Österreich: Korruptionsvorwürfe gegen zurückgetretenen Kanzler und Vertraute
Chatprotokolle lassen Sebastian Kurz schlecht aussehen: "Das stört den Arsch sicher am meisten…“
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"Ich hasse ihn, Bussi Thomas"
Nach dem politischen Erdbeben in Österreich werden immer neue Details bekannt, die kein gutes Licht auf den zurückgetretenen Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) werfen. Auszüge aus Chatnachrichten zeigen ein anderes Bild von Sebastian Kurz, als es die Öffentlichkeit bisher hatte. Es geht um Mitteilungen, die auf dem Handy des einflussreichen Politikers und Lobbyisten Thomas Schmid gefunden wurden.
Schmid gilt als Schlüsselfigur in der Affäre
Diese Nachrichten von und an den ehemaligen Generalsekretär im österreichischen Finanzministerium haben die Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen Kurz und Personen aus seinem engsten Umfeld ausgelöst. Schmid gilt als Schlüsselfigur in der Affäre. Enge Mitstreiter des Kanzlers stehen im Verdacht, wohlmeinende Berichterstattung in einem Medienunternehmen erkauft zu haben, um Kurz ab 2016 den Weg an die Parteispitze und in das Bundeskanzleramt zu ebnen. Auch Kurz selbst wird als Beschuldigter geführt.
Die bei Thomas Schmid beschlagnahmten Daten legen nahe, dass zwischen ihm und Kurz ein vertrautes Verhältnis bestand. Kurz sagt inzwischen, dass er Schmid kaum gekannt habe, bevor er 2016 Kanzler wurde.
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"Das macht eine Freundschaft aus"
Die Staatsanwaltschaft sieht das anders. Es deute viel darauf hin, dass die beiden "seit vielen Jahren gut befreundet sind", heißt es. So hätten sie sich öfter zum Wandern verabredet. Im Jahr 2018 sei Schmid von Kurz zurechtgewiesen worden, weil er Interna ausgeplaudert hatte. Am Tag darauf habe er dem damaligen Kanzler geschrieben, "Danke dass du mich gleich angerufen und betoniert hast. Das macht eine Freundschaft aus", berichtet der "Spiegel".
Der Österreichische Rundfunk (ORF) berichtet über die Chatprotokolle, sie "zeichnen ein Sittenbild über eine Art von politischem Umgang, das zumindest Fragen aufwirft." Als der frühere ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner 2019 ein Buch veröffentlicht, schreibt Schmid an Kurz: „Diese alten Deppen sind so unerträglich! Keiner musste sich jemals einer Bundeswahl stellen und den Schwachsinn der Vorgänger erklären! Du hast das alles erfolgreich geschafft und wir durften dabei mitarbeiten Mitterlehner ist ein Linksdilettant und ein riesen oasch!! Ich hasse ihn Bussi Thomas“
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"Bitte, kann ich ein Bundesland aufhetzen?"
Kanzler Kurz antwortet: „Danke Thomas Super war dass Spindi (Anmerkung: damit ist der bekannte ÖVP-Politiker Michael Spindelegger gemeint) heute ausgerückt ist. Das stört den Arsch sicher am meisten…“ In einem anderen Zusammenhang stellt Kurz an Schmid die wenig staatsmännische Frage: "Bitte, kann ich ein Bundesland aufhetzen?"
Auch wenn sich aus den Nachrichten nicht schließen lasse, dass Kurz Schmid oder andere zu strafrechtlich relevanten Handlungen aufgefordert hätte, zeigten sie doch, dass beide eng zusammengearbeitet hätten und ein "besonderes Vertrauensverhältnis“ bestanden habe. Dies sei laut WKStA die Basis für "Zusammenarbeit rund um die gekaufte Berichterstattung" gewesen, so der ORF.
Um diese Vorwürfe geht es
Laut der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft stehen enge Mitstreiter von Kurz im Verdacht, sich wohlmeinende Berichterstattung in einem Medienunternehmen erkauft zu haben, um Kurz ab 2016 den Weg an die Parteispitze und in das Bundeskanzleramt zu ebnen. Dafür soll Geld aus dem Finanzministerium zweckentfremdet worden sein. Die Ermittler sehen in Kurz einen Beteiligten an den Verbrechen der Untreue und Bestechlichkeit.
Kurz bestreitet die Vorwürfe. In einer siebenminütigen Rede zu seinem Rücktritt betonte er erneut seine Unschuld. Er gebe sein Amt aber aus Verantwortung für das Land ab, sagt er. Allerdings bleibt er ÖVP-Chef und hat damit weitreichende Befugnisse: Er kann das Regierungsteam, die Kandidatenlisten bei Parlamentswahlen sowie die politische Linie der ÖVP allein bestimmen. (uvo; Quellen: ORF; Spiegel, dpa)