Österreicher erhebt Schock-Vorwürfe
Ließen Bergsteiger einen Helfer (27) für ihren Rekord sterben?
Waren ihnen Rekorde wichtiger als ein Menschenleben?
Der Bergsteiger Wilhelm Steindl behauptet, eine Expeditionsgruppe habe auf dem Weg zum Gipfel des K2 (8.611 Meter) einen abgestürzten Mann (27) liegen gelassen. Der Mann sei danach gestorben – nachdem er noch stundenlang bei Bewusstsein gewesen sein soll. Der harte Vorwurf: Ein Weltrekord soll ihnen wichtiger gewesen sein.

Pakistanischer Hochträger stürzt ab
Am 27. Juli überraschen mehrere Lawinen eine Gruppe von etwa 30 Menschen beim Aufstieg auf den K2 in 8.200 Metern Höhe. Doch wie durch ein Wunder verschont die Lawine die Gruppe – bis auf Mohammad Hassan (27), der Hochträger aus Pakistan stürzt mehrere Meter senkrecht ab.
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Dramatisch: Zwar sichert ein Fixseil den Mann, doch Hassan hängt kopfüber und mit entblößten Beinen über dem Abgrund – für eine Dreiviertelstunde. So berichten es Augenzeugen Bergsteiger Steindl. Versuche, den verletzten Mann wieder vom Berg hinunter zu evakuieren, soll es nicht gegeben haben. Hassan stirbt letztendlich an den Folgen des Sturzes.
Augenzeugen berichten: "Er ist dort elendig verreckt!"

Steindl ist immer noch erschüttert, wie er dem Standard erzählt. „Er ist dort elendig verreckt. Es hätte nur drei, vier Leute gebraucht, ihn runterzubringen. Ich war nicht bei der Unfallstelle. Wenn ich es gesehen hätte, wäre ich raufgestiegen und hätte dem armen Menschen geholfen“, empört sich der Österreicher.
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Drohnenaufnahmen des deutschen Kameramanns Philip Flämig sollen zeigen, wie andere Teilnehmer des Aufstiegs Hassan die Brust massieren. Offenbar, um ihn bei Bewusstsein zu halten. „Über die Erzählung von drei unterschiedlichen Augenzeugen kann ich berichten, dass dieser Mann noch gelebt hat, während etwa 50 Leute an ihm vorbeigestiegen sind. Fakt ist, dass keine organisierte Rettungsaktion stattfand, obwohl Sherpas, aber auch Bergführer vor Ort waren, die hätten aktiv werden können. Zum Teil gehen die Aussagen so weit, dass die Leute, die vom Gipfel zurückkamen, immer noch eine lebende Person angetroffen haben“, schildert Flämig der Zeitung den fuchtbaren Zwischenfall. Unter den Bergsteigern befindet sich Kristin Harila, sie will mit ihrem Aufstieg einen Weltrekord aufstellen. Stirbt Hassan, weil sie und die übrigen Bergsteiger, lieber den Gipfel erreichen, statt ein Leben zu retten? Flämig und Steindl meinen: ja.
Vorwurf: Weltrekord ist wichtiger als ein Menschenleben

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Der Schock sitzt bei Flämig und Steindl so tief, dass sie eigenen Angaben nach im Tal sogar nach Hassans Familie suchen – und sie finden. Herzergreifend: Der Frau und ihren drei kleinen Kindern wollen sie 2.500 Dollar übergeben haben. Auch die Ausbildungskosten der Kinder will Steindl übernehmen. „Die Familie kann sich keine Medizin, kein Essen leisten. Viele der Bergsteiger sind mit Helikoptern über uns und die Familie hinweggeflogen. Der Helikopter zum Rausfliegen kostet bis zu 12.000 Dollar pro Person", so Steindl. Es ist ein Sinnbild für die unterschiedlichen Lebensrealitäten der Familie des pakistanischen Helfers und der Gipfelstürmer um Kristin Harila.
Den Berichten von Flämig und Steindl nach scheint ihnen das im Angesicht des bevorstehenden Rekordes allerdings egal gewesen zu sein. (jak)