Urteil gegen Narkosearzt nach Tod der kleinen Emilia (4)Skandal-Anästhesist muss zehn Jahre in den Knast

Der angeklagte Narkosearzt (re.) kurz vor der Urteilsverkündung.
Der angeklagte Narkosearzt (re.) kurz vor der Urteilsverkündung.
RTL
von Bella Christophel und Daniel Kandora

Skandal-Anästhesist muss zehn Jahre in den Knast!
Die kleine Emilia (4) starb nach seiner Narkosebehandlung noch in der Zahnarzt-Praxis. Hätte Dr. W. schneller einen Krankenwagen gerufen, hätte das Mädchen wohl überlebt. Davon ist das Landgericht Frankfurt überzeugt.

Urteil gegen Dr. W. gefallen

Auf diesen Tag haben wohl vor allem Emilias Mutter und ihre Oma lange warten müssen: An diesem Freitag (1. November) verkündet das Landgericht Frankfurt das Urteil gegen den Anästhesisten Dr. W. Er muss zehn Jahre und sechs Monate ins Gefängnis - wegen Totschlags und gefährlicher Körperverletzung.

Die Staatsanwaltschaft hatte in ihrem Plädoyer lebenslange Haft wegen Mordes durch Unterlassen gefordert. Auch stufte sie die Behandlungsfehler bei drei weiteren Kindern als versuchten Mord ein. Der Vorwurf: W. soll eklatante Hygienefehler begangen und verunreinigtes Narkosemittel gespritzt haben. Staatsanwältin Stella König zu RTL: „Wir werfen dem Angeklagten vor, die Narkose ohne Assistenz durchgeführt zu haben, Geräte benutzt zu haben, die nicht die notwendige sicherheitstechnische Überprüfung durchlaufen haben und steriles Einwegmaterial mehrfach verwendet zu haben.” Der Verteidiger des Angeklagten stellte in seinem Plädoyer keinen konkreten Strafantrag.

Emilia ist nicht sein einziges Opfer!

Was war genau passiert? Übers Internet wird Mutter Jennifer P. auf die Praxis von Dr. B. aufmerksam. Sie ist auf Angstpatienten wie Emilia spezialisiert. Die Praxis wirbt mit einer besonders angstfreien Behandlung, nennt sie „Schlafmarmelade“. Das ist eine spezielle Methode für Kinder, das Betäubungsmittel schmeckt gut und wird vorher auf den Zahn aufgetragen.
Auch die Söhne von Jennifer P. waren schon hier. Für ihre Behandlung soll die Vierjährige eine Narkose bekommen. Dafür zuständig ist Anästhesist Dr. W. (67), der von B. extra für die Betäubungen gebucht wurde.

Lese-Tipp: Blutige Details im Narkosearzt-Prozess! Familie trauert um verstorbene Emilia (†4)

Emilias Mutter kann sich noch an die Spritze erinnern: In ihr befindet sich eine milchige Flüssigkeit. Dass diese ihre Tochter töten wird, weiß sie da noch nicht. Während die OP läuft, warten Mutter und Oma vor Ort. Immer mehr Zeit vergeht, irgendwann machen sich die beiden Sorgen. Als Jennifer P. nach ihrer Tochter sieht, ist sie schockiert: „Die Halsschlagader sah so aus, als würde sie platzen“, erklärt sie im Verlauf des Prozesses vor Gericht.

Anzeige:
Empfehlungen unserer Partner

Im Video: Jessica überlebt die Horror-Behandlung

Emilia könnte heute noch leben

Noch scheint W. aber unbesorgt zu sein – auch, als Emilia Atemprobleme bekommt. Trotz der Bitte von Mutter und Oma wird zunächst kein Krankenwagen gerufen. Dann wird es hektisch: W. gibt ihr eine zweite Narkose. Kurz darauf spuckt das kleine Mädchen Blut. Viel zu spät kommt ein Krankenwagen. Emilia kann nicht mehr gerettet werden und stirbt noch in der Praxis. Bei rechtzeitiger Behandlung hätte sie wohl überlebt.

Lese-Tipp: Was dem Pfusch-Arzt noch vorgeworfen wird

Im Gerichtsverfahren, das Mitte August in Frankfurt begann, sagen auch Eltern anderer geschädigter Kinder aus. Am Tag, an dem Emilia behandelt wird, sind gleich mehrere Kinder für eine Gruppen-Betäubung in der Praxis. Sie werden teilweise schwerst verletzt: Wegen des Verdachts, dass ihre Organe geschädigt sein könnten, muss ein Mädchen 21 Tage im Krankenhaus liegen. Ein anderes Kind muss auf der Intensivstation beatmet werden.

Der angeklagte Dr. W. beim Prozessauftakt im August.
Der angeklagte Dr. W. beim Prozessauftakt im August.
RTL

Arzt war vorbestraft

Es ist nicht das erste Mal, dass der Skandal-Anästhesist vor Gericht steht: Dr. W. soll zwei Jahre vor dem schrecklichen Vorfall in Kronberg den Tod einer erwachsenen Frau verursacht haben und war bereits vorbestraft – allerdings durfte W. noch weiter arbeiten und so seine tödliche Behandlung an Emilia durchführen.