Sehforscher und Psychologe erklären das Phänomen

Spielt das Hirn uns einen Streich? Warum uns optische Illusionen so faszinieren!

Optische Täuschungen: Darum faszinieren sie uns Psychologe erklärt das Phänomen
05:02 min
Psychologe erklärt das Phänomen
Optische Täuschungen: Darum faszinieren sie uns

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von Vera Dünnwald

Manchmal sehen wir Dinge, die gibt's gar nicht. Das hat dann entweder mit Einbildung zu tun – oder mit einer optischen Täuschung. Häufig spielt das Gehirn uns dabei einen Streich. Aber wie entstehen diese Illusionen, die uns so sehr faszinieren, überhaupt? Und warum faszinieren sie uns so sehr - ein Psychologe erklärt es unseren Reporterinnen Medi Baris und Dina Speranza im Video.

Sinneswahrnehmung: Gehirn nimmt unvollständige Informationen auf

Der Mensch hat insgesamt fünf Sinne, er kann hören, riechen, schmecken, tasten und sehen. Sie alle dienen dazu, Eindrücke und Reize aus der Umwelt wahrzunehmen. Optische Täuschungen hängen primär mit unseren Augen, also mit dem Sinn des Sehens, dem Visuellen, zusammen. Und mit unserem Gehirn, weil dieses dafür verantwortlich ist, Informationen weiter zu leiten und zu verarbeiten.

Wie der Name schon sagt, werden wir in unserer Wahrnehmung getäuscht. Der Grund: Unser Gehirn nimmt etwas wahr, erhält jedoch unvollständige Informationen. Also dichtet es Dinge hinzu, die mit der objektiv messbaren Realität eher wenig zu tun haben, basierend auf bereits gemachten Erfahrungen. Sinnesdaten werden also unvollständig angeliefert und wir sehen etwas, das es so gar nicht gibt. Man kann von einem verfälscht wahrgenommenen visuellen Eindruck sprechen.

Wissenschaftler Dr. Michael Bach, der ehemalige Professor für funktionelle Sehforschung an der Universität Freiburg war, hält den Begriff „optische Täuschung“ jedoch für abwertend, „als wenn damit eine Fehlfunktion unseres Auges oder unseres Sehsystems angedeutet würde“, wie er auf seiner Webseite schreibt. Im RTL-Interview sagt er: „Unser Auge betrügt uns nicht, es macht eigentlich genau das Richtige. Bei uns Menschen und unserer Wahrnehmung ging es in der Evolution ums Überleben, alles muss schnell funktionieren und effizient sein, weswegen vereinfachte Strategien her müssen, um Dinge erkennen zu können, also unsere Erfahrungen. Es überrascht also nicht, dass das Gehirn oft nicht perfekt handelt beziehungsweise handeln kann.“

"Illusionen sind kein Fehler oder kein Versagen des Gehirns"

Auch Prof. Dr. Eckart Zimmermann von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, der sich mit der Wahrnehmungspsychologie beschäftigt, stimmt Bach zu. „Illusionen sind kein Fehler oder kein Versagen des Gehirns. Das Gehirn stellt uns etwas dar, was in echt nicht da ist. Damit zeigen Illusionen eigentlich, wie gut das Gehirn funktioniert, denn es gibt uns nur seine beste Schätzung ab – auch wenn es objektiv zunächst falsch ist. “ Unser Hirn habe für alles seine Mechanismen, mit den optischen Täuschungen habe man es geschafft, bestimmte Bedingungen zu finden, die das Gehirn austricksen, so Zimmermann im Interview mit RTL.

Beim Troxler-Effekt beispielsweise sieht man auf einmal Dinge nicht mehr, die aber eigentlich da sind. „Das ist aber nicht doof, sondern gut. Denn kein System kann immer alles auf einmal sehen und wahrnehmen. Wir konzentrieren uns demnach auf die Infos, die wirklich relevant sind.“

Lese-Tipp: Optische Täuschung: Die meisten erkennen nicht alle Zahlen - sehen Sie besser?

Versuchen Sie, dem weißen Punkt nicht zu folgen Troxler-Effekt
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Troxler-Effekt
Versuchen Sie, dem weißen Punkt nicht zu folgen

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Diese optischen Illusionen gibt es

Es gibt unzählige Illusionen und dementsprechend viele verschiedene Kategorien, in die optische Täuschungen unterteilt werden können, wie Bach und Dr. Charlotte Poloscheck, eine Augenärztin in der Abteilung für Augenheilkunde der Universität Freiburg, in einer Veröffentlichung erklären. Unterteilt werden können sie wie folgt:

  • Helligkeit und Kontrast
  • Bewegung
  • Farbtäuschungen
  • Geometrische Täuschungen
  • Räumliche Interpretation/Größen-Täuschungen
  • Kognitive/Gestalt-Effekte

Optische Täuschungen zeigen, wie gut unser Gehirn funktioniert

Objektiv könne man bei optischen Täuschungen schon von einer Täuschung sprechen, weil man Bedingungen gefunden hat, das Gehirn in eine Zwickmühle zu treiben, fasst Zimmermann zusammen. Aber: „Täuschungen sind eigentlich Extremfälle, die beweisen, wie gut das Gehirn funktioniert. Im echten Leben machen wir durch Täuschungen keine Fehler, dafür funktioniert unsere Wahrnehmung zu gut.“

Manchmal können Illusionen sogar hilfreich sein. Wie zum Beispiel die Ebbinghaus-Täuschung, bei der ein Kreis größer erscheint als der andere. „Beim Basketball ist es nicht immer leicht, den eher kleinen Korb zu treffen. Mit dieser Illusion kann man ihn größer erscheinen lassen und man hat herausgefunden, dass die Leute besser treffen. Sie werden besser, obwohl es eigentlich keinen logischen Sinn ergibt“, erklärt Prof. Dr. Eckart Zimmermann. Er bezieht sich dabei auf einen Kurzbericht, der vor Jahren in Psychological Science, einer Zeitschrift der „Association for Psychological Science“ (APS) erschienen ist.

Lese-Tipp: Unglaubliche Illusion: Dieses Bild ändert sich, ohne dass Sie es merken! Oder?

Wussten Sie, dass auch Nationaltorhüter Manuel Neuer regelmäßig eine optische Täuschung anwendet, wenn er im Tor steht? Er macht sich die bekannte Müller-Lyer-Illusion zu Nutze, wenn er seine Arme im Tor ausstreckt und umher springt. Dadurch will er breiter und größer wirken, damit es für den Gegner vermeintlich schwerer wird, das Tor zu treffen.