Debatte entfacht

Kommt es wirklich auf die Länge an? Franzosen streiten um ihr Heiligstes

Eine junge Frau aus Frankreich isst Baguette.
Ist jetzt etwa das Baguette in Gefahr?
iStock: Vuk Saric

Geht es jetzt etwa dem Baguette an den Kragen?
Die Franzosen bangen um ihr heiliges Nationalsymbol! Denn: Das Traditionsbrot landet zu oft im Müll, wird versehentlich millionenfach entsorgt – und das tagein, tagaus. Um die vielen Abfälle zu verhindern, versucht man, verschiedene Lösungen zu finden, was nicht bei allen gut ankommt.

Debatte um das französische Kulturerbe Baguette – ob die richtige Länge die Wegwerf-Problematik mindert?

Laut verschiedenen Schätzungen essen neun von zehn Franzosen jeden Tag ein Baguette. Jetzt steht das berühmte Traditionsprodukt Frankreichs unter Beschuss, weil so viele Baguettes im Müll landen.

Laut der niederländischen Tageszeitung AD werfen 60 Prozent der Franzosen mindestens eins pro Woche weg – entweder weil es zu hart geworden ist oder unnötigerweise gekauft wurde. 41 Prozent werfen sogar ein halbes (!) Baguette pro Monat weg, was insgesamt sechs Baguettes pro Person und Jahr macht. Das geht aus einer Umfrage der Organisation „Too Good To Go” hervor.

Zu viel Abfall, zu viel Verschwendung, zu viel Überkonsum, sagen Aktivisten. Mélayne Rabot von „Too Good To Go” sagt: „Das ist das klassische Problem: Das Produkt ist billig, also denken wir nicht zweimal darüber nach, es zu kaufen. Das stelle ein Problem dar, weil so auch schneller entsorgt wird. „Die Menschen haben keine Vorstellung mehr von der ,Umweltbelastung’ eines Brotes. Für die Herstellung eines Baguettes werden insgesamt 155 Liter Wasser benötigt. Das ist eine Badewanne voll.”

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Kann der Verkauf von halben Baguettes das Problem lösen?

Die Lösung soll jetzt sein, entweder weniger Baguettes zu kaufen oder Baguettes in kürzerer Form anzubieten, sodass Kunden öfter halbe Baguettes einkaufen. Also: weniger Baguette, weniger Verschwendung. Viele Bäckereien handhaben das bereits so – aber auch das ist umstritten. Ein besorgter Pariser Bäcker sagt: „Das Baguette ist heilig. Und ein Heiligtum schneidet man nicht einfach in zwei Hälften. Außerdem: Wo hört es auf? Noch kleiner als ein halbes Baguette geht nicht, dann hat man im Grunde nur ein rundes Brot.”

Deswegen ploppen immer wieder (kuriose) Ideen auf: Sowohl auf verschiedenen Webseiten als auch in französischen Zeitungen gibt es kreative Gedanken, wie Baguette-Reste noch sinnvoll verwendet werden können, damit sie eben nicht unnötig im Müll landen. Paniermehl, Croûtons für Suppe oder Salat, French Toast, einfrieren sind dabei nur einige Beispiele. Manche empfehlen sogar, Bierbrauer aufzusuchen, damit diese aus den Überresten noch ein leckeres Bier brauen können.

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Liebe Franzosen, achtet auf euren Baguette-Konsum!

Wie es am Ende weitergeht mit der Baguette-Misere, wird sich zeigen. Damit es nicht zu mehr Problemen kommt, sollten die Franzosen ihr Kulturgut vielleicht in naher Zukunft zumindest wieder etwas mehr zu schätzen wissen – und genau überlegen, ob sie zum Beispiel wirklich jeden Tag ein frisches, ganzes Baguette brauchen. Das trägt zu einem guten Klima bei und sorgt dafür, dass uns das Baguette erhalten bleibt. Denn mal ehrlich: Wie schrecklich wäre ein Leben ohne das knackige, längliche Brot!?