: Hoffman verschleppt Molly in ein abgelegenes Gebiet, vergewaltigt sie und zwingt sie anschließend, nackt über ein Feld zu laufen. Dann befiehlt er ihr, sich hinzuknien – und schießt ihr in den Kopf.

Besonders erschütternd: Ermittler finden später heraus, dass Molly nicht sofort starb. Noch Minuten nach dem Schuss war sie am Leben, allein und hilflos in der kalten Nacht. Am nächsten Tag wird ihre Leiche von einem Jäger entdeckt.

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Hoffmans letzte Worte – auch sein Sohn bittet um Gnade

Nach Angaben von NBC News sitzen in Louisiana derzeit mehr als 50 Gefangene in der Todeszelle. Mindestens vier weitere Exekutionen mit Stickstoffgas sind für dieses Jahr geplant. Generalstaatsanwältin Liz Murrill erklärte, dass sie mit weiteren Vollstreckungen rechne – trotz anhaltender Kritik an der Methode.

Laut den Behörden verzichtete Hoffman übrigens auf eine letzte Erklärung vor der Exekution. In einem Gnadengesuch von 2023 hatte er jedoch zuvor um Vergebung gebeten: „Ich bin zutiefst und aufrichtig traurig für all den Schmerz, den meine selbstsüchtigen, schrecklichen und herzlosen Taten verursacht haben.“ Wie Nola.com berichtet, sprach sich auch Hoffmans Sohn, Jessie Smith, gegen die Hinrichtung seines Vaters aus. Auch er flehte die Behörden an, ihn zu verschonen – ohne Erfolg. (kra)