Verurteilt für einen Mord, den sie nie begangen haben

16 Jahre unschuldig im Knast – jetzt sind John und Anthony Millionäre

John Fulton saß 16 Jahre unschuldig im Gefängnis
John Fulton saß 16 Jahre unschuldig im Gefängnis
CNN

„Die verlorene Zeit kann man nicht mehr nachholen.”
Vor 22 Jahren klicken die Handschellen, damals sind John Fulton und Anthony Mitchell noch Teenager. Polizei und Staatsanwaltschaft beschuldigen die Jungen, Christopher Collazo ermordet zu haben. 2006 verurteilt ein Gericht die beiden Amerikaner zu 31 Jahren Haft. Doch es gibt Zweifel an ihrer Schuld. Nach Jahren hinter Gittern kommen Fulton und Mitchell wieder frei - nun hat ein Gericht den unschuldig verurteilten Männern eine immens hohe Entschädigungssumme zugesprochen.

Mord an Christopher Callozo – verbrannte Leiche gefunden

Am 10. März 2003 geht gegen 3 Uhr morgens ein Notruf bei der Polizei in Chicago (US-Bundesstaat Illinois) ein. Ein Anrufer meldet einen Brand in einer Gasse, kurz darauf wird die teilweise verbrannte Leiche von Christopher Collazo gefunden. Handgelenke, Fußknöchel und Mund von Collazo sind mit Klebeband gefesselt. Der Anrufer gibt an, er habe zwei Männer vom Tatort weglaufen sehen, ihre Gesichter habe er aber nicht erkannt.

Christopher Collazo und John Fulton kennen sich laut Chicago Sun Times. Gut einen Monat zuvor habe Fulton versucht, von Collazo eine Waffe zu kaufen. Doch Collazo und ein anderer Mann hätten den damals 17-Jährigen mit vorgehaltener Waffe ausgeraubt.

Die Ermittlungen in dem Mord-Fall beginnen. Als die Polizei eine gemeinsame Freundin von Collazo und Fulton vernimmt, wird die Frau so sehr von den Beamten eingeschüchtert und unter Druck gesetzt, dass sie schließlich einen von der Polizei erfundenen Tathergang einräumt und John Fulton und Anthony Mitchell fälschlicherweise als Mörder bezichtigt.

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John Fulton legt falsches Geständnis ab

John Fulton wird anschließend tagelang von der Polizei verhört. Zunächst streitet er die Anschuldigungen vehement ab und gibt an, er habe den Abend mit seiner Verlobten verbracht. Doch unter dem Druck der Polizei knickt auch er ein - und macht schließlich ein falsches Geständnis. Der Teenager belastet auch den damals 18-jährigen Anthony Mitchell und einen dritten Mann.

Wegen Mordes werden alle drei vor Gericht gestellt. Den dritten Angeklagten spricht der Richter im Prozess frei, sein Geständnis sei erzwungen gewesen. Doch Fulton und Mitchell werden 2006 zu jeweils 31 Jahren Haft verurteilt - obwohl es keine Beweise gibt und niemand die beiden am Tatort gesehen hat.

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110 Millionen Euro für 16 Jahre im Gefängnis

John Fulton umarmt Mann
John Fulton wird am Montag von Anwälten und Familie zu Gericht begleitet
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2019 wird der Fall noch einmal verhandelt und das Urteil gegen die Unschuldigen schließlich aufgehoben. Fulton und Mitchell klagen nun ihrerseits gegen Mitarbeiter von Polizei und Staatsanwaltschaft, die sie zu Unrecht hinter Gitter gebracht haben. Und sie wollen eine finanzielle Entschädigung für die verlorene Zeit im Gefängnis.

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„Endlich ist Gerechtigkeit da“, sagt Fulton am Montag (11. März), nachdem ihm eine Jury nun rund 55 Millionen Euro zugesprochen hat: „Ich wusste, dass meine Zeit eines Tages kommen würde.” Anthony Mitchell war nicht vor Ort, bekommt aber dieselbe Summe zugesprochen. Insgesamt erhalten beide 120 Millionen US-Dollar (entspricht 110 Millionen Euro). Leicht verbittert tritt der heute 40-Jährige trotz der riesigen Entschädigung vor die amerikanische Presse und sagt: „Ich hätte es vorgezogen, wenn alle beteiligten Beamten 16 Jahre im Staatsgefängnis verbracht und gesehen hätten, was ich durchmachen musste. Familienmitglieder und Freunde haben sich von mir distanziert, weil sie die Anschuldigungen geglaubt haben.”

Die Stadt Chicago wird laut Chicago Sun Times in Berufung gehen. Wer Christopher Collazo wirklich getötet hat und warum er 2003 in einer Gasse der Millionenstadt sterben musste, konnten die Ermittler bislang nicht aufklären. (lha)