Horror-Aufnahmen von Tierschützern brachten Ermittlungen ins Rollen
Schweine mit offenen Wunden und tote Tiere: Niedersachsens größter Schweinemastbetrieb vor Gericht
von Grit Gadow und Kristina Hoffmann
Versteckte Aufnahmen aus einem Schweinemastbetrieb in Sustrum (Landkreis Emsland) zeigen im Juli 2020 Schreckliches: Die knapp 14.000 Mastschweine leben offenbar unter katastrophalen Umständen. Einige Tiere sind verletzt, auch tote Schweine sind auf den Aufnahmen zu sehen. Das Deutsche Tierschutzbüro hatte die Bilder veröffentlicht und Strafanzeige gegen den Betreiber wegen Tierschutzverstößen gestellt. Am Dienstag (31. Januar) begann der Prozess gegen die beiden Geschäftsführer des Betriebs vor dem Amtsgericht in Papenburg.
Zwei Geschäftsführer des Mastbetriebs stehen vor Gericht
Der Staatsanwalt listet bei der Anklageverlesung eine Reihe von grausamen Zuständen in dem Stall auf: Stark verletzte Schweine, die unter schmerzhaften Entzündungen litten, Tiere mit Angstzuständen und eine nicht sachgerechte Tötung der Schweine. Zudem hätten die Angeklagten die Tiere nicht oder zu spät behandeln lassen. Eine Tierärztin bestätigt, dass auch sie Tiere mit entsprechenden Auffälligkeiten vor Ort aufgefunden hätte.
Bereits im Sommer 2022 wurde gegen die zwei Verantwortlichen des Schweinemastbetriebs Strafbefehl erlassen. Sie legten Widerspruch ein. Zum Prozessauftakt (31. Januar) sind die beiden Geschäftsführer nicht persönlich vor Ort, sondern lassen sich durch ihre Anwälte vertreten. Diese sehen den Nachweis nicht erbracht, dass die Aufnahmen authentisch seien. Zudem seien die Angeklagten in ihrer Rolle als Geschäftsführer nicht für die Betreuung der Schweine zuständig.
Kranke und tote Tiere liegen im Stall
Die heimlich gefilmten Aufnahmen aus dem Hof im Emsland zeigen, wie die Schweine dort offenbar unter katastrophalen Umständen leben mussten. Die Tiere stehen dicht gedrängt im eigenen Kot, viele haben schwerste Verletzungen, sogar offene Wunden und möglicherweise Tumore. Laut Deutschem Tierschutzbüro müssten viele der Schweine dringend tierärztlich behandelt werden. Unmittelbar nachdem diese Aufnahmen gemacht wurden, wurde das zuständige Veterinäramt in Meppen informiert und das Deutsche Tierschutzbüro stellte Strafanzeige. Die Vorwürfe: Der Betreiber komme seiner Fürsorgepflicht nicht nach, eine gesetzlich vorgeschriebene Krankenbucht für die Schweine sei auf den Aufnahmen nicht zu sehen, es lägen auch tote Tiere im Stall. Zudem hätten die Schweine nachts keine Möglichkeit zu trinken.
Empfehlungen unserer Partner
Veterinäramt überprüft Betrieb
Vor Gericht sind jedoch nicht die Aufnahmen des Tierschutzvereins die Grundlage für die Verhandlung, sondern die anschließenden Untersuchungen der Veterinärbehörden des Landkreises, bestätigt Gerichtssprecher Gerhard Többen im RTL-Interview. Eine Woche nachdem der Landkreis Emsland über die aufgenommenen Missstände informiert wurde, wurde der Betrieb überprüft und dieselben Mängel festgestellt. In dem Betrieb seien Vorkehrungen für ein besseres Tierwohl angeordnet worden. Inwiefern diese umgesetzt wurden, ist unklar. Auch im Nachgang wurden offenbar weitere Mängel in der Schweinehaltung festgestellt. Der Prozess soll im Februar fortgesetzt werden. Zahlreiche Zeugen, darunter auch Mitarbeiter des Mastbetriebs, sollen vernommen werden.
Tierschützer demonstrieren vor dem Gericht
Beim Prozessauftakt demonstrieren Tierschützer vor dem Gericht in Papenburg. Sie hoffen auf eine Signalwirkung für andere Landwirte und eine Strafe für die Verantwortlichen. „Wir möchten auf das Leid in der Massentierhaltung aufmerksam machen und vor allem das Leid der Tiere in der größten Schweinemastanlage in Niedersachsen“, erzählt Jan Peifer vom Deutschen Tierschutzbüro im Gespräch mit RTL.
Schweinemastbetrieb soll Tönnies-Schlachterei beliefert haben
Pro Jahr komme der Betrieb laut Deutschem Tierschutzbüro auf 45.000 Mästungen. Ein Abnehmer des Betriebs soll nach Recherchen des Vereins in der Vergangenheit die Firma Tönnies gewesen sein. Erst im Juli hatte das Deutsche Tierschutzbüro bei einem anderen Tönnies-Zulieferer in Rheda-Wiedebrück ähnliche Missstände aufgedeckt. Tönnies hatte sich von dem Zulieferer distanziert und die Zusammenarbeit bis auf Weiteres beendet.
Lese-Tipp: Horror-Aufnahmen aus Schweinemastbetrieben: So rechtfertigen Bauern die Tierquälerei