Zwei Männer in Kleve vor GerichtSema S. stirbt bei illegalem Autorennen – Angeklagter "übernimmt die volle Verantwortung"

Nach einem mutmaßlichen illegalen Autorennen mit einem unbeteiligten Todesopfer im nordrhein-westfälischen Moers hat am Montag der Prozess gegen zwei junge Männer begonnen. Die beiden 22-Jährigen aus Duisburg haben sich laut Anklage im vergangenen April in Moers mit ihren über 500 PS starken Autos ein Rennen geliefert. Eine unbeteiligte Autofahrerin (43) kam dabei ums Leben. Warum die Familie des Opfers nicht beim Prozessauftakt war – im Video.

43-Jährige wurde aus ihrem Kleinwagen geschleudert

Kushtrim H. ist des Mordes und der Teilnahme an einem illegalen Autorennen mit Todesfolge angeklagt. Laut Anklage hatte er keinen Führerschein und war mit dem Auto des Vaters unterwegs, einem Mercedes-AMG. "Das Fahrzeug soll er in einem Stadtgebiet auf über 160 Stundenkilometer beschleunigt haben, das bei Dunkelheit und auf der Gegenfahrbahn", sagte Gerichtssprecher Alexander Lembke im RTL-Interview. In einem Kreuzungsbereich krachte Kushtrim H. gegen den Kleinwagen einer 43-jährigen Frau. Das Opfer, das nicht angeschnallt war, wurde aus seinem Wagen geschleudert. Drei Tage später starb Sema S., wie die Staatsanwaltschaft beim Prozessauftakt erklärte. Dem Todesfahrer sei es gleichgültig gewesen, dass im Falle eines Unfalls Menschen sterben könnten, begründete Staatsanwältin Julia Pöschel die Mordanklage.

Der andere angeklagte 22-Jährige ist der Teilnahme an einem illegalen Rennen mit Todesfolge angeklagt.

Beide Angeklagte schweigen

Beschädigtes Auto steht nach Unfall auf einer Kreuzung
Der Kleinwagen von Sema S. steht auf einer Straßenkreuzung in Moers. Foto: Polizei Duisburg/Archivbild
deutsche presse agentur

Die beiden Angeklagten schweigen vor Gericht. Kushtrim H. und Ismail S. lassen ihre Standpunkte über ihre Verteidiger verlesen. Der wegen Mordes angeklagte Kushtrim H. erkenne sein Verhalten selbst als verantwortungslos an. "Er ist sich heute bewusst, was er getan hat", sagt sein Anwalt, "und er übernimmt die volle Verantwortung". Anwalt Thilo Pfordte sagte, der 22-Jährige sei sich der Gefahr bewusst gewesen, habe aber darauf vertraut, dass es nicht zu einem Unfall komme. Es sei davon ausgegangen, "dass alles gut gehen würde".

Der zweite Angeklagte, Ismail S., erklärte über seinen Anwalt, dass er der Fahrer des zweiten Fahrzeugs, einen Range Rover, gewesen sei und dass aus seiner Sicht ein Rennen stattgefunden habe.

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Familie von Sema S. nahm nicht am Prozess teil

Für die Familie von Sema S. ist der Prozess ein Schritt beim Versuch, den sinnlosen Tot der 43-jährigen Mutter zu verarbeiten. Sie starb, weil sie zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort war. Die Familie wohnt in unmittelbarer Nähe des Unfallortes und wird ständig damit konfrontiert. "Diese Tat hat ein riesiges Loch in diese Familie gerissen, was durch nichts ersetzt werden kann", erklärt Christian Stieg, der die Familie vertritt. "Eine angemessene Verurteilung der Täter ist für die Angehörigen ein wichtiges Element, mit dieser schlimmen Tat fertig zu werden."

Aufgrund des großen Medieninteresses an diesem Fall ist die Familie nicht zu dem Prozesstermin gekommen. Die Belastung sei für sie sehr hoch. "Die Mandanten sehen sich selbst nicht in der Lage, dem hier im Rahmen der Hauptverhandlung standzuhalten und haben daher entschieden, nicht an dem Termin teilzunehmen." Für die Verhandlung hat das Gericht fünf Prozesstage angesetzt.

Zeugin entging nur knapp einer weiteren Katastrophe

Der Aufprall des Mercedes soll so heftig gewesen sein, dass ein Reserverad aus dem Citroen von Sema S. herausgeschleudert wurde und erst 105 Meter entfernt durch ein Garagentor gebremst worden sein soll. Das Rad soll nur knapp an einer weiteren Frau vorbeigeflogen sein. Die Zeugin soll sich nur zufällig zu ihrem Hund heruntergebeugt haben und wurde offenbar deshalb nicht am Kopf oder Oberkörper getroffen.