"Wie viel mehr Blut wird noch an ihren Tipp-Fingern kleben?"

Historische Zeugenaussage: Prinz Harry kämpft vor Gericht gegen Klatschpresse

von Viola Rodemann, Katharina Delling und Claudia Spitzkowski

Ein Royal im Kreuzverhör – das gab es seit 130 Jahren nicht mehr! Prinz Harry sagt vor dem High Court in London aus. Der 38-Jährige stellt sich den bohrenden Fragen der Anwälte der Mirror Newpaper Group. Warum das ganz und gar nicht angenehm für Harry war, verraten wir im Video oben.

"Sie waren verletzend, gemein und grausam"

50 Seiten umfasst Harrys schriftliche Zeugenaussage. Als Harry darum gebeten wird, die Dokumente herauszuholen, scherzt er: „Sie zwingen mich zum Training.“ Wie SkyNews berichtet seien die Dokumente voller Wut, Groll und Kindheitstraumata, verursacht durch die britische Boulevardpresse. Diese weise jedem Royal eine Rolle zu, so Harry. Im Zeugenstand antwortet der 38-Jährige auf die Fragen von MGN-Anwalt Andrew Green, der auch als „Bestie vor Gericht“ betitelt wird, freundlich und höflich. Anfangs wirkt der Prinz noch nervös, aber dann wettert er los:„Sie waren verletzend, gemein und grausam“, sagt Harry über die Reporter und ihre angeblichen Recherchemethoden.

Im Gegenzug hält Green ihm vor, dass bestimmte Informationen schon vor der Veröffentlichung in anderen Blättern zu lesen waren. Harry kontert, die Medien hätten mit dem Abhören versucht, Geschichten weiterzudrehen oder noch skandalösere Details zu ergattern.

Prinz Harry als Zeuge - darum geht es im Prozess

Worum geht es? Prinz Harry hat die Mirror Group Newspapers (MGN) auf Schadenersatz verklagt. Er behauptet, dass etwa 140 Artikel, die zwischen 1996 und 2010 über ihn und seine Frau Meghan veröffentlicht wurden, Informationen enthielten, die mit unrechtmäßigen Methoden gesammelt worden seien. Zu dieser "unrechtmäßiger Informationsbeschaffung" gehören Telefonhacking, das Abfangen von Sprachnachrichten oder Täuschung.

Lese-Tipp: Prinz Harry sagt vor Gericht aus - darum geht es im Prozess!

33 der von Harry aufgelisteten Artikel wurden ausgewählt, um in dem Verfahren berücksichtigt zu werden. Die Mirror Group bestreitet die Vorwürfe. An der Klage beteiligen sich mehr als 100 andere Prominente und hochrangige Persönlichkeiten.

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Harry sollte eigentlich bereits am 5. Juni vor Gericht erscheinen und aussagen, schwänzte diesen Termin aber – sehr zur Verärgerung des Anwalts der Gegenseite.

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Ein Prinz im Zeugenstand? Das gab es zuletzt 1891!

2002 musste zuletzt ein hochrangiges Mitglied der königlichen Familie persönlich vor Gericht erscheinen. Damals bekannte sich Prinzessin Anne (72) schuldig, nachdem ihr Hund zwei Kinder gebissen hatte. Laut der britischen Times ist Prinz Harry allerdings der erste Royal seit 130 Jahren, der vor Gericht aussagen muss.

Prinz Albert Edward, der älteste Sohn von Königin Victoria, sagte 1891 als Zeuge in einem Verleumdungsprozess aus, in dem es um ein schief gelaufenes Bakkaratspiel ging. Einer der Spieler, Sir William Gordon-Cumming, war des Betrugs beschuldigt worden. Der Prinz stellte sich auf die Seite der Ankläger, und Gordon-Cumming verlor den Prozess. In einem Artikel hieß es damals, dass Edwards Aussage etwa 20 Minuten gedauert und dass sie ihn "sehr ermüdet und extrem nervös gemacht" habe. Der Prinz habe zudem nicht stillsitzen können. Es war auch damals schon ungewöhnlich, dass ein so prominentes Mitglied der königlichen Familie - noch dazu der zukünftige König - vor Gericht erscheinen musste. (csp)