Fluch und Segen zugleich

Immer mehr Fahrradstraßen in den Städten sorgen auch für Ärger

Des einen Freud, des anderen Leid...
Während sich Fahrradfahrer über die zunehmende Zahl an extra-breiten Fahrradwegen in Städten freuen, reagieren viele Autofahrer auf die dadurch fehlenden Spuren oft mit Unverständnis. Und tatsächlich sind manche Konzepte weniger gelungen als andere. Was am häufigsten für Ärger sorgt und was wir uns von Europas Fahrrad-Vorzeigestadt Kopenhagen abschauen können, seht ihr im Video.

Zahl der Fahrrad-Alleinunfälle hat sich in den letzten 15 Jahren mehr verdoppelt

Quietschende Reifen und gestikulierende Autofahrer auf der einen, fluchende Radfahrer auf der anderen Seite: Im Straßenverkehr liegen schnell die Nerven blank, wenn es nicht so läuft wie geplant. Fahrradfahrer hatten in den Städten jahrzehntelang das Nachsehen. Dabei sind die schlecht ausgebauten oder oft schlicht nicht vorhandenen Radwege nicht nur ärgerlich, sondern auch gefährlich. Allein im Jahr 2023 kam es zu knapp 27.400 Radunfällen ohne weitere Beteiligte. Dabei verletzten sich 6.400 Menschen schwer, 147 verstarben in Folge des Unfalls.

„Rad-Alleinunfälle haben sich in den letzten 15 Jahren mehr als verdoppelt, dabei ist die Dunkelziffer hoch”, erklärte Kirstin Zeidler, Leiterin der Unfallsforschung der Versicherer (UDV). Die UDV benennt für den Anstieg mehrere Gründe: Zum einen wird Radfahren immer beliebter, zunehmend auch bei Älteren. Zudem gehe der Polizei zufolge jeder dritte Alleinunfall auf das Konto mangelhafter Infrastruktur. Die Verunglückten selbst sähen darin sogar die Hauptursache. Vor allem Bordsteinkanten und Straßenbahnschienen machen es Radfahrenden einer aktuellen Studie der UDV zufolge schwer.

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Anteil des Radverkehrs könnte sich verdreifachen

Nicht nur die Unfallstatistiken, sondern auch die Klimaziele sorgen dafür, dass immer mehr Städte ihr Radwege ausbauen. 19 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente können jährlich eingespart werden, wenn die Radwege hervorragend ausgebaut, gute Schnittstellen mit Bus und Bahn geschaffen und die Kommunen fahrradfreundlich mit kurzen Wegen geplant werden. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC). Laut der Studie kann Deutschland den Radverkehrsanteil auf Wegen bis 30 Kilometer Länge bis 2035 von derzeit 13 auf 45 Prozent verdreifachen. Das würde die Verkehrsemissionen im Nahbereich um 34 Prozent reduzieren.

Doch so sinnvoll und notwendig diese Schritte auch erscheinen: Viele Autofahrer sehen die Entwicklung kritisch. Denn immer öfter sind ganze Straßen und Durchfahrten zugunsten von Fahrradfahrern und Fußgängern für Autos gesperrt. Die Folge: unfreiwillige Umwege und noch mehr Staus auf den vielbefahrenen Strecken. Und auch extra-breite Spuren für Fahrradfahrer heizen das Chaos in den Augen vieler Autofahrer zusätzlich an, statt die Lage zu entspannen. Andere ärgern sich über die dadurch wegfallenden Parkplätze.

Dass es auch anders geht, beweist Kopenhagen. In der dänischen Hauptstadt kommen 750.000 Fahrräder auf 660.00 Einwohner. Die Zahl der Autos liegt gerade einmal bei 140.000. Ein Tempolimit, sicherere Radwege und ein eigenes Ampelsystem sorgen dafür, dass die Fahrradfahrer in Kopenhagen in der Regel auf den Fahrradhelm verzichten. Bleibt abzuwarten, ob sich dieses Konzept auch in Deutschland durchsetzt und zur Entspannung aller beitragen wird. (nri)

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