China-Experte: "Xi Jinping tatsächlich der wohl mächtigste Politiker Chinas seit Jahrzehnten“
Xi Jinping will China stark machen - "Große Mauer aus Stahl"
In der Rivalität mit den USA setzt Xi Jinping auf Innovation und ein starkes Militär: Sicherheit und Stabilität seien Voraussetzung für Entwicklung. Sein neuer Regierungschef gibt sich eher versöhnlich.
China will Militär ausbauen und starkes Wirtschaftswachstum
Angesichts wachsender Spannungen mit den USA und dem Westen will Chinas Staats- und Parteichef die Volksrepublik durch mehr Eigenständigkeit stark machen. Auch soll das Militär zu einer „Großen Mauer aus Stahl“ ausgebaut werden, sagte Präsident Xi Jinping in einer Rede zum Abschluss der Jahrestagung des Volkskongresses am Montag in Peking. Die knapp 3.000 Delegierten billigten eine starke Steigerung der Verteidigungsausgaben um 7,2 Prozent und andere Weichenstellungen. Nach der Beendigung der Null-Covid-Politik mit Lockdowns und Zwangsquarantäne im Dezember soll die zweitgrößte Volkswirtschaft auch wieder um „rund fünf Prozent“ wachsen.
In den unsicheren Zeiten rief Xi Jinping dazu auf, Stabilität zu wahren. „Sicherheit ist das Fundament für Entwicklung, und Stabilität ist die Vorbedingung für Wohlstand“, sagte der Präsident. In seiner Rede plädierte er dafür, Innovation und „wissenschaftliche und technologische Eigenständigkeit“ voranzutreiben, ging aber nicht auf die Sanktionen der USA bei Schlüsseltechnologien ein. „Wir sollten uns bemühen, die Qualität der Wirtschaft effektiv zu verbessern und ein angemessenes quantitatives Wachstum zu erreichen.“
Es werde für China aber nicht einfach, wie geplant rund fünf Prozent Wachstum zu erreichen, sagte der neue Regierungschef Li Qiang auf seiner ersten, sorgfältig orchestrierten Pressekonferenz. Zusätzliche Anstrengungen seien notwendig.
Neuer Regierungschef Li Qiang: „China und die USA können und müssen zusammenarbeiten“
Mit Blick auf die angespannten Beziehungen zu den USA schlug der neue Ministerpräsident eher versöhnliche Töne an und plädierte für einen Ausbau der Zusammenarbeit. Eine Abkoppelung diene niemandem. Die beiden größten Volkswirtschaften seien eng miteinander verbunden, wovon beide profitierten. „China und die USA können und müssen zusammenarbeiten.“ Er ging nur indirekt auf den Vorwurf von Xi Jinping ein, dass die USA einen Aufstieg Chinas in der Welt durch Eindämmung und Isolation verhindern wollten: „Einkreisung und Unterdrückung ist im Interesse von niemandem.“
Zurückhaltung schien auch Xi Jinping im Konflikt um Taiwan zu üben. Er rief in seiner Rede zu einer „Wiedervereinigung“ auf. Die Beziehungen sollten „friedlich“ entwickelt werden. „Einmischung von außen“ sowie „spalterische Aktivitäten“ von Unabhängigkeitskräften müssten aber entschieden abgelehnt werden. Der Einigungsprozess müsse „unerschütterlich“ vorangetrieben werden. Frühere Bekundungen, dass Peking militärische Gewalt nicht ausschließt, wenn andere Bemühungen nicht zum Erfolg führen, wiederholte Xi Jinping allerdings nicht.
Die Spannungen um Taiwan hatten jüngst zugenommen. Die kommunistische Führung betrachtet die demokratische Inselrepublik als Teil der Volksrepublik. Doch sieht sich Taiwan längst als unabhängig an. Nach der Invasion Russlands in der Ukraine sind international die Sorgen gewachsen, dass China ähnlich gegen Taiwan vorgehen könnte. In diesem Fall würden auch die USA in den Konflikt gezogen, weil sie sich der Verteidigungsfähigkeit Taiwans verpflichtet haben.
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Xi Jinping ist "tatsächlich der wohl mächtigste Politiker Chinas seit Jahrzehnten“
Auf der neuntägigen Tagung hatte Xi Jinping seine Macht zementiert, indem er sich eine beispiellose dritte Amtszeit gesichert und weitere Gefolgsleute um sich geschart hatte. Er setzte sich damit über bisher respektierte Grenzen für Alter und Amtszeit hinweg. Seine andauernde Führungsrolle hatte sich der 69-Jährige auf dem Parteitag im Oktober in der Parteiverfassung verankern lassen. Damit könnte er sogar auf Lebenszeit im Amt bleiben. Er knüpft damit an den Staatsgründer Mao Tsetung (1893-1976) an, der aber Chaos über das Land gebracht hatte.
„Dieser Volkskongress hat sozusagen den Schlussstein in der Machtergreifungs-Strategie für Präsident Xi Jinping gestellt.“, erklärt China Experte Eberhard Sandschneider im RTL/ntv-Interview. Jetzt sei ihm im Staatsapparat gelungen, was auf dem 20. Parteitag schon in der Partei gelungen ist, nämlich alle wesentlichen Schaltstellen der Macht mit Anhängern seiner Wahl zu besetzen. „Insofern ist Xi Jinping tatsächlich der wohl mächtigste Politiker Chinas seit Jahrzehnten.“
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Wie Sandschneider die Rolle Chinas im Ukraine-Krieg sieht, das Verhältnis zu den USA und den Taiwan-Konflikt, das können Sie im ganzen Interview im Video sehen. (dpa/eku)
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