Furchtbare Tierquälerei in Bad Iburg

Verletzte Kühe mit Elektroschocks gequält - nur Bewährung für Ex-Schlachthof-Mitarbeiter

Verletzte Kühe mit Elektroschocks gequält Nur Bewährung für Ex-Schlachthof-Mitarbeiter
03:44 min
Nur Bewährung für Ex-Schlachthof-Mitarbeiter
Verletzte Kühe mit Elektroschocks gequält

30 weitere Videos

Gerechtigkeit lässt manchmal ziemlich lange auf sich warten. Genau vier Jahre hat es gedauert, bis wir nun endlich berichten können, was aus einer skandalösen Geschichte wurde, die Stern TV im Herbst 2018 aufgedeckt hatte. Es ging um erschreckende Bilder aus einem Schlachthof aus Niedersachsen. Dort wurden Kühe mit einer brutalen Kaltschnäuzigkeit aus dem Transporter entladen – nicht mal Grillwürste würde man so herzlos auf seinen Rost werfen! Man muss kein Volljurist sein, um in diesen Bilder den Tatbestand der Tierquälerei zu erkennen. Der betroffene Schlachthof ist mittlerweile dicht – doch das Urteil gegen fünf Schlachthof-Mitarbeiter ist vor dem Amtsgericht in Bad Iburg erst jetzt gefallen.

Foto: Soko Tierschutz
Eine Szene aus den Videoaufnahmen der "Soko Tierschutz": Ein Mann wirft ein Kälbchen aus dem Transporter, ein anderer zerrt weitere Kühe aus dem Weg.
Soko Tierschutz

Schlachthof Temme: Es wurden offenbar selbst sterbenskranke und tote Tiere transportiert

„Die Klappe des Transporters geht runter und man sieht ein Feld von gebrochenen Tieren, die einfach am Boden liegen, kaum noch den Kopf heben können. Gebrochene Beine, ausgehängte Hüften, schwere Verletzungen, manchmal sogar akut blutende Tiere“, so beschreibt Tierschützer Friedrich Mülln die Anlieferungs-Szenen aus dem Schlachthof Temme in Bad Iburg (Landkreis Osnabrück).

Es sind Verstöße gegen das Tierschutzgesetz, die auf den Videos der „Soko Tierschutz“ zu sehen sind. So sieht es die zuständige Staatsanwaltschaft Oldenburg und genau deshalb stehen der ehemalige Geschäftsführer des gefilmten Schlachthofes und zwei Mitarbeiter vor Gericht. Ganz genau wird den Männern Folgendes von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen: Die Angeklagten sollen im August und September 2018 – jeder unterschiedlich viele – Rinder angenommen und abgefertigt haben, die selbst nicht mehr laufen konnten. Die Männer sollen dann versucht haben, die Rinder durch Schubsen und Ziehen am Schwanz, teilweise auch durch Elektroschocks oder andere massive Gewalt zum Aufstehen zu bewegen. Wenn auch das nicht klappte, sollen die Angeklagten die Tiere unter Höllenschmerzen mittels einer Seilwinde vom Transporter gezogen haben.

Doch damit nicht genug: In zehn Fällen soll der Geschäftsführer seine Mitarbeiter aufgefordert haben, schon tot angelieferte Kühe zu „schlachten“ und das Fleisch dann als Lebensmittel verkauft haben. Und das ist verboten. Im Prozess räumen die Anwälte der drei anwesenden Angeklagten die Verstöße gegen die Tierschutzbestimmungen ein. Den Vorwurf, bereits tote Tiere „geschlachtet“ zu haben, wiesen die beiden entsprechend Beschuldigten aber zurück.

"Soko Tierschutz" deckte Netzwerk auf

Bauern, Viehhändler, Tierärzte und Schlachter arbeiteten wohl über Jahre zusammen. Unzählige schwer verletzte Rinder und Kälber sollen illegal durch ganz Deutschland transportiert worden sein, um geschlachtet zu werden. Einige Urteile gegen Beteiligte sind schon gefallen. Doch heute ist der „Hauptprozess“, so Friedrich Mülln vom Verein „Soko Tierschutz“ vor Prozessbeginn am Montag, „das wichtigste Tierschutzverfahren in der deutschen Geschichte“. Noch nie sei die Höchststrafe von drei Jahren ausgesprochen worden. Doch genau das hält der Vereinsvorstand hier für angemessen: „Die Szenen lassen sich in ihrer Grausamkeit nicht beschreiben“.

Foto: Soko Tierschutz
Eine weitere Anlieferung im Video: Zwei Männer ziehen eine Kuh, die nicht mehr laufen kann, mit der Seilwinde in den Schlachthof. Foto: Soko Tierschutz
Soko Tierschutz
Anzeige:

Empfehlungen unserer Partner

Gericht in Bad Iburg fällt Urteile auf Bewährung

„Im Gericht ging es darum, auch noch einmal von der Sachverständigen eingeschätzt zu bekommen, ob und auch in welchem Ausmaß die Behandlung zu Schmerzen und Leiden bei den Tieren geführt hat“, erklärt Susanne Kirchhoff vom Amtsgerichts Bad Iburg im RTL-Interview im Laufe des ersten Prozesstages. Fraglich sei auch der Umgang mit den nicht gestandenen Taten, dem „Schlachten“ der bereits tot angelieferten Tiere. Eine weitere Beweisaufnahme könnte nötig sein und das Urteil gegen einige Angeklagte verzögern. Doch so kommt es nicht.

Als der Staatsanwalt sein beantragtes Strafmaß vorliest, stürmen Tierschützende mit lautem Protest aus dem Gerichtssaal. Es geht um Bewährungsstrafen – vorerst müsste also keiner ins Gefängnis. Am Ende lautet das Urteil: Zwei Jahre auf Bewährung für den ehemaligen Geschäftsführer des Schlachthofes, für die anderen Männer je neun Monate. Außerdem muss der Hauptangeklagte 3.000 Euro, die anderen beiden müssen 2.000 bzw. 1.500 Euro zahlen – an einen Tierschutzverein. (jsc/kra)