Bundesweiter Negativ-Rekord - Mega-Sachschäden in NRW

Mehr Geldautomaten gesprengt denn je - wie Nachbarländer besser vorsorgen

Im letzten Jahr wurden rund 500 Geldautomaten gesprengt – und das ist ein Höchststand: rund ein Drittel mehr als ein Jahr zuvor. Die Politik will dem Treiben der Banden nicht länger zusehen und droht den Banken mit rechtlichen Vorgaben, wenn diese nicht von sich aus aufrüsten. Aber warum werden in Deutschland überhaupt so viele Automaten gesprengt? Und welche Möglichkeiten haben die Banken, ihre Automaten zu schützen?

9,4 Millionen Euro Schaden allein in NRW

Ein gesprengter Geldautomat
2022 wurde auch hier im hessischen Bebra ein Geldautomat gesprengt
rtl.de

In den letzten Jahren kamen mehr als die Hälfte aller Tatverdächtigen aus den Niederlanden. Dort müssen Banken das Risiko eines Geldautomaten bewerten lassen, bevor sie ihn aufstellen und die Automaten selbst sind flächendeckend mit einer Färbetechnik ausgestattet. Diese Technik macht die Geldscheine bei einer Sprengung unbrauchbar für die Täter. Auch Belgien und Frankreich arbeiten mit ähnlichen Techniken. Und das zeigt Wirkung: Die Anzahl der Sprengungen ging in all diesen Ländern in den letzten Jahren deutlich zurück. Die Täter kommen deswegen vermehrt nach Deutschland.

Vor allem Nordrhein-Westfalen bekommt die direkte Nachbarschaft deutlich zu spüren. Mehr als ein Drittel aller bundesweiten Sprengungen fanden allein dort statt. Zurück bleiben durch den Festsprengstoff oft völlig zerstörte Tatorte. Laut LKA belief sich der Sachschaden 2022 auf 9,4 Millionen Euro. Zerfetzte Automaten, geborstene Glaswände, eingefallene Wände: Die Täter nehmen das alles in Kauf, denn solange keine Färbe- oder Klebetechnik in den Automaten verbaut ist, bleiben die Geldscheine unversehrt und damit brauchbar.

Ungenutzte Sicherheitstechniken: Farbe und Kleber

Anders sähe das aus, wenn die Banken ihre Automaten aufrüsten würden, wie es andere europäische Länder seit Jahren vormachen.

In den Niederlanden beispielsweise wird sowohl auf Farbpatronen als auch auf Klebetechnik zurückgegriffen. Letztere verwandelt den Inhalt der Geldkassetten in einen Klumpen, den man nicht auflösen kann, ohne die Geldscheine zu zerreißen.

In Deutschland ist das Färben an sich auch ein gängiges Mittel, nur eben nicht in den meisten Automaten. Das Kleben ist dagegen bisher hierzulande keine Option, weil es zum einen noch nicht marktreif ist und zum anderen die Bundesbank bisher auch keine Erstattung der Geldscheine gewährleistet – bei gefärbten Scheinen allerdings schon. Eine Aufrüstung der Automaten ist für die Banken auch mit erheblichen Investitionen verbunden.

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Geschützt gegen Gase, aber nicht gegen TNT

Die Automaten in Deutschland sind vielerorts nur gegen Sprengungen mit Gasgemischen gesichert. Speziell angefertigte Matten neutralisieren die Gase und verhindern so die Sprengung. Problem: Die Täterbanden haben sich längst daran angepasst. Der Anteil der Sprengungen mit Festsprengstoff wie TNT hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. 2019 waren es noch 18 von 349 Sprengungen, 2021 hingegen schon 255 von 392 Sprengungen.

Außerhalb der Automaten können Vernebelungstechniken dafür sorgen, dass Täter wertvolle Zeit verlieren und von der Polizei direkt am Tatort geschnappt werden können. Solange die Geldautomaten an sich aber attraktive Ziele sind, wird das allein nichts an den Überfällen ändern.

Polizei und Politik sehen Banken in der Verantwortung

Weil die Anzahl der gesprengten Geldautomaten in den letzten Jahren so drastisch zunahm, brachten die Länder verschiedene Abwehrmechanismen zum Laufen. In Nordrhein-Westfalen beispielsweise stellte das Innenministerium im Mai 2022 die Sonderkommission zur Bekämpfung und Ermittlung von Geldausgabeautomaten-Sprengungen, kurz BEGAS, vor. Und die hat für die 11.000 Automaten in NRW erst mal eine Risikoanalyse erstellt, damit besonders gefährdete Automaten besser von der Polizei überwacht werden können.

Lese-Tipp: Auch Hessen hat eine „Allianz Geldautomaten“ ins Leben gerufen

Nachdem die Zahlen aber nach wie vor hoch sind – bereits 47 Sprengungen in NRW in diesem Jahr – fordern die Innenminister einiger Länder und auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) die Banken auf, mehr zu tun. Vertreter der Geldinstitute hatten sich schon im November 2022 wegen der Geldautomatensprengungen zu einem „Runden Tisch“ zusammengefunden. Das Ergebnis: eine gemeinsame Erklärung, die Automaten besser zu schützen.

Im Juni soll ausgewertet werden, was sich seitdem getan hat. Aber jede Meldung über gesprengte Geldautomaten erhöht den Druck – auch und besonders auf die Politik. (iri)

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