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Tödlicher Zytokinsturm bei Covid-19: Forscher finden wirksames Medikament

Wird ein Körper von Sars-CoV-2 befallen, versucht das Immunsystem die sich vermehrende fremde Substanz, also das Virus, loszuwerden und abzubauen. Doch die Immunreaktion kann bei fortgeschrittener Entzündung auch zu heftig ausfallen: Es entsteht ein sogenannter Zytokinsturm, der die Situation verschlimmert statt zu verbessern - eine häufige Todesursache bei schweren Covid-19-Verläufen. Spanische Wissenschaftler haben nun einen Wirkstoff identifiziert, der ihn besonders effektiv ausbremsen kann.
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Lebensbedrohliche und akut auftretende Entzündungsreaktion
Eine potenziell lebensgefährliche Entgleisung des Immunsystems, bei der es zu einer sich selbst verstärkenden Rückkoppelung zwischen den sogenannten Zytokinen und den Immunzellen kommt – das versteht man in der Medizin unter einem Zytokinsturm.
Eine „einheitliche und allgemeingültige Definition“ gebe es für dieses Phänomen nicht, erklärt Virologe Prof. Dr. Günther Schönrich von der Berliner Charité gegenüber dem Rechercheportal Correctiv. In der Regel sei mit dem Begriff eine „lebensbedrohliche, akut auftretende Entzündungsreaktion“ gemeint, die sich im ganzen Körper abspiele und mehrere Organe erfassen könne. Sie tritt nach Transplantationen, Chemotherapien und bei Infektionskrankheiten auf.
Welche Medikamente senken Sterblichkeitsrate von Covid-Patienten?
Genau dieser Reaktion „ist bei SARS-CoV-2-Erkrankten häufig die Todesursache und nicht das Virus selbst“, erklärt Biochemiker Óscar Fernández-Capetillo vom Nationalen Krebsforschungszentrum CNIO am 31. Januar in einer Pressemitteilung. Er ist einer der Autoren einer in den Scientific Reports veröffentlichten Studie, in dem eine Liste von Wirkstoffen aufgestellt wird, die die Sterblichkeitsrate von Covid-Patienten senken kann.
Denn um dem Problem beizukommen, greifen Ärzte auf vorhandene Medikamente zurück. Die Forscher verglichen deswegen tausende Datensätzen von Patienten seit April 2020. Die Suche und die erfassten Daten wurden von Anfang an öffentlich gemacht, damit Wissenschaftler weltweit sich daran beteiligen konnten. Die Ergebnisse der Studie gelten deswegen als gesichert.
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Ein Krebs-Medikament stellte sich als besonders wirksam heraus
Zu ihrer Überraschung stellten die Forscher fest: Sogenannte MEK-Protein-Inhibitoren, die üblicherweise bei Krebstherapie eingesetzt werden, haben eine stark entzündungshemmende Wirkung. „Ich denke, dass diese entzündungshemmende Eigenschaft von MEK-Inhibitoren noch relativ unbekannt ist und dass wir mehr darüber wissen müssen, weil sie unser Arsenal an entzündungshemmenden Substanzen erweitert, die zur Abschwächung von Zytokinstürmen beitragen könnten“, fasste Fernández-Capetillo zusammen. Gleichzeitig identifizierten die Wissenschaftler auch Wirkstoffe, die den Zytokinsturm noch verstärken.
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Weibliche Hormone schützen vor dem tödlichen Sturm
Ein weiterer wichtiger Aspekt der Arbeit: Alle im Rahmen der Studie durchgeführten Analysen deuten übereinstimmend darauf hin, dass weibliche Hormone bei der Bekämpfung des Zytokinsturms helfen. Das könnte erklären, warum Männer eher einen schweren Verlauf erleiden. "Dies würde auch mit der Tatsache übereinstimmen, dass der Unterschied in der Sterblichkeit je nach Geschlecht im fortgeschrittenen Alter abnimmt, wenn die Menopause einsetzt und der Östrogenspiegel sinkt", erklärt Fernández-Capetillo. (ija)
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