Droht die Infektion auch bei uns?

Nach Mückenstichen! Warnung vor fleischfressenden Bakterien

Mückenstich Berlin, 18.08.18, Mücke in Nahaufnahme beim Stich in menschliche Haut Berlin Deutschland *** Mosquito bite Berlin 18 08 18 mosquito in close-up on sting in human skin Berlin Germany
In Australien sollen sich Bürger und Bürgerinnen aktuell vor Mückenstichen schützen – es droht eine Infektion mit fleischfressenden Bakterien.
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von Ingo Jacobs und Larissa Königs

Mückenstich mit heftigen Folgen!
In mehreren Teilen Australiens werden die Bürger aktuell aufgefordert, sich vor Mückenstichen zu schützen. Der erschreckende Grund: Es gibt vermehrt Fälle von Infektionen mit fleischfressenden Bakterien.

Sorge in Australien: Fleischfressende Bakterien nach Mückenstich

Die Bewohner des australischen Bundesstaats Victoria werden derzeit eindringlich vor einer bakteriellen Infektion in Folge von Mückenstichen gewarnt. Wie der oberste Gesundheitsbeauftragte des Bundesstaats Victoria, Professor Ben Cowie mitteilte, hätte die Zahl der Fälle des sogenannten Buruli-Ulkus, einer bakteriellen Infektion der Haut, hier in den letzten vier Jahren deutlich zugenommen und sich zudem geografisch ausgebreitet. Die Infektionen treten jetzt nicht mehr nur in Küstenregionen auf, sondern breiten sich zunehmend im Landesinneren aus.

Der Auslöser ist das „Mycobacterium ulcerans“, das, ebenso wie Tuberkulose und Lepra, zu den Mykobakterien gehört. „Diese Bakterien haben die Eigenschaft, dass sie im Gegensatz zu anderen Bakterien extrem langsam wachsen. Die Inkubationszeit ist sehr lang und die Diagnose schwierig“, erklärt Tropenmediziner und Medizinjournalist Dr. Christoph Specht bereits im vergangenen Jahr bei einer Warnung vor fleischfressenden Bakterien in Melbourne im Interview mit RTL. Diese hatte vor allem Kinder betroffen. Aktuell seien laut Gesundheitsministerium überwiegend Menschen ab 60 Jahren in Gefahr.

Wie infiziert man sich mit den fleischfressenden Bakterien?

Dass Buruli Ulcer sich in Australien ausbreite, sei eher ungewöhnlich. „Häufiger betroffen sind afrikanische Länder. Allerdings gab es auch schon Fälle in Japan“, sagt Dr. Specht. Nach Angaben der australischen Western Health Public Health Unit (WPHU) werde die Krankheit wahrscheinlich von Opossums auf Moskitos und dann auf Menschen übertragen. Das berichtet unter anderem das australische Nachrichtenportal „9News“.

Dr. Specht präzisiert, wie sich die Infektion ausbreitet: „Das ist nicht wie bei beispielsweise Malaria oder dem Dengue-Fieber, wo das Virus über den Speichel der Mücke weitergegeben wird. In diesem Fall gibt es eine Kontaktinfektion. Das heißt, die Mücke ist zufällig an einer Stelle, die von dem Bakterium befallen ist, nimmt es auf und überträgt es dann beim nächsten Stich in die entstandene Wunde.“

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Um Infektionen zu vermeiden, rät die Gesundheitsbehörde dazu, Moskitosprays zu verwenden und leichte, helle Kleidung zu tragen. Zudem sei es sinnvoll, Gebiete mit stehendem Wasser zu meiden, in denen sich Moskitos aufhalten könnten. Ebenfalls solle darauf geachtet werden, dass sich kein Wasser in Hundenäpfen, Topfpflanzen, Eimern oder ausrangierten Reifen ansammele.

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„Mycobakterium frisst sich in Fleischgewese hinein“

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Das Bakterium frisst sich, wenn es nicht rechtzeitig erkannt wird, durch Haut, Fleisch und sogar Knochen.
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Infiziere man sich trotz der Vorsichtsmaßnahmen, werde es unangenehm. So könne das Mykobakterium einen „Giftstoff“ aussenden, der an der entsprechenden Stelle die Immunabwehr herunterregele.

„Dieses Mykobakterium kann dann langsam dort wachsen und sich in das Fleischgewebe hineinfressen. Es entstehen tiefe Wunden, die schlecht bis gar nicht heilen“, erklärt Dr. Specht. Manchmal sei auch oberflächlich alles abgeheilt, aber im Untergrund fresse sich die Infektion weiter und zerstöre die Knochen. In diesem Fall könne es sogar zu Amputationen kommen.

Auch wenn die Wunden extrem unangenehm aussehen, schmerzen sie nicht. Dr. Specht weiß, warum: „Das Bakterium zerstört auch die Nervenzellen und Schmerzrezeptoren in der Umgebung. Das macht die Sache nicht besser, aber dadurch tut die Wunde nicht weh.“

Wie behandelt man eine Infektion mit Buruli Ulkus?

Die Therapie einer Infektion mit Buruli Ulkus sei sehr langwierig – auch, weil sie oft erst spät bemerkt werde. Erst in einem späteren Stadium entwickele sich um die Wunde häufig ein Rand, an dem man die Infektion erkennen könne.

„Grundsätzlich ist die beste Behandlung, die betroffene Stelle chirurgisch zu entfernen, also herauszuschneiden“, sagt Dr. Specht. Da allerdings häufig in tieferen Schichten noch Bakterien verbleiben, sei es üblich, parallel verschiedene Antibiotika zu geben – und zwar über einen sehr langen Zeitraum. Wie auch bei der Tuberkulose und Lepra seien Antibiotika-Behandlungen bis zu einem halben Jahr üblich.

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Ist eine Ausbreitung auch in Deutschland möglich?

Wer sich nun auch vor einer Ausbreitung in Deutschland sorgt, kann aufatmen. Zwar sei es theoretisch möglich, dass auch hierzulande vereinzelt Fälle auftreten. So sagt Specht: „Es ist denkbar, dass im Zuge von Migration etwa ein Kind nach Deutschland kommt, das eine solche Infektion hat. Aber dann wird das Kind hier behandelt.“

In Deutschland seien die klimatischen Bedingungen für eine Welle wie in Australien allerdings nicht gegeben. Specht: „Eine Gefahr der Ausbreitung in Deutschland sehe ich überhaupt nicht.“