Was wurde hitzig darüber diskutiert!

Erfüllt die Bezahlkarte für Flüchtlinge ihren Zweck? RTL macht den Check!

von Nastassja Shtrauchler und Esther Kusch

Karte statt Bargeld!
Dieses kleine Stück Plastik ist hochpolitisch und wurde hitzig diskutiert - die Bezahlkarte für Flüchtlinge. Einige Bundesländer haben sie inzwischen eingeführt – erfüllt sie nun auch ihren Zweck?

Das Geld soll im Land bleiben

Wer in Deutschland Asyl bekommt, geduldet wird oder ausreisepflichtig ist, bekommt Geld, um sein Leben hier bestreiten zu können. Ein Teil davon wurde bisher in Form von Bargeld ausgegeben. Doch weil davon wiederum vieles direkt ins Ausland weitergeleitet wurde, um Familie dort zu unterstützen, wurde die Bezahlkarte eingeführt: Damit kann man einkaufen, aber eben nichts überweisen.

Große Hoffnungen auf der Bezahlkarte

In Schmalkalden-Meiningen in Thüringen gibt es die Karte seit Anfang März. 270 Menschen haben hier aktuell Anspruch auf die Karte, auf die jeden Monat ein gesetzlich festgeschriebener Betrag gebucht wird.

„Die Einschätzung, dass man damit eine Rückreise generiert oder Rückführung, das ist bei uns eine Mär, das findet nicht statt. Aber was wir feststellen, ist, dass die Betroffenen sich bemühen, in Arbeit zu kommen”, sagt Peggy Greiser. Sie ist Landrätin in Schmalkalden-Meiningen.

Seit 1. Januar 2024 gelten folgende Bedarfssätze laut Asylbewerberleistungsgesetz:

  • Alleinstehende oder Alleinerziehende: 256 Euro (notwendiger Bedarf) + 204 Euro (persönlicher Bedarf) = 460 Euro gesamt

  • Paare in einer Wohnung/Unterbringung in Sammelunterkunft: 229 Euro + 184 Euro = 413 Euro

  • Erwachsene in einer stationären Einrichtung: Erwachsene unter 25 Jahren, die im Haushalt der Eltern leben: 204 Euro + 164 Euro = 368 Euro

  • Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren: 269 Euro + 139 Euro = 408 Euro

  • Kinder zwischen 6 und 13 Jahren: 204 Euro + 137 Euro = 341 Euro

  • Kinder bis 5 Jahre: 180 Euro + 132 Euro = 312 Euro

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Diese Ziele will die Politik mit der Bezahlkarte erreichen:

  • Den Verwaltungsaufwand durch die monatliche Bargeldausgabe zu reduzieren.

  • Überweisungen ins Ausland zu verhindern und damit die Schlepperkriminalität zu bekämpfen.

  • Deutschland als Migrationsziel unattraktiver zu machen.

Aber funktioniert das auch?

„Die Bezahlkarte ist eine sehr kleine Stellschraube, aber darum wird sie weder furchtbar große negative Wirkung haben noch positive Wirkung. Also es wird niemanden davon abhalten, deswegen nicht nach Deutschland zu kommen“, sagt Prof. Herbert Brücker, Migrationsforscher beim Institut für Arbeits- und Berufsforschung im RTL-Interview.

Ein Geflüchteter hält eine Debitcard in der Hand.
So sieht die Bezahlkarte für Flüchtlinge aus.
Philipp von Ditfurth/dpa

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RTL hat deswegen stichprobenartig in einigen Landkreisen nachgefragt, neun Antworten gab es: In einem Fall wurde ein Zusammenhang zwischen der Einführung der Bezahlkarte und Rückreisen gemeldet. Im bayerischen Fürstenfeldbruck kann man das noch nicht erkennen. Hier wird die Debit-Kreditkarte seit dem 21. März ausgehändigt.

„Können monatlich 50 Euro abheben, das reicht, um es nach Hause zu schicken“

Geflüchtete sagen dort unter anderem: „Mir ist es egal, ob Bargeld oder Karte - ich benutze das Geld ja für dieselben Dinge.“ Und eine andere Frau sagt: „Mit der Karte, die wir haben, können wir monatlich 50 Euro abheben und das reicht mir, um es nach Hause zu schicken.“

Sprich: Auch mit der Karte gibt es noch Zugang zu Bargeld - die Höhe variiert von Ort zu Ort. Das gebe den Menschen immerhin ein wenig das Gefühl von Freiheit, sagt Landrat Thomas Karmasin.

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Nicht so happy mit der Lösung ist Hussein Sakati, der Inhaber eines arabischen Supermarkts im Ort: Er hat durch die Karte nun höhere Kreditkartenkosten: „Die Leute kaufen für ein oder zwei Euro maximal, wir bezahlen extra 20 Cent zur Überweisung. Das Problem ist: Wir sagen den Leuten mindestens zehn Euro, aber die Leute sagen „nein” wir brauchen nicht zehn Euro.”

Ein endgültiges Fazit in Sachen Bezahlkarte zu ziehen – dafür ist es sicher noch zu früh. Aber eins ist klar geworden: Der ganz große erwartete Widerstand ist offenbar bislang ausgeblieben - die große Veränderung aber auch.