Die Eltern von Todespfleger Niels Högel leben zwischen Liebe und Verantwortung„Ich gebe mir keine Schuld!”

Kann man sein Kind lieben, wenn es unzählige Morde begeht?
Die Doku „Jenseits von Schuld” erzählt in 81 Minuten die Geschichte von Ulla und Didi Högel. Seit 14 Jahren sehen sie ihren Sohn nur noch im Gefängnis, denn Niels Högel hat wohl hunderte Menschen auf dem Gewissen. Für Ulla und Didi ein dauerhafter Konflikt zwischen Liebe und Schuld.
Eltern müssen sich den Taten ihres Sohnes stellen
„Hast du etwas verkehrt gemacht? Hättest du dies oder jenes anders machen können?” Diese Fragen stellt sich Ulla Högel in der Dokumentation „Jenseits von Schuld”. Sie ist die Mutter eines Serienmörders. Als Pfleger hat Niels Högel in Oldenburg und Delmenhorst vermutlich hunderten Menschen tödliche Spritzen verabreicht, um sie dann zu retten. Diesem Spiel mit Leben und Tod sind wohl hunderte Menschen zum Opfer gefallen. In 87 Fällen wurde er 2019 wegen Mordes verurteilt. Für die Eltern ist das zunächst unfassbar. Und eine unfassbare Belastung. „Wenn dieser Medienhype dann ist, dann kommt das aus allen Kanälen”, erzählt Vater Didi in der Doku. „Da kann man nur sagen, ich stelle mich oder ich schalte ab und höre da gar nicht mehr hin.”
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Über allem steht die Frage nach der Schuld. Hätten wir etwas bemerken können? Heute hat Mama Ulla Högel eine klare Antwort: „Das ist ein Prozess, da habe ich mit abgeschlossen, wo ich sage: Ich gebe mir keine Schuld.”
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„Konflikt zwischen Liebe und Schuld”
Die Dokumentarfilmerinnen Katharina Köster und Katrin Nemec haben Ulla und Didi Högel sechs Jahre lang begleitet. Sie waren mit ihnen im Urlaub, im Alltag - und im Gefängnis: „Als sie das erste Mal da war, hatte sie damit nichts zu tun”, erzählt Katharina Köster über Mama Ulla. „Es war für sie ganz schrecklich, durchsucht zu werden, abgetastet zu werden und all das zu erfahren und durch tausend Türen zu müssen, um zu ihrem Kind zu können.” Inzwischen sei es für Ulla Högel es völlig normal, ihren Sohn nur hinter Gittern sehen zu können.
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Die Eltern sprechen mit ihrem Sohn bei den Besuchen in der JVA oft über ganz alltägliche Sachen wie das Wetter oder das Essen. „Sie sind im permanenten Konflikt zwischen Liebe und Schuld”, sagt Katharina Köster im RTL-Interview. „Sie halten zu ihrem Kind, aber sie können überhaupt nicht damit leben, was es getan hat und werden auch permanent eingeholt davon.” Niels Högel selbst lassen die Filmemacherinnen bewusst nicht zu Wort kommen. Die Dokumentation kommt am 19. September in die deutschen Kinos.