Amerikanische Software Clearview AI

Ukraine setzt Gesichtserkennung ein, um gefallene russische Soldaten zu identifizieren

 KRASNOYARSK, RUSSIA - MARCH 18, 2022: The funeral of Russian Army paratrooper Vladislav Razumov at Badalyksky Cemetery in Krasnoyarsk. Posthumously awarded Russia s Order of Courage, Razumov was killed during the special military operation in Ukraine. On 24 February, Russia s President Putin announced his decision to launch the special military operation after considering requests from the leaders of the Donetsk People s Republic and Lugansk People s Republic. Andrei Samsonov/TASS PUBLICATIONxINxGERxAUTxONLY TS1283B9
Beerdigung für einen russischen Soldaten, der bei dem Angriff auf die Ukraine ums Leben kam.
www.imago-images.de, IMAGO/ITAR-TASS, IMAGO/Andrei Samsonov

Das Foto eines Verstorbenen einfach in eine Gesichtserkennungssoftware hochladen und innerhalb kürzester Zeit sämtliche Informationen über die Person haben. Das möchte die Ukraine mit gefallenen, russischen Soldaten machen. Wie der ukrainische Vizepremierminister Mykhailo Fedorow mitteilt, sollen mithilfe der amerikanischen Erkennungssoftware „Clearview AI“ die -hinterbliebenen Familien über den Verlust informiert werden. Doch Experten befürchten dadurch auch falsche Identifizierungen – mit fatalen Folgen.
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US-Amerikanisches Startup Clearview sammelt Milliarden Bilder aus sozialen Medien

Am 24. Februar marschieren Putins Soldaten in das souveräne Land ein und attackieren es von vielen Seiten. Tausende Menschen sind durch den russischen Angriffskrieg bereit gestorben, darunter auch viele Soldaten. Um ihren Familien Gewissheit zu verschaffen, setzt die Ukraine seit dem 12. März die Gesichtserkennungssoftware „Clearview AI“ ein. Der Hersteller hat den ukrainischen Behörden einen kostenlosen Zugang bereitgestellt.

Clearview ist ein Start-Up, dass 2020 über drei Milliarden Bilder von Menschen aus dem Internet zusammenstellt, um eine umfassende Datenbank zur Gesichtserkennung zu entwickeln. Der Chef des Unternehmens, Hoan Ton-That, schreibt einen Brief nach Kiew, in dem er seine Unterstützung mit der Software anbietet.

Die Gesichtserkennungssoftware identifiziert gefallene russische Soldaten

Der Clearview-Gründer erklärt, sein Startup verfüge über mehr als zwei Milliarden Bilder der russischen Facebook-Alternative „VKontakte“. Mithilfe dieser Datenbank könnten tote Soldaten leichter identifiziert werden als mithilfe von Fingerabdrücken, so Ton-That. In dem Brief schreibt er auch, dass die Technologie verwendet werden könnte, um getrennte Familien wieder zusammenzuführen, oder russische Agenten zu identifizieren.

„Kriegsgebiete können gefährlich sein, wenn es keine Möglichkeit gibt, feindliche Soldaten von Zivilisten zu unterscheiden. Die Gesichtserkennungstechnologie kann dazu beitragen, Unsicherheiten zu reduzieren und die Sicherheit in diesen Situationen zu erhöhen“, sagt Clearview-Chef Hoan Ton-That in einem „Forbes“-Interview. Er betont außerdem, dass von der US-Regierung finanzierte Studien zeigen, dass Clearview „das richtige Gesicht aus einer Reihe von über 12 Millionen Fotos mit einer Genauigkeitsrate von 99,85 % auswählen kann“.

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Telegram-Kanal informiert über gefallene Soldaten

Bisher solle die Gesichtserkennungssoftware aber nur eingesetzt werden, um zu helfen, die russischen Leichen zu identifizieren, wie der ukrainische Vizepremierminister sagt: „Aus Höflichkeit gegenüber den Müttern dieser Soldaten verbreiten wir diese Informationen über die sozialen Medien, damit die Familien zumindest wissen, dass sie ihre Söhne verloren haben, und damit sie die Möglichkeit haben, die Leichen abzuholen.“

Wie RTL-Recherchen ergeben, gibt es einen Telegram-Kanal mit Informationen zu gefangenen und gefallenen Soldaten. Dieser Kanal hast fast eine Million Abonnenten und täglich werden Bilder gepostet.

Die Ukraine richtete außerdem eine Hotline ein, bei der sich Angehörige russischer Soldaten informieren können, ob ihre verschollenen Lieben als gefangen, tot oder verletzt gemeldet wurden.

Kritiker befürchten falsche Identifizierungen durch die Software

Experten warnen aber auch vor den Folgen, die bei dem Einsatz solcher Programme entstehen können. Albert Fox Cahn, der sich für die Abschaffung von Massenüberwachungssystem in den USA einsetzt, sagt in einem Interview mit dem amerikanischen Wirtschaftsmagazin „Forbes“: „Da ist eine Menschenrechtskatastrophe im Entstehen. Wenn die Gesichtserkennung in Friedenszeiten Fehler macht, werden Menschen zu Unrecht festgenommen. Wenn die Gesichtserkennung in einem Kriegsgebiet Fehler macht, werden unschuldige Menschen erschossen“.

Der Experte Cahn räumt zwar ein, dass das Identifizieren von Leichen noch am ungefährlichsten sei, jedoch bestehe auch dabei ein Restrisiko. „Wenn die Gesichtserkennung die Toten unweigerlich falsch identifiziert, bedeutet dies für die Lebenden Herzschmerz“, erklärt er „Forbes“ gegenüber. (anr)

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