„Ich habe zwei gute Freunde hier verloren“

Lebensgefährliches Brückenspringen am Rhein-Herne-Kanal: Vom Geländer in die Schiffsschraube

Es ist ein lebensgefährlicher Sport: Gerade jetzt, wo es selbst abends noch heiß ist, kommen viele Jugendliche an den Rhein-Herne-Kanal, um von der Papageienbrücke zu springen. Das ist verboten, genau wie das Baden im „Canale Grande“, wie die Wasserstraße im Ruhrgebiet liebevoll genannt wird. Doch selbst das drohende Bußgeld scheint die Jugendlichen nicht abzuhalten: Immer wieder springt jemand unter lautem Jubel und Gegröle der Umstehenden metertief in den Kanal.

Niedriges Wasser und Schiffsverkehr werden zur Lebensgefahr

Was für die Teenager ein willkommener Nervenkitzel nach dem Lockdown-Winter zu sein scheint, ist hochriskant. Das Wasser unter der Brücke ist nur 4,5 Meter tief und die Jugendlichen sehen nicht, ob möglicherweise noch Schrott am Grund des Kanals liegt, an dem sie sich verletzen könnten. Außerdem herrscht auf dem Rhein-Herne-Kanal reger Schiffsverkehr. Ein hoher Zaun auf beiden Seiten der Brücke soll Springer eigentlich vom Wasser fernhalten – vergeblich. Immer wieder klettert jemand über die Metallkonstruktion und lässt sich ins Wasser fallen.

Die Anwohner kennen den Reiz und die Gefahren der Papageienbrücke in Herne. „Ich bin hier am Kanal großgeworden“, erzählt Richard Zapke (51) im Interview. Auch er und seine Freunde konnten als Jugendliche den waghalsigen Sprüngen in den Kanal nicht widerstehen. Sie hätten sich sogar an die vorbeifahrenden Schiffe gehängt, um ein Stück mitzufahren. Mit gravierenden Folgen: „Ich habe zwei gute Freunde hier im Kanal verloren“, erzählt er. Beide hätten sich beim Sprung ins Wasser tödlich verletzt. Den Jugendlichen heute sagte er: „Ihr riskiert euer Leben. Ihr seid viel zu jung, um zu sterben.“

Durch Schiffschrauben entsteht ein gefählicher Sog

Auch Jason (18) kann von einem schrecklichen Unfall im Rhein-Herne-Kanal berichten. „Ein guter Kumpel von mir, der ist auch von einer Brücke gesprungen und wurde von einer Schiffsschraube erfasst. Der ist tot“, sagt er. Doch alle Warnungen scheinen die Jugendlichen am Rhein-Herne-Kanal nicht besonders zu interessieren. „Von drei Metern kriegt man doch keine Knochenbrüche“, meint einer. „Wir sind daran gewöhnt“.

Maike Waschnewski vom DLRG Landesverband Nordrhein rät dringend von dem riskanten Zeitvertreib ab. „Je nach Höhe der Brücke wird das Wasser untendrunter zu Beton“, sagt sie. „Je nachdem wie unglücklich sie aufknallen, ist das wirklich so, als wären sie vom Balkon auf die Straße gesprungen.“

Anzeige:
Empfehlungen unserer Partner

Hans Janzens Sohn sitzt seit Sprung von einer Brücke im Rollstuhl

Diese Erfahrung machte auch Hans Janzens Sohn Thomas in einem Urlaub vor ein paar Jahren. Janzen erinnert sich noch gut, wie sein anderer Sohn anrief, um ihm zu sagen, dass Thomas beim Sprung von einer Brücke in Südfrankreich schwer verletzt wurde. „Der Thomas ist sehr schlecht aufgekommen auf dem Wasser und es hat ihm die Beine verrissen“, erzählt der Vater im RTL-Interview. Sein Sohn brach sich die Lendenwirbelsäule und sitzt seit dem Unfall im Rollstuhl. Auch er warnt andere leichtsinnige junge Leute: „Jungens, lasst es sein! Eine falsche Bewegung und schon ist es passiert. Der Rücken ist nicht so stabil.“

(jgr)