RTL/ntv Frühstart

Migrationsforscher Knaus: „Lukaschenko führt die EU vor“

von Philip Scupin
Der Migrationsforscher Gerald Knaus hat davor gewarnt, dass das Machtspiel des belarussischen Diktators Lukaschenko an der EU-Außengrenze erfolgreich sein könnte. „Eine bis jetzt immer noch überschaubare Zahl von Menschen, die er in die Falle gelockt hat, versetzt die gesamte Europäische Union in Panik“, sagte Knaus im RTL/ntv „Frühstart“.
Lukaschenko führe die EU als ratlos und heuchlerisch vor, weil sie an der Außengrenze ihre eigenen Werte verletze. Knaus nannte die Flüchtlings-, Menschenrechts- und Kinderrechtskonvention.

Tausende Migranten im Grenzgebiet

Lukaschenko sei dabei, gegenüber Europa seine Ziele zu erreichen, so Knaus. „Er hat keine Skrupel, mehr Menschen an diese Grenze zu schicken, mit Sicherheitskräften zu manipulieren und in dieser Kälte auch sterben zu lassen.“

Der Machthaber in Belarus hat Tausende Migranten einfliegen lassen und sie ins Grenzgebiet zu Polen gebracht. Am Montag versuchten einige davon, den Grenzzaun zu durchbrechen, Polen ließ Sicherheitskräfte aufmarschieren. Viele der Migranten wollen nach Deutschland.

Mehr Sanktionen gegen Lukaschenko?

Knaus sprach sich für eine Verschärfung der EU-Sanktionen gegen Belarus aus. Diktator Lukaschenko mache sich offenbar Hoffnungen, durch das Einschleusen von Migranten die Union zu Verhandlungen über die bereits verhängten Strafmaßnahmen zwingen könne. „Da ist es wichtig, das gegenteilige Signal zu senden.“ Die EU müsse zeigen, dass sie sich nicht erpressen lasse. Dazu gehöre auch, mehr Druck auf Airlines zu machen, die Belarus mit Migranten an Bord anfliegen.

Knaus forderte die Bundesregierung auf, sogenannte Pushbacks, also Rückführungen von Migranten nach Belarus, nicht zu dulden. Das verstoße gegen europäisches Recht. „Die Europäische Union kann einen Wettbewerb der Brutalität nicht gewinnen.“ Der Migrationsforscher kritisierte Bundesinnenminister Seehofer (CSU) dafür, dass er diese Pushbacks in einem Interview verteidigt hatte. Knaus sagte, ein Innenminister müsse stattdessen zur Mäßigung aufrufen.

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Ampel-Regierung bei Migration gefordert

Weil Polen die Pushbacks aber weiter durchführen werde, brauche es zugleich eine Strategie für die Aufnahme von Menschen, so Knaus. Die EU müsse jetzt mit anderen Demokratien in Osteuropa einen „Anti-Erpressungs-Pakt“ verhandeln. Etwa die Ukraine, Moldau oder Georgien könnten ab einem bestimmten Stichtag Migranten aus Belarus aufnehmen, im Gegenzug sollte die EU diese Staaten strategisch gegen Druck aus Russland unterstützen.

Darüber hinaus müsse Deutschland mehr Wege zur legalen Flüchtlingsaufnahme finden, etwa über Familienzusammenführung. Knaus äußerte die Hoffnung, dass die künftige Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP bei ihren Koalitionsverhandlungen an diesem Punkt weiterkomme. Er hob hervor, dass sich die drei Parteien in ihrem Sondierungspapier zum Ziel gesetzt hätten, das Sterben im Mittelmeer und das Leid an den EU-Außengrenzen zu beenden. „Das ist ein großer Satz.“

Wenn es der Ampel gleichzeitig gelinge, illegale Migration zu begrenzen und den Menschen klarzumachen, dass sie sich nicht auf den Weg nach Belarus machen sollten, könnten das „die Pfeiler einer tatsächlich humanen und mehrheitsfähigen Flüchtlingspolitik“ sein.

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