Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick

Pandemie-Kandidat Vogelgrippe: Sollte ich mich jetzt impfen lassen?

Momentan gibt es in Deutschland laut Experten noch keine Veranlassung, Menschen aktiv zu impfen. (Symbolbild)
Für Virologen ist das Vogelgrippevirus H5N1 ein möglicher Pandemie-Kandidat. Es gehe jetzt darum, möglichst vorbereitet zu sein, sagen Experten
Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/ZB

Wie groß ist die Bedrohung durch die Vogelgrippe wirklich?
Virologen halten das Vogelgrippevirus H5N1 für einen potenziellen Pandemie-Kandidaten. Was das für Deutschland bedeutet und warum Experten glauben, dass das Land besser vorbereitet wäre als bei Corona - hier die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Warum ist die Vogelgrippe derzeit in aller Munde?

Spätestens seit Corona ist „Pandemie” zum Reizwort geworden. Entsprechend groß ist aktuell die Aufmerksamkeit für das kursierende Vogelgrippevirus H5N1, das der Virologe Christian Drosten und andere Experten als potenziellen Pandemie-Kandidaten sehen.

Die gute Nachricht: Im Falle eines Ausbruchs beim Menschen wäre Deutschland laut den Experten vermutlich deutlich besser vorbereitet als zu Corona-Zeiten.

Lese-Tipp: Droht eine Vogelgrippe-Pandemie? „Potenzial ist da - und dann wird es sehr unangenehm”

Das Virus H5N1 befällt seit Jahrzehnten zunehmend Vögel - zunächst in Asien, inzwischen fast weltweit. Auch Säugetiere sind betroffen. Seit einigen Jahren verbreitet sich eine spezielle Gruppe von H5N1-Viren, die so genannte Klade 2.3.4.4b, mit der sich in den USA auch zahlreiche Rinder infizierten. Der Übertragungsweg vom Wildvogel auf die Kuh ist noch unklar. Sicher ist, dass sich inzwischen auch Menschen bei Rindern angesteckt haben.

Nach Angaben der US-Gesundheitsbehörde CDC wurden bis Mitte des Jahres vier Fälle im Zusammenhang mit dem Ausbruch in US-Milchviehbetrieben registriert.

Im Video: H5N1 kursiert hauptsächlich unter Tieren

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Was bedeutet dies für Menschen in Deutschland?

Für Menschen in Deutschland besteht nach Einschätzung des Infektiologen Leif Erik Sander von der Berliner Charité derzeit kein Grund zur Sorge. H5N1-infizierte Rinder wurden bisher nur in den USA registriert. In Deutschland wurde der Erreger weder bei Rindern noch in Milch nachgewiesen. Bei Menschen in den USA verliefen die Infektionen bisher eher mild.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt das Risiko für die Gesundheit der Bevölkerung als gering ein.

Trotzdem hält Sander den Befall von Rindern für besorgniserregend, weil sich das Virus in einer großen Population von Säugetieren vermehre, die vom Menschen genutzt würden. Eine der größten Sorgen sei, dass sich das Virus weiter anpassen könnte. „Wenn sich das Virus stark in einer Spezies verbreitet, ist die Sorge, dass es sich an andere Säugetiere adaptieren kann oder sich mit anderen Influenzaviren vermischt. Das würde ermöglichen, dass es auch stärker Menschen befällt und es womöglich dann auch von Mensch zu Mensch übertragen werden könnte.”

Gibt es bereits Impfstoffe?

Die Impfstoff-Situation ist laut Sander eine ganz andere als bei Corona, wo ein Prototyp erst hergestellt werden musste.

Für eine ganze Reihe von Unternehmen ist die Entwicklung von Impfstoffen gegen neue Grippevirenstämme Routine, weil sie das zweimal jährlich auch für die saisonalen Grippeimpfstoffe machen, wie ein Sprecher des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller (VFA) erklärte. Nötig ist je einer für die Süd- und die Nordhalbkugel der Erde. Das Vogelgrippe-Virus H5N1 ist wie die saisonale Grippe ein Influenza-A-Virus. Nach Angaben des Paul-Ehrlich-Instituts sind in der Europäischen Union mehrere H5N1-Impfstoffe zugelassen. Diese würden entweder mithilfe von Hühnereiern oder durch Vermehrung der Viren auf Zellkultur produziert, so wie die saisonalen Influenza-Impfstoffe auch.

Die EU sicherte kürzlich 665.000 Impfdosen des Herstellers CSL Seqirus gegen die Übertragung der Vogelgrippe von Tieren auf Menschen für mehrere Mitgliedsstaaten. Deutschland beteiligt sich derzeit nicht.

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Die Ergebnisse der Umfrage sind nicht repräsentativ.

Wie schnell könnte ein Impfstoff zur Verfügung stehen?

Im Falle einer Vogelgrippe-Pandemie könnten Impfstoffe für Menschen in Deutschland schnell zur Verfügung stehen, glaubt Sander. „Wir haben Impfstoffe, die zugelassen sind, die in dem Moment, in dem ein Virus eine Pandemie auslöst, sehr schnell angepasst werden könnten.” Dafür müssten natürlich die Produktionskapazitäten entsprechend hochgefahren werden.

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Für Rinder müssten Impfstoffe komplett neu getestet werden, bisher gebe es keine. Theoretisch könne man für Kuh und Mensch den gleichen Impfstoff verwenden, sagt Sander. Allerdings gebe es in der Regel unterschiedliche Hersteller für Human- und Tierimpfstoffe.

Würde eine Impfung jetzt schon Sinn ergeben?

„Momentan gibt es noch keine Veranlassung, Menschen aktiv zu impfen”, sagte Sander und ergänzte: „Es geht nicht darum, die Sorge zu verbreiten, dass eine Pandemie unmittelbar bevorsteht. Man sollte aber alles machen, um vorbereitet zu sein.”

Für wen eine Impfung infrage komme, hänge ganz vom Szenario ab.

Wenn es in Deutschland zu größeren Ausbrüchen bei Nutztieren käme, könne man darüber nachdenken, das Personal in den Betrieben vorsorglich zu impfen. Aus seiner Sicht wäre es hauptsächlich interessant, Impfstoffe für Tiere zur Verfügung zu haben. (Mia Bucher, dpa/ija)