Tag der Organspende

Marcel (21) lebt für den Sport - aber braucht schon zum zweiten Mal eine neue Niere

Vor siebeneinhalb Jahren ist der Tag für Marcel Klingbeil: Ein Tag, der für Freiheit und ein Stück weit für ein neues Leben stehen soll. Der damals 8-jährige Organspende-Patient aus dem niedersächsischen Apensen bekommt eine neue Niere. Doch schnell wird klar: Die neue Niere funktioniert nicht richtig. Heute heißt es für den 21-Jährigen wieder Warten – auf ein passendes Organ und das bereits zum zweiten Mal.
Wie Marcel seit sieben Jahren mit seiner schwachen Niere lebt, verrät er im Video.

Alltag zwischen Dialyse und Fußballplatz

Sein Herz schlägt für den Fußball, doch im Verein kann Marcel nicht mehr spielen. Zu groß ist die Gefahr, einen Ball gegen die Spenderniere zu bekommen, auch wenn diese nicht mehr richtig arbeitet. Marcels Nierenleistung liegt mittelerweile bei gerade mal zwei Prozent. Dass er überhaupt noch Sport machen kann, ist für den 21-Jährigen nur durch eine regelmäßige Dialyse möglich. Dabei werden überschüssiges Wasser und schädliche Stoffe aus dem Körper entfernt –eine Funktion, die normalerweise die Niere übernimmt.

Für Marcel gehört die Behandlung ebenso wie das Kicken mit Freunden zum Alltag dazu. Mit 11 Jahren muss er zum ersten Mal zur Dialyse am Uniklinikum Eppendorf. Vier Stunden dauert die Behandlung. „Eine Stunde hin, eine Stunde zurück. Ich war sechs bis sieben Stunden unterwegs und dann war es teilweise so, dass ich nach Hause kam und zu meinen Eltern gesagt habe, ich will wieder auf den Sportplatz.“ Dort kickt Marcel heute nur noch mit Freunden, die auf seine Niere Rücksicht nehmen. Inzwischen spielt er außerdem Tischtennis und nimmt regelmäßig an Wettbewerben teil.

9.000 Menschen warten in Deutschland auf ein Spenderorgan

Der Sport hilft dem 21-Jährigen durch die lange Zeit des Wartens, denn in der Regel wartet ein erwachsener Organspende-Patient rund zehn Jahre auf eine passende Spenderniere. Kinder haben aufgrund ihres Wachstums einen Vorteil. Hier liegt die Wartezeit bei ca. drei Jahren. Und so sind die Wartelisten lang. Besonders gefragt ist in Niedersachsen mit rund 85 Prozent die Niere. Insgesamt warten zur Zeit 857 in Niedersachsen und deutschlandweit rund 9.000 Patienten auf ein Spenderorgan.

„Es gibt ein großes Defizit an Spenderorganen. Das sieht man auch im Vergleich. Zum Beispiel [...] weiß man, dass die Wartezeit in anderen Ländern viel kürzer ist, weil die ihre Organspende anders geregelt haben. Die haben eine Wiederspruchs-Reglung, die wir nicht haben“, erklärt Dr. Nele Kanzelmeyer, Oberärztin an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH).

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So können Sie helfen!

In Deutschland müssen sich die Menschen aktiv entscheiden, ob sie Organspender sein wollen. Das geht zum Beispiel mit einem Organspendeausweis. Hier kann man ankreuzen, ob und welche Organe man spenden möchte oder explizit angeben, dass man nicht spenden möchte. Ist die Frage um die Organspende nicht geklärt, müssen Angehörige im Fall eines plötzlichen Todes für den Verstorbenen entscheiden. Laut Dr. Nele Kanzelmeyer ist das für die Familie des Verstorbenen eine absolute Ausnahmesituation, ein Organspendeausweis kann daher vieles einfacher machen.

Mitmachaktion "Schenke Mut! Erzähl uns deine Geschichte"

Um auf das Thema aufmerksam zu machen, gibt es passend zum Tag der Organspende an der MHH die Aktion „Schenke Mut! Erzähl uns deine Geschichte“. Organspende-Patienten berichten hier öffentlich, wie es ihnen geht. Auch Marcel will mit seiner Geschichte Betroffenen Mut schenken, selbst wenn bei ihm nicht alles glatt läuft. „Es hilft mir, selber meine Geschichte zu erzählen“, sagt der 21-Jährige im Interview mit RTL-Nord. „Lange Zeit habe ich habe manche Dinge einfach unter den Tisch gekehrt, weil ich dachte, dass das bestimmt nicht so schlimm ist, wenn ich das niemanden erzähle. In der Zeit ging es mir dann auch einfach nicht so gut, weil ich mir damit selber Druck aufgebaut habe.“ (ewe)