Wegen fehlender Distanz zu PutinStadt Hannover will Altkanzler Schröder die Ehrenbürgerschaft entziehen

Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) verliert offenbar Stück für Stück alle seine Ehrentitel: Nachdem der Fußballverein Borussia Dortmund schon die Ehrenmitgliedschaft des ehemaligen Bundeskanzlers entzogen hat, wackeln auch die Ehrenbürgerschaft in der Stadt Hannover und der Ehrendoktortitel an der Universität Göttingen. Keine Ehre, wem keine Ehre gebührt?
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Altkanzler teile "Werte und Ziele" der Landeshauptstadt nicht mehr
Der Entzug der Ehrenbürgerschaft in Hannover rückt für den Altkanzler und ehemaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder (SPD) deutlich näher. Die Stadtverwaltung soll ein Verfahren zur Aufhebung der Ehrenbürgerschaft einleiten. Das habe der Verwaltungsausschuss am Donnerstag beschlossen, teilte die Stadt mit. Der Ausschuss sei zu dem Schluss gekommen, dass Schröder „durch seine andauernde geschäftliche Verbindung mit russischen Staatskonzernen die Werte und Ziele der Landeshauptstadt nicht mehr teilt“. Schröder soll nun die Möglichkeit erhalten, Stellung zu beziehen. Ein Beschluss ist den Angaben zufolge für die nächste Ratssitzung am 31. März vorgesehen.
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Schröder ist langjähriger Freund von Putin

Schröder steht seit langem wegen seiner Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin in der Kritik. Er ist Aufsichtsratschef beim staatlichen russischen Energiekonzern Rosneft und hat auch Führungspositionen bei den Pipeline-Projekten Nord Stream und Nord Stream 2. Am vergangenen Donnerstag hatte er die Regierung in Moskau zwar aufgefordert, den Krieg in der Ukraine schnellstmöglich zu beenden. Von persönlichen Konsequenzen war aber nicht die Rede. Schröder und Putin gelten als Freunde. Noch in seiner Zeit als Bundeskanzler sagte Gerhard Schröder in einem Interview 2004, Wladimir Putin sei ein „lupenreiner Demokrat“.
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Hannover versteht sich als Stadt des Friedens
Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) sagte zu dem Entzug der Ehrenbürgerschaft laut Mitteilung der Stadt: „Ich bedauere, dass sich Gerhard Schröder nicht in der Lage sieht, die notwendigen persönlichen und geschäftlichen Konsequenzen aus Putins Angriffskrieg zu ziehen.“ Onay hatte Schröder zuvor bereits nahegelegt, die Ehrenbürgerschaft niederzulegen.
Auch die SPD-Ratsfraktion kritisiert die fehlende Distanz Schröders zum russischen Machthaber Putin und dass der Altkanzler seine Aufsichtsratsmandate in russischen Firmen nicht niederlegt. „Diese fehlende Distanz zu Russlands Kriegsherrn und die ausbleibende Verurteilung des russischen Angriffskriegs stehen in klarem Widerspruch zum Selbstverständnis Hannovers als Stadt des Friedens und der Völkerverständigung“, so der Fraktionsvorsitzende Lars Kelich.
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Weiterer Ehrentitel wackelt
Auch die Universität Göttingen beschäftigt sich mit dem Fall Schröder, der dort Jura studiert hatte und einen Ehrendoktortitel hat. "Dieser Prozess ist aber noch nicht abgeschlossen", teilte die Universität mit. Das Nachrichtenportal "The Pioneer" hatte zuvor berichtet, die Uni prüfe den Entzug der Ehrendoktorwürde des SPD-Politikers. "Ein formales Prüfverfahren gibt es bisher nicht. Eine Entscheidung steht heute nicht bevor", so ein Uni-Sprecher. Die naturwissenschaftlichen Fakultäten hatten Schröder den Titel im Jahr 2005 verliehen, weil er sich in seiner Zeit als Ministerpräsident von Niedersachsen (1990-1998) für die Förderung der Naturwissenschaften an der Uni eingesetzt habe.
Fußballvereine wenden sich von Fußballfan Schröder ab

Der Mutterverein von Hannover 96 droht Altkanzler Gerhard Schröder wegen seiner Russland-Beziehungen mit dem Rauswurf. "Wir werden jetzt prüfen, inwiefern Herr Schröder gegebenenfalls gegen die Interessen des Vereins verstoßen hat", sagte eine Leitende Mitarbeiterin des Hannoverschen Sportvereins von 1896. Dem Altkanzler sei am Mittwoch ein Schreiben zugestellt worden, in dem er um eine Stellungnahme gebeten wurde. Zuerst hatte die "Bild" darüber berichtet.
Der Fußballverein Borussia Dortmund hat schon Konsequenzen gezogen und reagierte mit Entzug der Ehrenmitgliedschaft Gerhard Schröders. Vereinspräsident Reinhard Rauball habe Schröder in einem persönlichen Gespräch über einen einstimmig getroffenen Präsidiumsbeschluss unterrichtet, so der BVB. "Die Übernahme von Führungspositionen in russischen Staatskonzernen durch ein BVB-Ehrenmitglied ist vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine und des damit einhergehenden gravierenden Verstoßes gegen geltendes Völkerrecht nicht akzeptabel." Auch der Deutsche Fußball Bund erwägt, Schröder die Ehrenmitgliedschaft zu entziehen. (dpa/mba)