Politik setzt EU-Richtlinie aus 2019 nicht um
Väterurlaub verweigert! Jetzt wehren sich die Papas
Als Elternteil von Anfang an voll dabei
Die Geburt eines Kindes ist nicht nur für Mütter ein einzigartiges und höchst emotionales Ereignis. Und wenn der Nachwuchs kommt, ist Papa heutzutage meistens bei der Geburt dabei - dafür gibt es aber vom Gesetz her nur einen Tag Sonderurlaub. Viel zu wenig für eine intensive Vater-Kind-Bindung von Anfang an, sagen Väter-Initiativen. Dabei sieht eine 2019 beschlossene EU-Vereinbarkeitsrichtlinie sogar vor: 10 Tage Urlaub müssen sein - für Väter und zweite Elternteile allgemein. Denn Elternteile aus gleichgeschlechtlichen Beziehungen werden in der Richtlinie auch berücksichtigt. Die Verantwortlichen in der Politik wollen die bislang aber nicht in deutsches Recht umsetzen. Väter aus Dresden fordern jetzt bei openPetition, dass das endlich gemacht wird.
Bundesregierung: Gesetze zu Elterngeld und Elternzeit reichen aus
Bis August 2022 hat die Bundesregierung noch Zeit: Dann läuft die Frist zur Umsetzung einer EU-Richtlinie, die 10 Tage Vaterschafts- beziehungsweise Elternteilurlaub nach Geburt eines Kindes einfordert, aus - vorgesehen ist die mit einem Lohnersatz in Höhe des Krankengeldes. Bislang hat sich in dieser Sache aber nichts getan. Und so wie es aussieht, will die Bundesregierung die Richtlinie auch gar nicht umsetzen.
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Das Argument: Die bestehenden Gesetze zu Elterngeld und Elternzeit reichen aus. "Das Elterngeld stelle Mütter und Väter bereits besser, als es die EU-Richtlinie vorsieht", heißt es dazu laut Zeitschrift Men’s Health aus dem Familienministerium. Die Partner könnten direkt nach der Geburt schließlich gemeinsam bis zu 14 Monate Elterngeld bekommen. Ein Gutachten im Auftrag des DGB widerspricht der Bundesregierung hier aber deutlich: Auch Deutschland müsse die 10 Tage umsetzen. Dem Gutachten zufolge sind die geltenden Regelungen in Deutschland nicht ausreichend, um die Vereinbarkeitsrichtlinie umzusetzen.
"Direkt nach der Geburt fängt Familie an"
Familientherapeut Holger Strenz vom Väterzentrum in Dresden sieht das genau so: "Direkt nach der Geburt findet die intensivste Zeit statt, es ist der Zeitpunkt, wo die Familie beginnt", sagt er uns. "Zum einen braucht die Mutter jetzt Zeit, sich zu erholen, zum anderen beginnt jetzt eine Zeit, wo sich alles zu 100 Prozent verändert." Viele Väter hätten zwar Bedenken: Wenn ich dann zu Hause bin, kann ich vielleicht mit den kleinen Kindern gar nichts anfangen. Doch in vielen Interviews habe sich immer wieder gezeigt, dass Väter die Zeit, gerade mit den ganz kleinen Kindern, als etwas ganz Besonderes empfinden.
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Freistellung bei vollem Lohnausgleich
Strenz weiß außerdem aus seinen Geburtsvorbereitungskursen für Männer, dass viele Väter versuchen, nach der Geburt Überstunden abzubauen oder für den besagten Zeitraum regulären Urlaub einplanen. "Ich denke, dieser Urlaub wird später von der Familie noch für Erholung gebraucht." Diese 10 Tage könnten die Familie aber dringend gebrauchen, um sich auf die neue Situation einzustellen. Mit dem Begriff oft gebrauchten Begriff Vaterschaftsurlaub kann der Therapeut deswegen auch nicht viel anfangen - der Begriff Freistellung passe viel besser.
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Anders als die EU-Richtlinie will Strenz mit der von seinem Verein initiierten Petition nicht nur die gesetzliche Verankerung der 10 Tage Freistellung erreichen, sondern die auch bei vollem Gehalt - statt dem vorgesehenen Lohnersatz in Höhe des Krankengeldes. "Nicht für alle ist es möglich, mit cirka zwei Drittel eines Gehalts auszukommen", argumentiert er.
Teilhabe auch ohne Formulare und Bürokratie
Strenz und seinen Mitstreitern ist es zudem wichtig, dass diese 10 Tage am Anfang keine Sache sind, die erst einmal mit Bürokratie und Formularen verbunden ist. Auch den Vätern und Elternteilen, die bei ihren Arbeitgebern Schwierigkeiten hätten, die mittlerweile oft genommenen zwei Monate Elternzeit zu bekommen, hätten so automatisch das Recht, sofort am Familienleben aktiv teilzunehmen - und vor allem auch, den von der Geburt erschöpften Müttern zur Seite stehen zu können. (ija)
TV-NOW: Mensch Papa! Väter allein zu Haus
Bei "Mensch Papa! Väter allein zu Haus" bei RTL werden die Väter vor große Herausforderungen gestellt: In jeder Folge verbringt ein Papa zwei Tage mit seinen Kindern allein zu Haus – und steht dabei unter strenger Beobachtung seiner eigenen und vier weiteren Frauen. Von wegen Frauensache: Jeder Mann muss in dieser Zeit seine Vaterqualitäten unter Beweis stellen: Was essen die Kinder eigentlich zum Frühstück? Welches Kind war nochmal gleich von Laktoseintoleranz betroffen? Hausaufgaben, Putzen, Einkaufen, Kochen – alles muss der Papa alleine managen. Das bereitet manchen Vätern mehr Probleme als anderen – manche lassen gar ungeahnte Talente bei sich entdecken.