Keine Macht den Wechseljahren!
Expertinnen verraten: Wie Sie Beschwerden und Kilos effektiv den Kampf ansagen
von Dr. med. Judith Bildau und Nora Rieder
„Eigentlich bin ich ein friedliebender Mensch, aber ich war plötzlich aggressiv“, erinnert sich RTL-Moderatorin Katja Burkard an den Beginn ihrer Wechseljahre zurück. Tatsächlich verursachen die Hormonumstellungen bei vielen Frauen Beschwerden wie Hitzewallungen, Gewichtszunahme, Schlafstörungen oder Stimmungsschwankungen. Auch GZSZ-Schauspielerin Gisa Zach erkannte sich anfangs gar nicht wieder: „Ich wusste selber nicht, warum ich diese Launen hatte.“ Beide Frauen sehen diese Umbruchphase aber auch als Chance und leben einen offenen Umgang damit vor. Wir erklären, wie es auch Ihnen gelingen kann, die Wechseljahre positiv zu nutzen – ganz ohne körperliche Einschränkungen.
Die Wechseljahre… und plötzlich ist alles anders
Sie könnten eine spannende Lebensphase sein, eine Zeit voller Pläne und Neuanfänge - die Wechseljahre. Ob beruflich oder privat, die Zeiten stehen auf Veränderungen. Die Kinder, wenn vorhanden, brauchen nun keine Rund-um-die-Uhr-Betreuung mehr, sind vielleicht sogar schon ausgezogen. Und auch beruflich können sich jetzt noch einmal ganz neue Perspektiven ergeben, ein Wiedereinstieg, eine Neuausrichtung oder eine Beförderung – alles ist möglich!
Wir Frauen sollten also eigentlich die Jahre zwischen Mitte 40 und Mitte 50 feiern. Eigentlich? Ja, denn vielen Frauen ist mitnichten nach Feiern zumute. Denn auch Körper und Seele verändern sich, und diese Veränderungen können durchaus belastend sein.
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Die Wechseljahre - wann fangen sie eigentlich an?
Wann eine Frau in die Wechseljahre, also in die Perimenopause, kommt, ist individuell sehr unterschiedlich. Neben dem allgemeinen Lebensstil können hier Faktoren wie Grunderkrankungen, genetische Voraussetzungen oder Zigarettenkonsum eine Rolle spielen.
Grob gesagt beginnen die ersten hormonellen Veränderungen bereits mit Anfang 40, schon hier können Symptome wie Zyklusveränderungen und ein verstärktes PMS auftreten. Mit etwa 45 beginnt dann die eigentliche Perimenopause. Die Hormone Estradiol, das wichtigste weibliche Östrogen, und Progesteron fallen weiter ab. Als Menopause wird die letzte Menstruationsblutung bezeichnet, die mit ungefähr 52 Jahren auftritt. Die Zeit danach nennt man Postmenopause.
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Die Symptompalette ist bunt!
Nicht alle Frauen leiden in dieser Lebensphase, aber sehr viele. Hierzu gibt es interessante Zahlen: 85 Prozent aller Frauen klagen über Hitzewallungen, zwischen 40 und 60 Prozent haben Probleme beim Ein- und Durchschlafen. Weitere häufige Symptome sind depressive Verstimmungen, Muskel- und Gelenkschmerzen, Konzentrationsstörungen, Gewichtszunahme und Libidoverlust. Viele Frauen, die bisher fest im Leben standen, erkennen sich plötzlich selbst nicht mehr wieder.
Eine englische Untersuchung konnte zeigen, wie sehr die Wechseljahre den Alltag von Frauen beeinträchtigen. Von den insgesamt 3.800 Frauen gaben 99 Prozent an, die Symptome würden ihre berufliche Tätigkeit beeinträchtigen, ein Drittel sprach sogar von einer „erheblichen Beeinträchtigung“. 59 Prozent erklärten, dass sie auf Grund der Beschwerden bereits einmal krankgeschrieben worden seien.
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Progesteron: Das Hormon, das uns entspannt und gut schlafen lässt!
Progesteron ist meist das erste Hormon, das abfällt – ein echtes „Wellbeing-Hormon“! Es wirkt entspannend und fördert den Schlaf. Gebildet wird es hauptsächlich nach dem Eisprung in der zweiten Zyklushälfte. Da es mit steigendem Alter immer häufiger zu sogenannten anovulatorischen Zyklen – Zyklen ohne Eisprung – kommt, verändert sich nun auch der Spiegel des Progesterons.
Bereits in der Prämenopause, also mit etwa Anfang 40, spüren einige Frauen das Abfallen des Hormons. Sie klagen vor allem in der zweiten Zyklushälfte über schmerzende und spannende Brüste, Schlaflosigkeit, Wassereinlagerungen und Stimmungsschwankungen. Da der Estradiolspiegel zunächst noch stabil bleibt oder sogar noch etwas ansteigen kann, leiden viele Frauen zu Beginn der Perimenopause unter einer sogenannten Östrogendominanz. Auch diese kann zu erheblichen Beschwerden, wie Menstruationsstörungen, Hitzewallungen und Erschöpfung, führen.
Sie sehen: Nicht nur zu wenig Östrogen, sondern auch zu viel hat einen Einfluss auf den weiblichen Körper und die Seele! Durch eine Hormonanalyse kann übrigens leicht herausgefunden werden, ob ein Mangel oder eine Dominanz besteht.
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Estradiol: Wichtig für Knochen, Herz-Kreislauf-System und vieles mehr!
Das Hormon Estradiol wird in den Eierstöcken, der Nebennierenrinde und im Fettgewebe gebildet. In der Perimenopause kommt es nun langsam zu einer verminderten Bildung. Ganz typische Symptome dafür sind Hitzewallungen, depressive Verstimmungen, Kopfschmerzen, Herzrhythmusstörungen, Konzentrationsstörungen, Scheidentrockenheit und vieles, vieles mehr. Ein Estradiolmangel auf lange Zeit ist hauptursächlich für Knochenschwund (Osteoporose) und mitverantwortlich für verschiedene Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Über die Nahrung ist es jedoch möglich, den durch den Estradiolmangel verursachten Beschwerden entgegenzuwirken. Lebensmittel wie Sojabohnen enthalten Isoflavone, die zu den sekundären Pflanzenstoffen zählen. Diese haben in unserem Körper eine ähnliche Wirkung wie das menschliche Estradiol, weswegen sie auch als Phytoöstrogene bezeichnet werden. Sie sind besonders wirksam bei Hitzewallungen. Außerdem weisen Studien darauf hin, dass sie auch die Knochendichte positiv beeinflussen können. Dies ist vor dem Hintergrund wichtig, dass ein niedriger Östrogenspiegel das Risiko für einen Knochenabbau erhöht.
Vor allem Lebensmittel wie Sojamilch oder Tofu sollten daher regelmäßig in den Speiseplan eingebaut werden. Sie enthalten neben den Isoflavonen auch hochwertiges Eiweiß und Ballaststoffe.
Auch Lignane, die ebenfalls zu den sekundären Pflanzenstoffen zählen, haben eine leicht östrogene Wirkung. Sie sind beispielsweise in Leinsamen oder Hülsenfrüchten wie Erbsen, Bohnen oder Linsen enthalten. Daneben sind auch Sonnenblumenkerne, Getreide wie Buchweizen, Hafer, Roggen und Weizenkleie oder Gemüse wie Brokkoli, Fenchel und Möhren reich an Lignanen. Und auch Kernobst wie Äpfel, Birnen, Pflaumen oder Kirschen liefert nennenswerte Mengen der sekundären Pflanzenstoffe. Wer also regelmäßig ein Müsli aus Haferflocken, geschroteten Leinsamen, einem halben Apfel, einer Handvoll Kirschen oder Pflaumen und etwas Sojajoghurt in seinen Speiseplan integriert, kann auf leckere Art und Weise die Wechseljahresbeschwerden lindern.
Die Last mit der Gewichtszunahme
Durch die hormonellen Veränderungen kommt es in den Wechseljahren häufig zu einer kontinuierlichen Gewichtszunahme. Viele Frauen klagen darüber, dass sie gar nichts an ihrem Essverhalten geändert haben, aber trotzdem immer schwerer werden. Der Grund dafür ist, dass es durch die hormonelle Umstellung zu einem Verlust der Muskelmasse kommt. Muskeln verbrennen Kalorien, deshalb wird nun der Grundumsatz, also der täglich benötigte Kalorienbedarf, weniger.
Daher ist es nicht verwunderlich, dass Frauen im Alter von 50 Jahren durchschnittlich etwa 400 bis 500 Kalorien weniger pro Tag verbrennen als mit 25 Jahren. Mit anderen Worten: Wer in oder nach den Wechseljahren isst und sich genauso viel oder wenig bewegt wie zuvor, nimmt zwangsläufig zu. Der Östrogenmangel begünstigt aber nicht nur die Einlagerung von Wasser und Fett, sondern beeinflusst auch die Fettverteilung. So führt der Testosteronüberschuss dazu, dass sich dass Fett nun hauptsächlich an Bauch und Taille statt an Hüfte und Po einlagert.
Das Bäuchlein stört viele Frauen nicht nur optisch, sondern ist vor allem deswegen riskant, weil das sogenannte viszerale Fett stoffwechselaktiv ist. Das heißt, es produziert Hormone, die Entzündungsprozesse im Körper auslösen. Diese wiederum können die Blutgefäße beschädigen und somit Herz-Kreislaufprobleme begünstigen.
Das alles macht eine ausgewogene Ernährung, die den Körper mit allen wichtigen Nährstoffen versorgt, umso wichtiger. Gleichzeitig sollten wir so oft es geht auf „leere“ Kalorien, wie sie Chips, Süßigkeiten, Kuchen, Wurst oder Softdrinks liefern, zu verzichten.
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Diese Lebensmittel sollten Bestandteil Ihrer täglichen Ernährung sein
Setzen Sie stattdessen auf eine ausgewogene Ernährung mit vielen Vollkornprodukten wie Müsli aus Vollkornhaferflocken, Leinsamen und Sonnenblumenkernen, Vollkornbrot, -nudeln und -reis. Die darin enthaltenen langkettigen Kohlenhydrate halten den Blutzuckerspiegel konstant, die unverdaulichen Ballaststoffe machen langanhaltend satt und beugen dadurch Heißhungerattacken und Übergewicht vor. Erwachsene sollten etwa 30 Gramm Ballaststoffe täglich aufnehmen. Diese Menge ist beispielsweise in drei Scheiben Vollkornbrot, einer Portion Früchtemüsli und zwei bis drei mittelgroßen Kartoffeln enthalten.
Außerdem fördern Ballaststoffe die Verdauung. Dies ist deshalb wichtig, weil der Östrogenmangel auch Darmträgheit, Blähungen und Verstopfung begünstigt. Da auch die Aufnahme von elementaren Mineralstoffen wie Calcium oder Magnesium gestört ist, wenn die Darmfunktion beeinträchtigt ist, sollten wir unseren Darm mit der richtigen Ernährung unterstützen. Neben Ballaststoffen beeinflussen auch probiotische Lebensmittel wie Naturjoghurt, Kefir, saure Gurken oder Sauerkraut die Darmflora und -tätigkeit positiv. Wer es eher süß mag, sollte einmal Kombucha, einen leicht sprudelnden, fermentierten Tee ausprobieren.
Versuchen Sie außerdem, fünf Portionen Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte in Ihre tägliche Ernährung zu integrieren. Dabei gilt: Je bunter, umso besser. Auf diese Weise stellen Sie sicher, dass ihr Körper mit allen wichtigen Vitaminen, Mineralstoffen und sekundären Pflanzenstoffen versorgt ist. Diese wirken antioxidativ und machen freie Radikale, die im Stoffwechsel, beim Sport, durch Stress oder UV-Strahlung entstehen, unschädlich. Auf diese Weise schützen Sie vor Herz-Kreislauferkrankungen und Krebs.
Warum Eiweiß Übergewicht und Omega-3-Fettsäuren Herz-Kreislauferkrankungen vorbeugen
Fettarme Milchprodukte wie Magerquark, (Hütten-)Käse oder fettarmer Naturjoghurt, aber auch mageres Geflügelfleisch wie Pute oder Hühnchen versorgen unseren Körper mit hochwertigem Eiweiß und wirken einem Abbau der Muskelmasse entgegen. Genauso wichtig wie eine regelmäßige Eiweißzufuhr sind jedoch auch tägliche Bewegung und eine Mischung aus Kraft- und Ausdauertraining, um den Muskelabbau in Schach zu halten. Doch die Mühe lohnt sich: Denn je mehr Muskelmasse wir besitzen, umso mehr Kalorien verbrennen wir auch dann, wenn wir nichts tun.
Darüber hinaus sollten Sie Raps-, Lein-, Walnuss- oder Olivenöl zu Ihrem Standardöl machen. Die pflanzlichen Öle liefern viele ungesättigte Fettsäuren, welche – im Gegensatz zu tierischen Fetten wie Butter, Sahne oder Schmand – die Gefäße schützen und Herz-Kreislauferkrankungen vorbeugen. Auch fetter Fisch wie Lachs, Hering oder Makrele sollte von nun an regelmäßig, das heißt mindestens ein bis zwei Mal pro Woche, auf dem Teller landen. Er liefert besonders viele der herzgesunden Omega-3-Fettsäuren.
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Keine Panik vor den Wechseljahren - es gibt Hilfe!
Sie sehen: Wir können unseren Körper während der Wechseljahre optimal unterstützen und die Beschwerden auf diese Weise lindern. Und dann steht den Plänen und Neuanfängen nichts mehr im Wege. Frauen, die über jede Menge Lebenserfahrung verfügen, wissen, wer sie sind und was sie (nicht) wollen, können jetzt noch einmal ganz neu durchstarten!
Hier unsere ultimativen Tipps, wie die Wechseljahre zu einer aufregenden und spannenden Zeit werden können - ohne körperliche Einschränkungen:
- Hören Sie nun auf Ihren Körper! Möglicherweise gibt der Ihnen nun einen anderen Rhythmus vor als noch vor ein paar Jahren. Vertrauen Sie ihm! Er sagt Ihnen, was er jetzt braucht!
- Planen Sie regelmäßige körperliche Betätigung ein! Sport ist nicht nur gut, um das Gewicht zu halten, es stärkt außerdem Knochen und Gelenke und wirkt als echter Stimmungsbooster!
- Achten Sie auf eine nährstoffreiche Ernährung (siehe oben)!
- Denken Sie an Probiotika! Diese können nämlich bei nun typischerweise auftretenden Darmbeschwerden helfen, wirken schützend auf die Knochensubstanz und stärken außerdem die natürlichen Abwehrkräfte von Scheide und Harnblase.
- Pflegen Sie Ihre Vulva und Vagina! Durch den Östrogenmangel wird die Scheide immer trockener, schmerzhafter und auch anfälliger für Infektionen. Achten Sie darauf, eine ph-neutrale, nicht parfümierte Intimwaschlotion zu verwenden sowie eine befeuchtende Vaginalcreme. Um den lokalen Östrogenmangel auszugleichen und so Vulva und Vagina vor den Zeichen der Zeit zu schützen, kann auch eine östrogenhaltige Vaginalcreme oder -zäpfchen sinnvoll sein!
- Sprechen Sie mit Ihrer Frauenärztin/ Ihrem Frauenarzt über eine mögliche Hormonersatztherapie mit körpereigenen Hormonen! Lange Zeit hieß es, dass eine Hormonersatztherapie gefährlich sei. Diese (falsche) Annahme beruhte auf einer vor vielen Jahren durchgeführten, amerikanischen Studie, die im Nachhinein als nicht aussagekräftig eingestuft wurde. Die heute verwendeten Therapien, die meist mit körperidentischen Hormonen durchgeführt werden, gelten als sehr sicher. Sie lindern nicht nur zuverlässig die Beschwerden, sondern schützen den Körper außerdem vor Krankheiten, die durch den Hormonmangel entstehen können, wie zum Beispiel Osteoporose und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.